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Präsent, aber nicht gesund: Warum Präsentismus zum Problem wird

Präsentismus: Junge Frau sitzt am Schreibtisch und fühlt sich unwohl

Du bist krank, aber trotzdem online? Du schleppst dich ins Büro, weil es ohne dich nicht geht? Willkommen im Präsentismus – einem Phänomen, das oft übersehen wird, aber gravierende Folgen haben kann. Präsentismus bedeutet: Du bist körperlich anwesend, obwohl du eigentlich krank bist – und gefährdest damit langfristig deine Gesundheit. Was nach Engagement aussieht, ist in Wahrheit ein stilles Risiko – für dich, dein Team und unsere Arbeitskultur insgesamt. Wir zeigen dir, warum Präsentismus ein unterschätztes gesellschaftliches Problem ist, welche Ursachen dahinterstecken und wie du dem aktiv entgegenwirkst.

Was ist Präsentismus – die Definition 

Du bist krank, dein Körper schreit nach Ruhe, aber du schleppst dich trotzdem zur Arbeit? Es gibt viel zu tun, und jede Hilfe zählt? Kennst du das Phänomen, dann bist du mit dem sogenannten Präsentismus vielleicht besser vertraut, als du denkst – auch wenn du den Begriff bislang noch nie gehört hast.

Präsentismus bedeutet, dass du trotz Krankheit zur Arbeit gehst – sei es im Büro, im Homeoffice oder auch unterwegs. Das klingt auf den ersten Blick vielleicht nach besonderem Einsatz oder Pflichtbewusstsein. Doch auf Dauer ist es genau das Gegenteil: eine Gefahr für deine Gesundheit und deine Leistungsfähigkeit. Bislang geriet Präsentismus eher unter das Radar – obwohl die Auswirkungen oft sehr gravierend sind. Die durch Präsentismus verursachten Kosten – etwa durch Produktivitätsverlust oder spätere Langzeiterkrankungen – können höher sein als bei krankheitsbedingten Ausfällen.

Unser Gesundheitsreport 2024 zeigt, dass sich der Krankenstand in Deutschland auf einem hohen Niveau befindet – mit 5,4 Prozent lag er 2024 nur geringfügig unter dem Rekordniveau des Vorjahres mit 5,5 Prozent. Fakt ist aber auch: Ein großer Teil der Beschäftigen geht aber sogar krank zur Arbeit. Eine Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes 2024 zeigt, dass 63 Prozent der Befragten arbeiten gehen, obwohl sie sich schlecht fühlten. Präsentismus ist also kein Randphänomen – sondern längst ein fester Bestandteil der modernen Arbeitswelt.

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Ursachen von Präsentismus

Doch warum tun wir uns das eigentlich an – zur Arbeit zu gehen, wenn wir krank sind? Die Gründe für Präsentismus sind vielfältig und oft tief verwurzelt. Meist ist es eine Mischung aus äußeren Umständen und innerem Druck.

Grundsätzlich lassen sich drei große Kategorien unterscheiden:

Arbeitsbezogene Ursachen

Hier geht es um den konkreten Job und die Arbeitsbedingungen. Häufige Auslöser sind:

  • Hoher Leistungs- oder Zeitdruck
  • Angst, dass Aufgaben liegenbleiben
  • Angst vor Jobverlust oder negativen Konsequenzen
  • Keine oder zu knappe Vertretungslösungen

Personenbezogene Ursachen

Oft ist es auch der eigene innere Antrieb, der dich krank zur Arbeit gehen lässt. Dazu zählen zum Beispiel:

  • Perfektionismus
  • Starkes Pflichtgefühl
  • Ein Selbstbild, das keinen Ausfall zulässt („Ich muss funktionieren“)
  • Angst, andere im Team im Stich zu lassen

Organisationsbezogene Ursachen

Auch die Unternehmenskultur spielt eine zentrale Rolle:

  • Unausgesprochene Erwartungen („Hier wird eben durchgezogen“)
  • Führungskräfte, die selbst mit schlechtem Vorbild vorangehen
  • Fehlende Sensibilität für mentale und körperliche Gesundheit

Diese Ursachen wirken oft zusammen – und verstärken einander. Wenn du dich also fragst, warum du trotz Krankheit den Laptop aufklappst oder ins Büro fährst: Es liegt selten nur an dir allein. Es ist ein Zusammenspiel aus Druck von außen, Überzeugungen von innen und einem System, das mit Schwäche nicht gesund umgeht.

Folgen von Präsentismus

Vielleicht denkst du dir: „Ein, zwei Tage krank arbeiten – das geht schon!“ Aber genau darin liegt die Gefahr von Präsentismus: Die Konsequenzen zeigen sich oft nicht sofort, sondern stellen sich schleichend ein – dafür umso nachhaltiger.

Wenn du deinem Körper keine echte Pause gönnst, kann das auf Dauer ernste Folgen für deine Gesundheit haben. Präsentismus wirkt sich nicht nur negativ auf dein Energielevel aus, sondern auch auf deine mentale Gesundheit und dein langfristiges Wohlbefinden.

Ein paar typische Beispiele:

  • Motivations- und Produktivitätsverlust: Du bist zwar anwesend, aber nicht wirklich leistungsfähig – das kann frustrieren und dich zusätzlich belasten. Was du gegen den Motivationsverlust bei der Arbeit tun kannst, zeigen wir dir.
  • Schlafstörungen: Wenn der Kopf nicht richtig abschalten kann, leidet auch dein Schlaf – und damit deine Regeneration.
  • Burnout & chronische Erschöpfung: Wer ständig über seine Grenzen hinaus geht, landet irgendwann im völligen Ausgebranntsein.
  • Chronische Langzeiterkrankungen und Arbeitsunfähigkeit: Ignorierst du Warnsignale, können sich harmlose Infekte oder Stressreaktionen zu ernsthaften, langwierigen Erkrankungen entwickeln.
  • Depressionen: Präsentismus kann depressive Verstimmungen verstärken – und andersherum auch durch die Krankheit ausgelöst werden. Mehr Informationen zum Thema Depressionen findest du bei uns.
  • Innere Unruhe und Stresssymptome: Ständig unter Spannung zu stehen, ist auf Dauer kein Zustand, den dein Körper und dein Geist einfach wegstecken. 

Präsentismus ist kein rein individuelles Problem – es ist auch ein strukturelles Phänomen, das unsere Arbeitskultur prägt. Wenn es zur Norm wird, krank zu arbeiten, entsteht ein gefährlicher Teufelskreis:

  • Arbeiten trotz Krankschreibung: Viele Beschäftigte fühlen sich verpflichtet, auch dann zu arbeiten, wenn eigentlich ein ärztliches Attest vorliegt – sei es aus Druck, Angst oder Gewohnheit. 
  • Ständige Erreichbarkeit: Das Handy liegt immer griffbereit, die Mails werden selbst im Bett beantwortet – auch das ist eine Form von Präsentismus. Ständig erreichbar zu sein, ist auf Dauer nicht gut für deine Gesundheit.
  • Leistungsdruck und kulturelle Erwartungen: In vielen Teams gilt: Nur wer immer erreichbar ist, zeigt „echtes Engagement“. Das erzeugt Druck – und verdrängt die Realität, dass Pausen notwendig sind.

Was tun gegen Präsentismus?

Du hast erkannt, dass du häufiger krank arbeitest, anstatt dich auszuruhen? Oder du willst als Führungskraft eine gesunde Kultur im Team fördern? Gut, denn Präsentismus lässt sich vermeiden. Und das ist keine Schwäche, sondern ein Akt der Selbstfürsorge. Was du selbst tun kannst:

  • Hör auf deinen Körper: Wenn du krank bist, gönn dir wirklich Ruhe – und zwar ohne schlechtes Gewissen. Dein Körper braucht die Zeit, um gesund zu werden.
  • Setze klare Grenzen: Nur, weil du im Homeoffice bist, heißt das nicht, dass du 24/7 erreichbar sein musst. Lerne, auch mal „Nein“ zu sagen – zu Aufgaben, zur Erreichbarkeit, zur Überforderung. Mehr Infos zum Thema Selbstfürsorge in Beruf und Alltag haben wir hier für dich.
  • Plane echte Erholungszeiten ein: Pausen und Auszeiten sind kein Luxus, sondern notwendig, um langfristig leistungsfähig und gesund zu bleiben.
  • Nimm Warnsignale ernst: Wenn du oft müde, gereizt oder unkonzentriert bist, nimm das nicht auf die leichte Schulter. Es könnten erste Hinweise auf mentale Erschöpfung sein. Wir geben dir sieben Tipps gegen mentale Erschöpfung.
  • Digital Detox ausprobieren: Ständige Erreichbarkeit fördert Präsentismus. Probier’s mal mit bewussten Offline-Zeiten – dein Kopf wird’s dir danken. 

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Was als Arbeitgeber tun?

Führungskräfte können viel dazu beitragen, Präsentismus aktiv zu verhindern – durch eine Unternehmenskultur, die Gesundheit, Vertrauen und Offenheit in den Mittelpunkt stellt. Es geht dabei nicht nur um einzelne konkrete Maßnahmen, sondern um ein ganzheitliches Umdenken:

  • Klare Haltung & Vorbildfunktion: Führungspersonen haben eine zentrale Rolle: Sie sollten mit gutem Beispiel vorangehen, transparent kommunizieren und zeigen, dass es völlig normal ist, auch mal krank zu sein – und nicht zu arbeiten. Das schafft Vertrauen und senkt den Druck im Team.
  • Offene Kommunikation fördern: Ein Arbeitsumfeld, in dem Mitarbeitende offen über gesundheitliche oder persönliche Belastungen sprechen können, ist essenziell – ohne Angst vor Konsequenzen.
  • Klare Krankheitsrichtlinien etablieren: Verbindliche Regeln für den Umgang mit Krankheit können helfen. Die Mitarbeitenden benötigen die Sicherheit, dass sie sich bei Krankheit auskurieren dürfen – ohne schlechtes Gewissen oder Sorgen um ihre Position.
  • Vertretungsregelungen und flexible Modelle: Niemand sollte das Gefühl haben, unersetzlich zu sein. Funktionierende Vertretungsregelungen und flexible Arbeitszeitmodelle wie Gleitzeit oder Lebensarbeitszeitkonten erleichtern die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und senken den Druck, trotz Krankheit präsent zu sein.
  • Gesundheitsförderung aktiv unterstützen: Programme zur Stärkung der mentalen und körperlichen Gesundheit, etwa durch Gesundheitschecks, Stressbewältigungsseminare oder Achtsamkeitstrainings, zeigen Wertschätzung und wirken präventiv.

Langfristig zählt: Prävention statt Durchhalten. Präsentismus lässt sich nicht mit einem einzelnen Tipp kurieren. Es braucht ein Umdenken – hin zu einer Arbeitswelt, in der Gesundheit und Leistung kein Widerspruch sind.

Häufige Fragen zu Präsentismus

Was ist das Gegenteil von Präsentismus?

Das Gegenteil von Präsentismus ist Absentismus – also das häufige oder längere Fernbleiben vom Arbeitsplatz. Das kann freiwillig geschehen (etwa durch „Blaumachen“) oder unfreiwillig, durch körperliche oder psychische Erkrankung. Fühlen sich Mitarbeitende dauerhaft unwohl oder haben innerlich schon gekündigt, steigt das Risiko für wiederkehrende Fehlzeiten deutlich.

Wie erkenne ich Präsentismus bei Mitarbeitenden oder Kollegen und Kolleginnen?

Präsentismus ist nicht immer leicht zu erkennen – denn rein äußerlich sind die betroffenen Personen ja anwesend. Doch es gibt einige typische Anzeichen, auf die du achten kannst:

  • Kollegen und Kolleginnen wirken müde, blass oder angeschlagen
  • Häufiges Husten, Schnupfen oder andere Krankheitssymptome
  • Leistungseinbrüche oder Konzentrationsschwierigkeiten
  • Gereiztheit oder Rückzug aus dem Team
  • Verzicht auf Pausen oder das Arbeiten außerhalb der regulären Zeiten

Wie unterscheidet sich Präsentismus im Homeoffice von dem im Büro?

Im Homeoffice fällt Präsentismus oft weniger auf – ist aber genauso verbreitet – wenn nicht gar noch stärker. Der Gang zum Laptop ist kurz, die Hemmschwelle, sich trotz Krankheit einzuloggen, oft niedrig.

Zudem verschwimmen im Homeoffice die Grenzen zwischen Arbeit und Erholung: Viele arbeiten auch mit Fieber, Kopfschmerzen oder Erschöpfung weiter. Was dabei oft vergessen wird: Auch von zu Hause aus krank zu arbeiten, verhindert die Genesung – und kann langfristig zu schwerwiegenderen gesundheitlichen Folgen führen.

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