Wechseljahre beim Mann: Interview mit Urologe Volker Wittkamp

Wechseljahre beim Mann: Ein Mann mit grauen Schläfen guckt aus dem Fenster

Kommen Männer wirklich in die Wechseljahre? Wie machen sie sich bemerkbar, wie lange dauern sie und was hilft, wenn sich Lustlosigkeit im Bett breit macht? All diese Fragen klärt Urologe Volker Wittkamp in diesem Interview.

Kommen Männer auch in die Wechseljahre?

Volker Wittkamp: „Wirkliche Wechseljahre wie bei Frauen gibt es beim Mann nicht, dennoch kommt es zu Veränderungen im Hormonhaushalt. Ab dem 40. Lebensjahr sinkt bei Männern der Testosteronspiegel kontinuierlich. Das Ganze ist also ein eher schleichender Prozess und nicht so krass wie bei Frauen. Deshalb ist Wechseljahre auch das falsche Wort, nennen wir es Übergangsjährchen. Aber natürlich gibt es auch ein Fachwort dafür: partielles Androgendefizit des alternden Mannes, kurz PADAM. Jährlich sinkt der Testosteronspiegel ab 40 übrigens um ein bis zwei Prozent. Da man damit aber noch sehr gut auskommt, macht sich das nicht bei jedem Mann bemerkbar."

Volker Wittkamp ist Urologe und Buchautor. In seinem ersten Buch "Alles fit im Schritt. Wissenswertes vom Urologen" schrieb er ein mit Scham behaftetes Thema charmant auf. Sein zweites Buch "Gut aufgestellt. Alles über den Penis" schrieb er zusammen mit dem erfolgreichen Journalisten Oliver Stöwing (u.a. BILD, Bunte). Volker Wittkamp gehört zum Team von Doktorsex, mit dem die DAK-Gesundheit Jugendliche sexuell aufklärt.

Wie machen sich die Wechseljahre beim Mann bemerkbar?

Volker Wittkamp: „Hat man folgende Symptome ab dem 40. Lebensjahr, sollte Mann, oder besser der behandelnde Arzt oder die Ärztin, immer auch über einen möglichen Testosteronmangel nachdenken. Lässt zum Beispiel die Lust auf Sex oder andere körperliche intime Aktivitäten nach, spricht man vom Libidoverlust. Die Lustlosigkeit kann jedoch auch andere Bereiche des Lebens betreffen und einer Depression ähneln. Dazu gehören dann ebenfalls Symptome wie Antriebsschwäche oder auch Schlafmangel. Ein sinkender Testosteronspiegel kann sich nicht nur in der Seele bemerkbar machen, sondern auch im Körper. Hier kann es zu schrumpfenden Muskeln und unfairerweise steigendem Bauchumfang kommen. Gegenseitig verstärken sich die seelischen und körperlichen Symptome noch. Weniger Antrieb und Bewegung sowie Frustessen oder verstärkter Alkoholkonsum lassen den Bauch weiter anwachsen. Immerhin zu Haarausfall führt ein sinkender Testosteronspiegel nicht. Dieses Gerücht konnte wissenschaftlich widerlegt werden."

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Was hilft Männern in den Wechseljahren bei Libidoverlust und Erektionsstörungen?

Volker Wittkamp: „Wichtig ist es auf jeden Fall, andere körperliche Ursachen auszuschließen. Viel häufiger als ein leicht sinkender Testosteronspiegel sind zum Beispiel Erkrankungen wie Bluthochdruck und Diabetes oder der Konsum von Tabak Ursachen für Erektionsstörungen. Manchmal steckt sogar hinter einer vermeintlichen Unlust auf Sex (Libido) eine Erektionsstörung. Manche Männer haben lieber keinen Sex mehr, als zuzugeben dass sie Erektionsstörungen haben. Wichtig ist ein offener Umgang mit dem Thema in der Partnerschaft und der ärztlichen Praxis. Gerade beginnende Erektionsstörungen können gut medikamentös behandelt werden und auch ein weiteres Fortschreiten der Erkrankung verhindern."

Wie werden Wechseljahre bei Männern behandelt?

Volker Wittkamp: „Idealerweise kann man seinem Testosteronhaushalt schon vorher selbst auf die Sprünge helfen. Regelmäßige Bewegung und Kraftsport können den Testosteronspiegel aufpeppen. Hilfreich ist auch eine gesunde Ernährung. Und wer es noch einfacher haben will, der sorgt einfach für ausreichenden Schlaf, denn auch der hilft bei der Testosteronproduktion. Manchmal ist das aber gar nicht so einfach, gerade wenn man sich die Symptome des sinkenden Testosteronspiegels nochmal ins Gedächtnis ruft. Wichtig ist es, dass ein wirklicher Testosteronmangel ausgeschlossen wird. Das passiert in einer urologischen Praxis mittels Blutabnahme. Sollte das Testosteron zu gering sein, kann dieses über Gels, welche auf die Haut aufgetragen werden, oder Spritzen substituiert werden. Nach einer gewissen Zeit kommt es dann zu einer Verbesserung der Beschwerden."

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Wie lange sind Männer in den Wechseljahren?

Volker Wittkamp: „Wie erwähnt, handelt es sich bei Männern um einen schleichenden jahrelangen Prozess, welcher normal ist. Wichtig ist es, sich mit seinem Alter und seinem Körper auseinanderzusetzen. Natürlich auch kritisch. Irgendwann muss vielleicht das Wakeboard durch die Wanderschuhe ersetzt werden und der stundenlange Sex durch andere Zärtlichkeiten. Ich selber bin übrigens 41 und merke langsam auch schon etwas vom sinkenden Testosteron."