Haarausfall bei Männern – Ursachen, Symptome, Therapiemöglichkeiten

Haarausfall ist für viele Männer ein Thema – und oft kein einfaches. Nicht jeder mag sich damit abfinden, wenn bereits in jungen Jahren Geheimratsecken oder kahle Stellen am Oberkopf sichtbar werden. Doch statistisch gesehen ist der (teilweise) kahle Kopf fast ein typisches Männerschicksal. Dermatologe und Haarexperte Dr. Uwe Schwichtenberg erklärt, wann sich was gegen Haarausfall tun lässt – und welche Art von Haarausfall ein echtes Krankheitssymptom darstellt.
Haarausfall beim Mann – was sind die Ursachen?
Der häufigste Grund für Haarausfall bei Männern ist die Genetik. Der erblich bedingte Haarausfall ist unter Männern so stark verbreitet, dass Männer über 70 mit vollem Haupthaar gegenüber den zumindest teilweise kahlköpfigen Vertretern ihrer Generation eindeutig in der Minderheit sind.
So störend viele ihn auch empfinden: Erblich bedingter Haarausfall ist keine Erkrankung, sondern ein „normales“ Programm des Körpers. Dabei reagieren die Zellen in den Haarwurzeln zunehmend empfindlicher auf Dihydrotestosteron (DHT), ein Spaltprodukt des körpereigenen Testosterons. Diese wachsende Überempfindlichkeit führt dazu, dass sich die Wachstumsphase der Kopfhaare zunehmend verkürzt, und die Haarwurzel immer kleiner, kraftloser und schwächer wird, bis sie schließlich verkümmert.
Männlicher Haarausfall kann aber auch andere Ursachen als diesen genetischen Prozess haben: Autoimmunkrankheiten oder Stress, unausgewogene Ernährung, Hormonschwankungen und medikamentöse Effekte zum Beispiel. Um rechtzeitig handeln zu können, ist es wichtig, sich ärztlichen Rat zu suchen, sobald man merkt, dass die Haare schwinden.
Dr. Uwe Schwichtenbergs Tipp: „Wer etwas gegen den anlagebedingten Haarausfall tun möchte, sollte auf jeden Fall bereits frühzeitig damit beginnen – wenn noch relativ viele Haare vorhanden sind. Denn wenn die Haarwurzel erst einmal verkümmert ist, lässt sich der Prozess meist nicht mehr umkehren. Erblich bedingten Haarausfall kann man also bestenfalls aufhalten, aber nicht ungeschehen machen.“
In welchem Alter bekommen Männer Haarausfall?
Typischerweise zeigt sich der anlagebedingte Haarausfall zunächst an den Schläfen und der Stirn (Geheimratsrecken) und kann sich im weiteren Verlauf zu einer Stirnglatze oder Vollglatze vergrößern. Häufig sieht man auch das Ausdünnen des Haares am oberen Hinterkopf als „Tonsur“.
Insgesamt sind 60 Prozent aller Männer von anlagebedingtem Haarausfall betroffen.
Wann der Haarverlust beginnt und wie stark er sich auf dem Kopf ausbreitet, ist von Fall zu Fall unterschiedlich.
Dr. Uwe Schwichtenberg: „Viele Männer entdecken ihre Neigung zu Geheimratsecken bereits vor ihrem 35. Geburtstag, bei anderen setzt der Prozess erst später ein. Mit mehr als 70 Jahren ist ein volles Haupthaar dann bereits fast eine Rarität: 80 Prozent aller über 70-jährigen sind von genetisch bedingtem Haarausfall betroffen.“
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Welche Arten von Haarausfall bei Männern gibt es?
Haarausfall ist nicht gleich Haarausfall. Wer beobachtet, dass ihm Haare in größerer Zahl ausfallen, sollte dies bei seiner Hausärztin oder seinem Dermatologen untersuchen lassen. Denn nur, wenn die Art des Haarausfalls diagnostiziert wird, kann die Therapie auch erfolgreich sein. Das sind die wichtigsten Arten von Haarausfall bei Männern:
- Anlagebedingter Haarausfall ist die häufigste Form (über 80 Prozent der Fälle), meist erkennbar an der Bildung von Geheimratsecken oder der Bildung einer kahlen Stelle (Tonsur) auf dem Oberkopf, während die Haare am unteren Hinterkopf oft erhalten bleiben.
- Kreisrunder Haarausfall zeigt sich durch das plötzliche Auftreten von runden, kahlen Stellen. Auch Wimpern, Augenbrauen und andere Körperhaare können hier betroffen sein.
Dr. Uwe Schwichtenberg: „Ursache beim kreisrunden Haarausfall ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die Haarwurzel irrtümlich als feindlich identifiziert und angreift. Stellt das Immunsystem diesen Kampf irgendwann wieder ein, kann das Haar spontan nachwachsen, und der Haarausfall endet so schnell wie er begonnen hat. Oft dauert die Situation aber jahrelang an oder es gibt Rückfälle. Der Leidensdruck bei betroffenen Patienten ist entsprechend sehr hoch.“
- Vernarbender Haarausfall ist eine entzündliche Erkrankung der Kopfhaut infolge von Autoimmunerkrankungen, Infektionen oder Verletzungen. Durch die dauerhafte Vernarbung der Haut ist eine Regeneration der Haarwurzel nicht möglich.
- Diffuser Haarausfall kann unterschiedliche Ursachen haben, zum Beispiel Mangelernährung, Stress, Hormonschwankungen, Krankheiten oder die Einnahme bestimmter Medikamente. Bei dieser Form verteilt sich der Haarausfall über den ganzen Kopf und die Haarbürste ist jeden Morgen voller Haare.
Was hilft bei Haarausfall bei Männern?
Um Haarausfall wirksam zu behandeln, ist es wichtig, rechtzeitig die Art des Haarausfalls zu bestimmen und mit der Behandlung zu beginnen. Das sind die wichtigsten Behandlungsstrategien:
Anlagebedingter Haarausfall: Zur Behandlung von anlagebedingtem Haarausfall stehen bei Männern seit einigen Jahren zwei wissenschaftlich in ihrer Wirksamkeit bestätigte Medikamente zur Verfügung:
- Finasterid hemmt das DHT, also das Spaltprodukt des körpereigenen Testosterons, und soll bei regelmäßiger Einnahme bei über 90 Prozent der Männer in der Lage sein, den Haarausfall zu stoppen. Finasterid kann sowohl in Tablettenform als auch äußerlich als Spray auf die zu behandelnden Areale angewandt werden.
- Minoxidil ist eigentlich ein Blutdrucksenker, dessen haarwuchsfördernde Wirkung eher zufällig entdeckt wurde. Es kann als Lösung oder als Schaum auf die Kopfhaut aufgetragen werden und so den Haarausfall abbremsen.
Dr. Schwichtenberg: „Wir wissen, dass Minoxidil den Haarwuchs stimuliert, auch wenn wir noch nicht wirklich erklären können, warum. Eine Studie, die nachzuweisen versucht hat, dass die Wirkung durch eine bessere Durchblutung der Haarwurzel entsteht, war nicht erfolgreich. Aber es sorgt immerhin bei regelmäßiger Anwendung in 70 Prozent der Fälle dafür, dass der Haarausfall nicht voranschreitet.
Beide Behandlungsansätze erfordern Geduld und man sieht erst nach einigen Monaten die ersten Erfolge. Zu Bedenken ist: Sie müssen dauerhaft, also im Zweifelsfall lebenslang, fortgeführt werden. Sonst beginnt der Haarausfall erneut. Hier gilt es gut abzuwägen, denn es handelt sich bei beiden Behandlungsformen um den Einsatz von echten Medikamenten – mit den damit verbundenen möglichen Nebenwirkungen. Ob die möglichen gesundheitlichen Effekte wegen eines kosmetischen Bedürfnisses gerechtfertigt sind, muss letztlich der Patient für sich entscheiden.“
Zu den möglichen Nebenwirkungen der hormonellen Behandlung mit Finasterid gehören: Verminderung der Libido (verminderter Sexualtrieb), Potenzstörungen und Unverträglichkeitsreaktionen.
Zu den möglichen Nebenwirklungen der Behandlung mit Minoxidil gehören: Herzrasen, Herzbeutelentzündung, Wassereinlagerungen, Schwindel und Benommenheit.
Was hilft bei anderen Formen von männlichem Haarausfall?
Kreisrunden Haarausfall versucht man oft mit Kortison-Injektionen oder Cremes zur Hemmung der Autoimmunreaktion zu behandeln. Auch eine Reiztherapie bietet in einigen Fällen Chancen. Bei ihr wird absichtlich eine weitere Kontaktallergie erzeugt, um die Abwehrzellen zu beschäftigen und von den Haarwurzeln abzulenken.
Eine zielgerichtetere medikamentöse Behandlung des kreisrunden Haarausfalls ist mit dem Januskinase-Hemmer Baricitinib seit 2022 in der EU zugelassen. Das (sehr teure) Medikament muss aber in der Regel selbst finanziert werden, da in Deutschland die Arzneimittel gegen Haarverlust nicht von den Krankenversicherungen übernommen werden dürfen.
Vernarbender Haarausfall kann diverse Auslöser haben: von Pilzerkrankungen über Akne, Verbrennungen, Schuppenflechte bis zu Gürtelrose oder chronisch entzündlichen Autoimmunerkrankungen. Die Behandlung bei vernarbendem Haarausfall ist oft schwierig und langwierig. Therapieansätze variieren entsprechend der ursächlichen Erkrankung und reichen von kortisonhaltigen Salben über Antibiotika oder Pilzmittel bis zum operativen Entfernen von Haarwurzeln, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern.
Diffuser Haarausfall lässt sich im günstigsten Fall durch das Aufspüren der Ursache beheben. Hierzu ist ein umfassendes Gespräch mit dem behandelnden Arzt die beste Vorgehensweise. Dr. Schwichtenberg: „Wichtig zu wissen: Bei dieser Form haben die Haare nur einen verkürzten Lebenszyklus, fallen aber nicht komplett aus. Es droht also keine Glatze, sondern der Kurzhaarschnitt. Oft gibt es aber ein auslösendes Ereignis wie eine Erkrankung oder Hormonelle Veränderung für den diffusen Haarausfall – und nach einigen Monaten verbessert sich die Lage von selbst wieder. Lassen sich Nährstoffdefizite oder ungünstige Effekte von Medikamenten feststellen, kann die Therapie hier entsprechend ansetzen. Auch die Behandlung mit Minoxidil wird von einigen Hautärzten empfohlen, die Wirkung ist in diesem Fall jedoch noch nicht wissenschaftlich belegt.
Haarausfall beim Mann stoppen – die besten Tipps
Dr. Uwe Schwichtenberg rät:
- Die Ursache des Haarausfalls dermatologisch bestimmen lassen – nur dann kann man ihn wirksam stoppen
- Bei anlagebedingtem Haarausfall möglichst zeitnah mit der medikamentösen Therapie beginnen – oder sich mit Geheimratsecken lieben lernen. Nebenwirkungen gilt es abwägen
- Eine nährstoffreiche Ernährung, eventuell auch durch Nahrungsergänzungsmittel mit Biotin, Eisen und Zink unterstützt, kann für eine Haarkräftigung sorgen und besonders bei diffusem Haarausfall helfen – sofern Versorgungsdefizite bestehen
- Sanfte Haarpflege und Massagen unterstützen eine gesunde Kopfhaut und können den Haarwuchs fördern, aber weder erblichen noch krankheitsbedingten Haarausfall stoppen.
- Dass Koffein im Shampoo das Haarwachstum anregt, ist unzureichend erforscht. So groß das Angebot an Shampoos und Kräutertinkturen auch sein mag: Die meisten Wundermittelchen für Haarwuchs kann man sich getrost sparen.
Kann eine Haartransplantation die Lösung sein?
Eine Haartransplantation kann eine Option sein – aber nur bei anlagebedingtem Haarausfall und nur, wenn noch genügend Spenderhaare am Hinterkopf vorhanden sind. Auch hier ist es also wichtig, rechtzeitig zu handeln. Denn es können nur eigene Haare transplantiert werden und nur solche, deren Wurzel nicht empfindlich auf DHT reagiert. Das ist bei den Haaren am unteren Hinterkopf sehr oft der Fall.
Es gibt zwei Transplantationsformen: Zum einen von einzelnen Haarfolikeln, die in die kahlen Stellen eingesetzt werden, zum anderen die Entnahme eines Hautstreifens vom Hinterkopf, die in Haargruppen unterteilt werden. Wer darüber nachdenkt, sollte unbedingt auf eine gute Beratung und einen erfahrenen Arzt setzen. Denn eine Haartransplantation ist als ein operativer Eingriff mit den üblichen OP-Risiken verbunden, kann aber auch bei handwerklich schlechter Arbeit schlicht zu unnatürlich wirkenden Ergebnissen führen. Haartransplantationen gelten grundsätzlich als Schönheitsoperationen und müssen somit vom Patienten selbst bezahlt werden.
Dr.Uwe Schwichtenberg: „Wichtig ist in jedem Fall, nicht mit überzogenen Erwartungen an so eine Transplantation heranzugehen: Sie kann zwar das Erscheinungsbild deutlich verbessern, aber, schon wegen des begrenzten Spendermaterials. nicht die vergangene Haarpracht in aller Fülle wiederherstellen. Von der Glatze zur Rasterlocken-Mähne, das ist einfach nicht realistisch. Aber bei vorrückenden Geheimratsecken lassen sich solide Verbesserungen erzielen.“
Wann sollten Männer mit Haarausfall zum Arzt gehen?
Nicht jeder Haarausfall ist sofort ein Grund zur Sorge. Aber bei Andauern des Haarausfalls sollte ein Arzt aufgesucht werden, um die Ursache abzuklären. Das gilt besonders, wenn sich zusätzlich zum Haarausfall auch noch Veränderungen an der Kopfhaut wie Rötungen oder Entzündungen beobachten lassen. Möchte man dem anlagebedingten Haarausfall energisch entgegenwirken, lohnt sich ebenfalls der rechtzeitige Weg zum Dermatologen. Denn je früher hier mit der medikamentösen Behandlung begonnen wird, umso mehr Haarwurzeln – und damit Haare – lassen sich auch erhalten.
Mit der richtigen Ernährung Haarausfall bei Männern stoppen:
In der Regel ist in Deutschland die Versorgung mit Nähstoffen gut, so dass ernährungsbedingter Haarausfall nur selten vorkommt, Crashdiäten und sehr einseitige Ernährungsformen einmal ausgenommen. Wer mit dem Speiseplan etwas für seine Haargesundheit tun möchte, sollte besonders bei protein- mineralstoff- und vitaminreichen Lebensmitteln zugreifen. Viel Vitamin-B enthalten zum Beispiel Süßkartoffeln, Nüsse, Eier und Haferflocken. Gut sind auch pflanzliche Proteinquellen wie Kichererbsen und Bohnen, gesunde pflanzliche Fette sowie fermentierte Lebensmittel und reichlich frisches Gemüse und Obst.
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Dr. Uwe Schwichtenberg
Dermatologe und Haarexperte
Dr. Uwe Schwichtenberg studierte Medizin in Aachen, Lübeck und Flensburg. Der Facharzt für Dermatologie & Allergologie ist Vorsitzender des Landesverbandes der Bremer Dermatologen, Leitender Arzt der DERMA NORD Hautarztpraxen sowie Mediendermatologe.
Zusätzlich verfügt Dr. Schwichtenberg über eine Ausbildung in Akupunktur, die er an der Universität Sofia und bei der Deutschen Gesellschaft für Traditionelle Chinesische Medizin (DGTCM) absolvierte.
DAK Fachbereich
Quellenangaben