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Bulimie und Magersucht bei Kindern und Jugendlichen erkennen und behandeln

Sucht bei Kindern: Ein Teenager-Junge sitzt mit Bierflasche in der Hand auf dem Sofa

Kinder verändern sich so schnell: Eben noch hatten Sie ein pausbäckiges Mädchen, das begeistert sein Honigbrot verputzt hat – und plötzlich sitzt vor Ihnen ein Teenager, der bei jeder Mahlzeit „keinen Appetit“ hat. Möglicherweise verschwindet auch auf mysteriöse Weise Essen aus Ihren Vorräten und Sie haben Ihr Kind in Verdacht, das neuerdings nach dem Essen erstmal im Bad verschwindet? Eine Essstörung bei Kindern und Jugendlichen entwickelt sich schleichend. Sehen Sie genau hin, wenn Sie sich Sorgen machen.

Bulimie oder Magersucht – so unterscheiden sich die verschiedenen Ausprägungen

Essstörungen können sehr unterschiedlich sein. Manche sind schnell zu erkennen, andere verstecken sich hinter einer vermeintlich „gesunden“ Lebensweise – auch schon bei Kindern. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung beschreibt die häufigsten Formen:

  • Magersucht zeichnet sich dadurch aus, dass die Person extrem wenig isst. Sie achtet genau darauf, was sie zu sich nimmt und lässt sich nicht zum Essen überreden. Magersüchtige sind häufig dünn bis stark untergewichtig, halten sich aber dennoch für zu dick. Aber auch ein mehrgewichtiger Mensch kann magersüchtig sein, wenn er Essen verweigert und innerhalb von kurzer Zeit stark abnimmt. Möglicherweise ist die Erkrankung hier nicht sofort sichtbar, weil der Weg zum Untergewicht weiter ist.

    Eng verwandt ist die Muskelsucht. Dabei versuchen die Kinder und Jugendlichen durch exzessiven Sport, Gewicht zu verlieren und einen „definierten“ Körper zu erlangen.
  • Wer unter einer Bulimie leidet, zeigt ein nach außen weniger auffälliges Essverhalten. Der oder die Betroffene ernährt sich meist sehr bewusst, verfällt aber in unregelmäßigen Abständen in starke Essanfälle, die er nicht stoppen kann. Er versucht schließlich, die Kalorien aus seiner Essattacke wieder „loszuwerden“: Er erzwingt ein Erbrechen, hungert oder nimmt Medikamente, um nicht zuzunehmen. Essattacken ohne diese “Gegenmaßnahmen” nennen sich „Binge-Eating“.

Übrigens: Eine Essstörung ist kein reines „Mädchen-Problem“ – auch Jungs und Männer sind betroffen. Sie neigen allerdings eher zu einer Sportsucht als zu hungern und zu erbrechen.

So häufig sind Magersucht und Bulimie im Jugendalter

Krankhafte Essstörungen sind selten, doch sie haben durch Corona-Krise und Lockdown zugenommen. Laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erkranken im Laufe ihres Lebens 19 von 1.000 Mädchen und Frauen an einer Bulimie, 14 werden magersüchtig. Hinzu kommen sechs von 1.000 bulimische Jungen und Männer, bzw. zwei, die an einer Magersucht leiden.

Gründe für eine Essstörung im Jugendalter

Entgegen landläufiger Meinung sind Fernsehshows und Social Media eher selten die Auslöser für eine Essstörung – wobei sie durchaus das Problem verstärken können. Häufig gibt es in der Familie bereits eine Veranlagung für ein gestörtes Essverhalten. Mädchen und Jungen mit einem geringen Selbstwertgefühl lassen sich leicht verunsichern. Erleben sie häufig kritische Kommentare aus ihrem Umfeld oder weil beispielsweise in der Klasse Vergleiche stattfinden, kann ein unrealistisches Selbstbild entstehen. Besonders im Leistungssport besteht ein hoher Druck, möglichst wenig Kilos auf die Waage zu bringen. Das gefährdet schon Kinder, wie eine Expertin der ZEIT gegenüber berichtet. Der finale Auslöser für die Essstörung ist dann oft ein belastendes Erlebnis. Viele Mädchen hadern aber auch übermäßig damit, dass sich ihr Körper durch die Pubertät verändert – wenig oder nichts zu essen sorgt dafür, dass der Körper kindlich bleibt.

Die 4 Stufen einer Magersucht

Eine Magersucht oder Bulimie entwickelt sich schleichend. Typisch sind diese vier Stufen:

  1. Das Kind lernt durch sein Umfeld, dass ein dünner Körper erstrebenswert ist. Gleichaltrige vergleichen sich oder machen herablassende Bemerkungen. Oft bekommen sie auch zu Hause mit, wie Mama und Papa Diät halten und abwertend über ihre Figur sprechen.
  2. Der Teenager erlebt ein Hochgefühl, wenn er Gewicht verliert. Vielleicht bekommt er sogar Komplimente dafür. Er fühlt sich „leicht“ und befreit.
  3. Das gute Gefühl hält nicht an. Das Kind ist unglücklich, depressiv, vielleicht auch reizbar. Bulimische Menschen schämen sich nach einer Heißhungerattacke und wollen ihr Verhalten „wieder gut machen“.
  4. Die Situation verselbstständigt sich: Alle Gedanken kreisen nur noch um das Gewicht und darum, wie Kalorien vermieden werden können.

Magersucht im Jugendalter – nicht auf die leichte Schulter nehmen

Eine unbehandelte Essstörung kann schwere Folgen haben – besonders für Kinder und Jugendliche, deren Körper sich noch entwickelt:

  • Wer nicht genug isst, dem fehlen schnell Nährstoffe. Das beeinträchtigt den Körper massiv: Das Herz-Kreislauf-System wird gestört, das Kind friert, seine Haare fallen aus, die Haut wird trocken und juckt. Manchmal verringert sich auch die Knochendichte, was zu Osteoporose führen kann.
  • Ohne ausreichend Nährstoffe wird der junge Mensch müde und unkonzentriert.
  • Je jünger das essgestörte Kind ist, desto schwerwiegender wirkt sich die Krankheit auf seine Entwicklung aus. Es wächst langsamer, das Gehirn kann nicht so gut reifen, wie es sollte und die Pubertät verzögert sich.
  • Kinder und Jugendliche, die regelmäßig erbrechen, schädigen ihre Zähne und ihre Speiseröhre. Sie verlieren dadurch auch so viel Wasser und Elektrolyte, dass die Nieren leiden.
  • Bei Bulimie-Kranken kommt hinzu, dass die großen Nahrungsmengen bei einer Heißhungerattacke den Magen-Darm-Trakt belasten.
  • Auch die Psyche leidet: Viele Erkrankte leiden zusätzlich unter einer Depression, Zwangs- oder Angststörung. Magersüchtige und Bulimiker haben ein hohes Suizidrisiko.

Wird Ihr Kind frühzeitig behandelt, hat es gute Chancen, dass keine Schäden zurückbleiben. Erhält es allerdings keine Hilfe, kann die Essstörung im schlimmsten Fall tödlich enden.

Was können Sie gegen die Essstörung tun? So helfen Sie Ihrem Kind

Eine Essstörung ist kein vorübergehender Trend und auch keine Charakterschwäche – Ihr Kind braucht jetzt dringend Ihre Hilfe. Kritisieren Sie es nicht dafür, dass es zu wenig isst oder weil Sie seinen Körper nicht schön finden. Das verunsichert sein geringes Selbstwertgefühl nur noch zusätzlich. Versuchen Sie auf keinen Fall, Ihr Kind selbst zu diagnostizieren und zu therapieren. Sie sollten unbedingt zu einem Experten oder einer Expertin gehen. Am besten sprechen Sie gemeinsam mit dem Kinderarzt oder der Kinderärztin. Es gibt auch viele Beratungsstellen, an die Sie sich wenden können. Nach der Diagnose ist Ihr Kind in einer Therapie gut aufgehoben: Diese gibt es ambulant, stationär oder in einer Tagesklinik. Lassen Sie Ihr Kind mitentscheiden, womit es sich wohlfühlt – es geht schließlich um seine Gesundheit. Ausnahme: Wenn Ihr Kind nicht einsieht, dass es Hilfe braucht, kann es auch zwangseingewiesen werden, sollte das Kindeswohl in Gefahr sein.

Viele Menschen brauchen auch nach der erfolgreichen Therapie noch ein starkes Netzwerk, das sie in Krisen auffängt. Lassen Sie sich weiterhin gut beraten oder besuchen Sie eine Selbsthilfegruppe. So lernen Sie gemeinsam, in schlechten Zeiten stark zu bleiben.

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DAK Fachbereich

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