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Apfelessig: Was ist dran am „Wundermittel“?

Apfelessig: Auf einem Tisch steht ein Glas Apfelessig. Daneben liegen einige Äpfel.

Diätdrink, Peeling und Stabilisator des Immunsystems: Apfelessig gilt als wahrer Alleskönner. Zumindest wenn man der Gerüchteküche und euphorischen Artikeln in diversen Medien glaubt. Aber bekanntlich steckt ja hinter fast jedem Gerücht ein Fünkchen Wahrheit. Ob der Funke hier auch überspringt – das klären wir zusammen mit der DAK-Ernährungsexpertin Silke Willms.

Hilft Apfelessig beim Abnehmen?

Jein! „Wenn Apfelessig tatsächlich rank und schlank machen würde“, so Silke Willms, „dann würden Ärztinnen und Ärzte wohl übereinstimmend sagen: Trink das, das ist super. Das ist allerdings bis heute nicht der Fall.“ Eine Studie in Japan will zwar gezeigt haben, dass Menschen, die vor dem Abendessen ein Apfelessig-Getränk zu sich nahmen, an Gewicht verloren. „Der Gewichtsverlust ist aber bei weitem nicht deutlich genug, um einen wissenschaftlich fundierten Beweis daran abzulesen. Nach wie vor ist eine Anpassung der Ernährung – also weniger zucker- und fetthaltige Lebensmittel – beim Abnehmen ohne Konkurrenz. Was man allerdings machen kann: Ein Apfelessig-Getränk als allmorgendliches Ritual vor dem Frühstück oder einer anderen Mahlzeit trinken. Das füllt den Magen-Darm-Trakt etwas, wodurch man weniger Hunger hat und automatisch auch weniger isst.“

Regt Apfelessig die Verdauung an?

Wahr ist: Mit genügend Essig- oder Buttersäure fühlen sich unsere Darmbakterien wohl, was für ein positives Milieu im Darm sorgt und gut für die Verdauung ist. „Allerdings entstehen Essig- und Buttersäure ohnehin beim normalen Verdauungsvorgang im Darm“, erklärt DAK-Ernährungsexpertin Silke Willms, „und zwar in viel höherer Konzentration und Menge, als es über den Verzehr eines Apfelessig-Getränks oder einen Salat mit Apfelessig möglich wäre. Hinzu kommt, dass die im Apfelessig enthaltenen nützlichen Bakterien aus der Essigkultur in der Magensäure ohnehin nicht überleben. Sie gelangen also gar nicht erst in den Darm, wo sie einen positiven Effekt auf Stoffwechsel und Verdauung haben könnten.

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Was man allerdings sagen kann: Mit Apfelessig angereicherte Speisen oder Getränke regen den Speichelfluss, die Produktion von Magensäure und Verdauungssäften an – was sich insgesamt positiv auf die Verdauung auswirkt.“ Generell seien für die Verdauung aber vor allem Lebensmittel mit Ballaststoffen wichtig – also Gemüse, Vollkorn, Naturreis oder Kartoffeln. Denn diese sorgen für ein positives Milieu im Darm.

Macht Apfelessig glänzende Haare?

Um diese Frage fundiert beantworten zu können, hat DAK-Gesundheit Ernährungsexpertin Silke Willms den Selbsttest gemacht. Dazu hat sie zwei Esslöffel Apfelessig mit einem Liter warmen Wasser vermengt. Und das Ergebnis konnte sich sehen lassen: „Es funktioniert!“, stellt die 56-jährige Expertin überzeugt fest. „Shampoo und Leitungswasser sind in der Regel alkalisch, was die Haare eher fest und stumpf macht, weil sich die enthaltenen Mineralien im Haar festsetzen. Die Säure im Apfelessig löst den Kalk, wodurch die Haare glatt, glänzend, weich und kämmbar werden.“

Wirkt Apfelessig als Peeling für die Haut?

Kurz und bündig: ja. „Unsere Haut hat generell einen leicht sauren pH-Wert“, erklärt Silke Willms. „Wenn man sich beispielsweise ein Handtuch, getränkt mit warmem Wasser und etwas Apfelessig, aufs Gesicht legt, wird der pH-Wert der Haut stabilisiert. Die Säure des Essigs, so kann man es sich vorstellen, wirkt als chemisches Peeling. Das hat wiederum einen positiven Effekt für die Haut.“

Stabilisiert Apfelessig den Blutzuckerspiegel?

Eines vorweg: Es ist von Vorteil, wenn der Blutzucker nicht allzu schnell, sondern ganz allmählich ansteigt. Das erreichen wir in der Regel durch stärkehaltige Lebensmittel wie Gemüse oder Getreideprodukte aus vollem Korn. Man kann annehmen, dass der Blutzucker durch den Konsum stärkehaltiger Lebensmittel weniger stark steigt, wenn wir gleichzeitig Apfelessig zu uns nehmen. Eine schwedische Studie will diese These anhand des gleichzeitigen Verzehrs von Weißbrot und Apfelessig untermauert haben. Silke Willms meint dazu: „An der Studie haben viel zu wenig Probanden teilgenommen, um sie als Beweis anführen zu können. Wahrscheinlich verzögert die Säure die Verdauung der Stärke (= Mehrfachzucker). Denn der Abbau von Kohlenhydraten wie Stärke benötigt ein alkalisches Milieu. Eine sichere Methode, um einen stabilen Blutzucker zu erzielen ist dies nicht und empfindliche Menschen können mit Bauchschmerzen reagieren. Ich empfehle für einen stabilen Blutzucker, regelmäßig zu essen. Da Stärke aus Vollkorn langsam abgebaut wird, lassen Vollkornlebensmittel den Blutzucker weniger stark und schnell ansteigen wie Weißbrot, Brötchen, Kuchen, Süßigkeiten oder süße Getränke wie Apfelsaft oder Eistee. Das gilt es bei der Ernährung zu berücksichtigen.“

Ist Apfelessig gut für das Immunsystem?

Ein Großteil unseres Immunsystems befindet sich im Darm. Wenn dort ein gesundes Milieu herrscht, ist das Immunsystem gewappnet. Wie schon im Unterpunkt zur Verdauung erklärt, gelangen die nützlichen Bakterien des Apfelessigs allerdings erst gar nicht bis dorthin. „Um ein ausgeglichenes Milieu und damit ein stabiles Immunsystem aufrechtzuerhalten, ist es vor allem wichtig, viel Gemüse und gute Lebensmittel mit genügend Ballaststoffen zu essen. Da die für das Milieu wichtigen Bakterien aus Eiweißen bestehen, sind auch eiweißhaltige Lebensmittel wie Käse, Hülsenfrüchte, Milch oder auch Fleisch gut für ein funktionstüchtiges Immunsystem. All das begünstigt die körpereigene Säureproduktion und mindert die Anfälligkeit für Entzündungen.

Wirkt Apfelessig antibakteriell?

„Das kann ich bejahen, wobei Säuren generell antibakteriell wirken“, erklärt Silke Willms. „Wenn sich also eine Halsentzündung oder Erkältung anbahnt, kann es helfen, mit Essigwasser zu gurgeln, um die betreffenden Bakterien oder Viren außer Kraft zu setzen und die Symptome abzumildern. Allerdings funktioniert das auch mit Zitronensäure, Weißweinessig oder einer heißen Zitrone. Es muss nicht unbedingt Apfelessig sein.“

The hype is real: Aber warum gerade Apfelessig?

Aber warum schwören dennoch so viele Menschen ausgerechnet auf Apfelessig? Schließlich gibt es viele weitere säurehaltige Getränke und Produkte, die mit ähnlichen Eigenschaften und Effekten in Verbindung gebracht werden können. „Möglicherweise ist der Hype auf das gute Image von Äpfeln zurückzuführen. Den Spruch „An apple a day keeps the doctor away“ haben nach wie vor viele Menschen im Kopf und verbinden die leckere Frucht mit Schlagwörtern wie Vitamine und Gesundheit. Zudem hat Apfelessig einen besonderen, leicht säuerlichen, erfrischenden Geschmack und hilft, stark verdünnt in Wasser, gegen Durst. Um die oben beschriebenen positiven Effekte hervorzurufen, darf es aber gerne auch ein anderer Essig sein.

Qualitätssicherung

Silke Willms

Diplom-Ökotrophologin, Ernährungs-Expertin bei der DAK-Gesundheit

Quellenangaben

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