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Warum schreien Babys?

Besorgte Mutter schauckelt ihr Baby, um es zu beruhigen

Am Anfang ist das Geschrei groß: Was Babys auf die Palme bringt, wie du Babyschreien richtig deutest und wie du dein Baby beruhigen kannst – das alles und viel mehr erfährst du in unserem Interview mit Hebamme Frauke Arndt.

Ob Hunger, Langeweile, Stress, Sehnsucht oder Schmerzen: In so einem Baby-Alltag gibt es allerlei Anlass für Gequengel und Geschrei. Das mag hin und wieder nervenaufreibend sein, aber genau das soll es ja auch: Damit auch der tumbste Hanns Guck-in-die-Luft in die Puschen kommt, wenn das buchstäbliche Aa am Dampfen ist. Immerhin gehört das Schreien zu den wenigen Ausdrucksmitteln, die einem Säugling gegeben sind – da ist es nur gut, dass es seine Wirkung nicht verfehlt. Damit du die unterschiedlichen Schreiarten deines Babys noch besser deuten lernst und nicht nervös wirst, wenn das Weinen einfach nicht aufhört, haben wir mit Hebamme Frauke Arndt gesprochen. Im folgenden Interview verrät sie uns, wonach es einem Baby so dürstet, wie es seinen Bedürfnissen Ausdruck verleiht und wie du diese stillen kannst.

Frau Arndt, wann setzt in der Regel die intensivste Schreiphase von Babys ein und wann flacht sie wieder ab? Lässt sich da ein Muster erkennen?

Frauke Arndt: „Im Normalfall beginnt das Babyschreien ab der zweiten Lebenswoche. Seinen Höhepunkt erreicht es in der sechsten Lebenswoche. Wie laut, wie häufig oder lange Säuglinge schreien, ist dabei völlig unterschiedlich. Auch optimal versorgte Babys schreien mitunter wie am Spieß – da kann im Grunde niemand wirklich was dafür. Man kann sagen, dass im zweiten Lebensmonat durchschnittlich 2 bis 2,5 Stunden Geschrei am Tag für gesunde Babys normal sind. Etwa ab dem vierten Monat sind die heftigen Schreiperioden dann aber auch schon wieder Geschichte.“

Man spricht bei Säuglingen von verschiedenen „Schreiarten“. Welche sind das, woran erkennt man die jeweiligen Bedürfnisse und was lässt sich tun, um diese entsprechend zu stillen?

Frauke Arndt: „Man unterscheidet bei Säuglingen im Großen und Ganzen zwischen sechs verschiedenen Schreiarten. Dem Hunger-Schrei, dem Langeweile-Schrei, dem Müdigkeits-Schrei, dem Schmerz-Schrei, dem Stress-Schrei und dem Sehnsuchts-Schrei.

Der Hunger-Schrei:

Der Hunger-Schrei lässt sich daran erkennen, dass das Baby quengelig wird, schmatzt und an seiner Faust saugt. Außerdem beginnt es, den Kopf hin- und herzubewegen – auf der Suche nach einer passenden Saugmöglichkeit. Wenn es nicht fündig wird, wird das Geschrei schnell lauter. Ein Baby ist in der Regel zwei bis vier Stunden satt. Überlege also, wann es zuletzt gegessen hat und biete ihm Brust, Fläschchen oder Brei an.

Der Müdigkeits-Schrei:

Wenn sich dein Baby die Augen oder die Nase reibt, wenn es gähnt und meckert, dann ist es Zeit für die Heia. Hinzu kommen kurze Jammerlaute, die schnell in energischere Schreie übergehen. Damit dein Baby gut zur Ruhe kommen kann, beseitige alle Reize – wie Licht- oder Lärmquellen.

Der Schmerz-Schrei:

Wenn sich dein Baby heftig hin- und herwirft, nach Luft japst und schrill und intensiv schreit, hat es sich vermutlich wehgetan. Schau nach wunden Stellen und wende den Fliegergriff an, um Bauchweh durch Blähungen zu verhindern.

Der Stress-Schrei:

Bei zu viel Stress macht dein Baby den Rücken steif, ballt die Fäuste und stößt ein paar kurze, schrille Schreie aus – gefolgt von einem untröstlichen Weinen. Wenn gerade zu viel auf einmal passiert, reduziere die Reizquellen, verringere den Lärm oder bring dein Baby ins vertraute Bettchen.

Der Langeweile-Schrei:

Aber auch zu wenig Action kann für Missmut sorgen. Rudert dein Baby mit den Armen und strampelt wild umher, will es damit sagen, dass es voller Tatendrang ist. Wird dieser nicht befriedigt, kommt auch Gejammer und Geheul hinzu. Hier hilft es, wenn du dich mit deinem Kind beschäftigst: Sprich mit ihm, zeig ihm die Umgebung, lass es mit Gegenständen und Mitmenschen interagieren. Uns Erwachsenen geht es ja im Grunde nicht anders, wenn uns beispielsweise die Decke auf den Kopf fällt.

Der Sehnsuchts-Schrei:

Wenn dein Baby aufwacht und gerade keiner da ist, kann das schon mal verunsichern. Lass es generell nicht lange allein, sonst folgt auf einen kurzen „Kontakt-Laut“ intensives Geschrei. Nimm es dann einfach in den Arm und beschäftige dich mit ihm, dann ist auch schnell wieder gut.“

Was gibt es noch für Anlässe, bei denen bei Säuglingen die Alarmglocken läuten?

Frauke Arndt: „Neben den beschriebenen Schreiarten gibt es natürlich noch viele weitere Gründe für mildes Gejammer oder heftige Schreiphasen. So könnte deinem Kind zu heiß oder zu kalt sein, es könnte nach Streicheleinheiten oder Aufmerksamkeit verlangen oder eine neue Windel vertragen. Wichtig ist nur, zu verstehen, dass Babys uns mit dem Geschrei nicht ärgern wollen. Es ist einfach ihre Art der Kommunikation.“

Was ist, wenn wir als Elternteil diese Art der Kommunikation nicht deuten können? Wenn es keinen ersichtlichen Grund für das Geschrei gibt?

Frauke Arndt: „Manche Schreiattacken scheinen aus dem Nichts zu kommen – gerade abends sind viele Babys untröstlich. Dieses sogenannte unstillbare Schreien kann ein Zeichen für Anpassungsschwierigkeiten sein. So ein neugeborenes Menschenkind muss sich erst mal an seine neue Umgebung gewöhnen, die voll von Farben, Gerüchen, Geräuschen und Reizen ist. Vielen Babys fällt es anfangs einfach schwer, abzuschalten und zur Ruhe zu kommen – egal, wie viel Mühe sich die Eltern geben.“

Was sollte man als Elternteil tun? Oder anders gefragt: Wie sollte man ganz allgemein auf Geschrei reagieren und wie nicht?

Frauke Arndt: Gerade in den ersten drei bis vier Monaten deutet das Schreien auf eine starke innere Erregung hin, aus der ein Säugling von allein nicht herausfindet. Es ist ein Hilferuf nach Unterstützung – hier ist also wenig Raum für erzieherisches Taktieren und Abwarten: Reagiere möglichst unmittelbar. Die Erfahrung zeigt, dass Babys, die anfangs schnell beruhigt werden, in den kommenden Monaten weniger schreien. Versuche einfach, die Ursache für die Erregung herauszufinden und entsprechend Trost zu spenden. Und auch wenn dein Baby viel und heftig schreit: Niemals schütteln oder in irgendeiner Form heftiger reagieren! So ein Säugling ist sehr zerbrechlich, gerade an Hals und Kopf.“

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Mit welchen Möglichkeiten oder Techniken lässt sich ein Baby beruhigen?

Frauke Arndt: Da gibt es kein Allheilmittel, denn jedes Baby, jede Mama und jeder Papa ist anders. Was aber in der Regel gut funktioniert: Nähe und Achtsamkeit. Streichele das Händchen deines Babys, schaukele es auf dem Arm oder massiere sanft seinen Bauch und Rücken. Auch ein Schlafliedchen wirkt oft Wunder oder – tagsüber – ein kleiner Spaziergang an der frischen Luft. So sehr unterscheiden sich die Bedürfnisse eines Babys gar nicht von denen der Erwachsenen. In der Regel wirst du recht intuitiv selbst herausfinden, was funktioniert und was nicht.“

Kann ich dem Babyschreien vorbeugen? Wenn ja, wie?

Frauke Arndt: Natürlich nicht vollumfänglich, aber eine geregelte Tagesstruktur mit einem wiederkehrenden Schlaf-, Wach- und Mahlzeiten-Rhythmus kann dabei helfen, dass dein Baby schneller zur Ruhe kommt. Darüber hinaus kann es sich als positiv erweisen, wenn du dich mit deinem Baby beschäftigst – und zwar nicht nur dann, wenn es weint. Auf diese Weise lernt ihr euch besser kennen und dein Kind schöpft Vertrauen. Es spürt, dass es bei dir sicher ist und muss nicht mehr so verzweifelt schreien.“

Was, wenn mein Baby einfach nicht aufhört zu schreien, auch wenn eigentlich alles in Ordnung sein sollte?

Frauke Arndt: Manche Kinder lassen sich partout nicht beruhigen – egal wie großartig die Eltern oder wie optimal die Bedingungen auch sind. Das kann schon mal dazu führen, dass in den Eltern Gefühle von Schuld und Versagen aufkeimen, was wiederum die Beziehung zum Kind belasten kann. Wenn du also weder ein noch aus weißt, empfehle ich dir, eine professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen. Neben Kinderarzt oder Hebamme gibt es auch spezielle Schreisprechstunden oder „Schreiambulanzen“ an Universitätskliniken oder Kinderkrankenhäusern. Mach dir keine Sorgen: Die Schreiphase geht auf jeden Fall vorbei!“

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