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Klimawandel und Gesundheit: Vielschichtige Wechselwirkungen

Klimawandel und Gesundheit: Junge Familie bei Radtour

Der Klimawandel stellt laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) die größte Gesundheitsbedrohung der Menschheit dar. Schon jetzt beeinflusst er unsere Gesundheit auf vielfältige Weise. Von direkten körperlichen Auswirkungen bis hin zu meist weniger sichtbaren psychischen Belastungen – die Veränderungen unseres Klimas haben weitreichende Folgen für unser Wohlbefinden. In diesem Artikel beleuchten wir die komplexen Zusammenhänge zwischen Klimawandel und Gesundheit und zeigen auf, warum dieses Thema uns alle betrifft.

Direkte Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit

Der Klimawandel führt zu Witterungs- und Klimaveränderungen, die direkte Auswirkungen auf unsere körperliche Gesundheit haben. Infektionskrankheiten und Krankheiten wie Allergien können zunehmen, und die Symptome bei Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen können sich verstärken. Zudem gefährden Extremwetterereignisse wie Hitze, Stürme, Starkregen und Hochwasser unsere Gesundheit oder gar unser Leben.

Wer ist von den Folgen des Klimawandels am stärksten betroffen?

Es gibt Risikogruppen, die von den Folgen des Klimawandels, vor allem von vermehrten Hitzewellen, stark betroffen sind. 

  • Schwangere und das Ungeborene: Hitze kann zu Dehydrierung, einer reduzierten Blutversorgung über die Plazenta führen und entzündliche Prozesse auslösen, die eine Frühgeburt verursachen können. 
  • Säuglinge und Kleinkinder überhitzen schneller und bekommen leichter einen Sonnenbrand, daher müssen sie besonders vor Hitze und direkter Sonneneinstrahlung geschützt werden.
  • Menschen mit Vorerkrankungen: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Atemwegserkrankungen, zum Beispiel COPD, und Nierenerkrankungen können sich verschlimmern oder gar zum Tode führen.
  • Menschen, die Medikamente einnehmen, deren Wirksamkeit von Hitze beeinflusst werden. So verstärkt sich bei hohen Temperaturen etwa der Effekt von blutdrucksenkenden Arzneimitteln, was lebensgefährliche Folgen nach sich ziehen kann. Auch einige Nebenwirkungen von Medikamenten sind bei Hitze zunehmend mit einem Risiko behaftet, da zum Beispiel das Schwitzen und somit die Temperaturregulierung des Körpers beeinträchtigt wird. Entwässernde Medikamente fördern eine Dehydrierung.
  • Beschäftigte, die im Freien arbeiten und die Hitze und UV-Strahlungen sowie einigen Allergenen verstärkt ausgesetzt sind.
  • Menschen ohne Obdach, da ihnen oft Flüssigkeit fehlt sowie die Möglichkeit, sich vor Hitze und UV-Strahlung zu schützen.

Nachhaltigkeit: Gesunde Erde – gesunde Menschen

Wie steht die DAK zum Klimaschutz? Was kann man typischen Klimaausreden entgegensetzen? Und was kann jeder von uns im Alltag für den Klimaschutz tun? 

Hitzewellen und ihre Folgen

In den letzten Jahren wurde eine vermehrte Häufigkeit und Dauer von Hitzeereignissen in Deutschland verzeichnet. Hitze belastet den menschlichen Organismus erheblich und führt zu mehr Krankheits- und Todesfällen. Laut RKI führen Hitzeperioden in Deutschland regelmäßig zu einem Anstieg der Mortalität. Einen traurigen Höhepunkt gab es im sogenannten Jahrhundertsommer 2003: Damals starben 9.500 Menschen aufgrund von Hitze, hinzu kamen zahlreiche hitzebedingte Krankheitsfälle aufgrund von Dehydrierung, Hitzschlag sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Laut DAK-Gesundheitsreport 2024 fühlen sich während Hitzeperioden rund 22,9 Prozent der Beschäftigten bei ihren Tätigkeiten während der Arbeit stark belastet. Dabei sind ältere Beschäftigte zu größeren Anteilen sowie stärker belastet als andere. Neben dem Alter spielt auch die Tätigkeit eine Rolle. So sind ganze 49,3 Prozent der Beschäftigten in der Alten- und Krankenpflege belastet. Im Bereich Bau und Handwerk sind es 27,6 Prozent. Menschen, die geistig und drinnen arbeiten, fühlen sich dagegen seltener durch Hitze beeinträchtigt.

Die gesundheitlichen Probleme reichen dabei von Abgeschlagenheit und Müdigkeit über Schlafprobleme, vermehrtes Schwitzen bis zu Kreislaufbeschwerden. Auch die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit sinken. Nach eigenen Angaben waren über die Hälfte der Beschäftigten in jüngeren Hitzeperioden weniger produktiv als üblich.

Luftverschmutzung und Erkrankungen

Die Luftverschmutzung, die eng mit dem Klimawandel verknüpft ist, hat direkte Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Schadstoffe wie Feinstaub, Stickoxide, Ozon und Ruß führen zu vorzeitigen Todesfällen und einer Zunahme von Herz-Kreislauf-, Atemwegs- und Krebserkrankungen. 

So hat beispielsweise ein internationales Forschungsteam unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Chemie in einer globalen Studie mit Daten von etwa 25 Millionen Menschen weltweit nachgewiesen, dass die langfristige Belastung mit Feinstaub das Asthmarisiko sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen signifikant erhöht. Rund 30 Prozent aller neuen Asthmafälle werden mit Feinstaub in Verbindung gebracht. 
Feinstaub ist ebenso ein großer Risikofaktor für die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen – und zwar genauso groß wie klassische Risikofaktoren wie zum Beispiel Bluthochdruck, Rauchen oder Diabetes.

Klimawandel und Allergien

Die globale Erwärmung in Verbindung mit erhöhten CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre führt zu Veränderungen im Lebenszyklus vieler Pflanzen. Dies äußert sich darin, dass sie früher und länger blühen und dabei größere Pollenmengen ausbilden. Somit sind Allergiker mehr Pollen über einen längeren Zeitraum ausgesetzt. Hinzu kommt: Die erhöhte CO2-Konzentration in Kombination mit Luftschadstoffen wie Ozon und Feinstaub steigert das allergene Potenzial der Pollen. Außerdem breiten sich durch die Erderwärmung Pflanzen in Regionen aus, in denen sie bislang nicht heimisch waren. In Deutschland gehört dazu zum Beispiel Beifuß-Ambrosie, die einige der stärksten bekannten Auslöser von Allergien enthält. 

All das bedeutet eine verstärkte Belastung für Allergiker und kann auch bei Menschen, die bislang nicht von einer Allergie betroffen waren, allergische Reaktionen auslösen.

Krankheitserreger und Wasserqualität

Durch die steigenden Luft- und Wassertemperaturen breiten sich Insekten wie Mücken und Zecken und damit auch Krankheitserreger in neuen Regionen aus. Dies erhöht das Risiko für Krankheiten wie Malaria, Dengue-Fieber und Borreliose auch hierzulande. Auch das Wachstum von Krankheitserregern in Wasser wird durch die Wärme gesteigert. Dadurch steigt das Risiko von durch Wasser übertragbare Krankheiten wie Durchfall, Typhus und Hepatitis.

Zusätzlich schränken Überschwemmungen und Dürren die Verfügbarkeit von sauberem Wasser ein, beeinträchtigen die Wasserqualität erheblich und führen ebenfalls zu einem Anstieg wasserbedingter Krankheiten. Aber auch starke Regenfälle können bereits zu Abwasserüberläufen und kontaminiertem Ablaufwasser führen. Das ist besondere für Regionen in Asien und Afrika, in denen die Verfügbarkeit von sauberem Trinkwasser ohnehin eingeschränkt ist, ein erhebliches Gesundheitsrisiko. 

Aber auch in Südeuropa sind etwa 30 Prozent der Menschen mit permanentem Wasserstress konfrontiert, das heißt, mit einem gesteigerten Risiko für Umweltprobleme und wirtschaftliche Schwierigkeiten. Laut eines Berichts der Europäischen Umweltagentur (European Environment Agency) lebt heute jeder achte Europäer in Gebieten, die durch Flussüberschwemmungen bedroht sind. Und: Jedes neunte Krankenhaus in Europa befindet sich in Gebieten, die potenziell anfällig für Flusshochwasser sind.

Eine geringere Wasserqualität wirkt sich auch auf unsere Nutzpflanzen und dadurch auf die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln aus: Steigende Meeresspiegel führen dazu, dass salzhaltiges Wasser in Grundwasser und Oberflächengewässer eindringt und die Pflanzen schädigen. Dürre ist ebenfalls ein erheblicher Risikofaktor und kann in einigen Regionen der Welt zu Mangelernährung führen. 

Ein weiteres Problem ist die zunehmende Verunreinigung von Wasser durch häusliche Abwässer, Industrie und Landwirtschaft. Es finden sich teils besorgniserregende Konzentrationen von Arzneimitteln, Hormonen, Industriechemikalien, Wasch- und Reinigungsmitteln, Cyanotoxinen und Nanomaterialien.

Auswirkungen auf die Haut

Der Klimawandel führt auch in Mitteleuropa zu mehr Sonnentagen im Jahr. Wir sind also zunehmend UV-Strahlen ausgesetzt. Das erhöht das Risiko für Hautkrebs und andere Hauterkrankungen. Das betrifft nicht nur Menschen, die sich gerne sonnen, sondern auch Beschäftigte, die sich draußen aufhalten müssen, etwa solche in der Landwirtschaft, im Baugewerbe oder der Straßenarbeit. Hautärztinnen und Hautärzte rechnen mit einer Verdoppelung der Hautkrebsfälle bis 2030. 

Auch infektiöse Hauterkrankungen nehmen zu, da sich durch höhere Temperaturen zum Beispiel Viren und Pilze vermehren und auch neue Regionen ausbreiten.

Planetare Gesundheit: Gesunde Erde – gesunde Menschen

Planetare Gesundheit, auch Planetary Health, ist ein Konzept, das klar beschreibt, wie untrennbar die Gesundheit von uns Menschen mit den Ökosysteme unseres Planeten verbunden ist. Auch in einer modernen Zivilisation sind wir auf eine intakte Umwelt angewiesen, denn sie schafft die Lebensbedingungen, die wir für unsere Gesundheit brauchen. Sie ist unsere Lebensgrundlage. 

Das Verständnis und die Beachtung sogenannter planetarer Grenzen ist von entscheidender Bedeutung für den Erhalt dieser Lebensgrundlage. Gemeint sind damit kritische Belastungsgrenzen der Umwelt, deren Überschreiten direkte und indirekte Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben. Die globale Erwärmung, die Versauerung der Ozeane und der Verlust von Waldflächen sind Beispiele für planetare Grenzen. Besonders kritisch dabei sind sogenannte Kippelemente – Ereignisse, die unumkehrbar sind und weitreichende Folgen mit sich bringen, wie das Schmelzen des grönländischen Eisschilds. 
 

Klimawandel und psychische Gesundheit

Die Auswirkungen des Klimawandels beschränken sich nicht nur auf unseren Körper, sondern betreffen auch unsere Psyche in erheblichem Maße.

Psychische Belastungen und neue psychologische Syndrome

Naturkatastrophen, die durch den Klimawandel häufiger auftreten, gehen in den betroffenen Regionen selbst nach einer zeitlichen Verzögerung von mehreren Monaten noch mit einem Anstieg von Depressionen, Angststörungen, Traumafolgestörungen und Suchterkrankungen einher. Der Klimawandel verstärkt zudem z.B. Wasser- und Nahrungsmittelknappheit, ökonomische Krisen, soziale Konflikte und unfreiwillige Migration – und all diese Folgen sind wiederum mit erhöhter psychischer Belastung verbunden.

Zudem kann die Unsicherheit über die Zukunft und die Sorge um die Umwelt, bekannt als „Klimaangst“, das allgemeine Wohlbefinden beeinträchtigen. Klimaangst oder Klimastress können eine erhebliche Belastung darstellen, beschäftigen heute viele Menschen, führen aber bisher nur in sehr seltenen Fällen zu einer eigenständigen und behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung. Eine Umfrage unter Psychotherapeuten und -therapeutinnen, deren Ergebnisse im Ärzteblatt veröffentlicht wurde, ergab jedoch auch, dass 71 Prozent ihrer Patientinnen und Patienten Bedenken bezüglich der Klimakrise äußerten. Auch Jugendliche sorgen sich um ihre Zukunft und die Umwelt: In einer Studie der Bertelsmann Stiftung äußerten jeweils knapp die Hälfte der 16- bis 18-Jährigen und der 12- bis 13-Jährigen sehr große Sorgen in Bezug auf den Klimawandel. 

Ebenso wie Klimaangst ist die sogenannte Solastalgie, die Trauer um verlorenen Lebensraum, ein neues psychisches Syndrom, das angesichts der existenziellen Bedrohung durch die Klimakrise entsteht. Diese Phänomene zeigen, wie tiefgreifend der Klimawandel unser emotionales Wohlbefinden beeinflusst.

Psychotherapeutische Behandlung

Wie wir bei seelischen Problemen helfen

Stärkung der Resilienz

Um mit den psychischen Belastungen durch den Klimawandel umzugehen, empfehlen Expertinnen und Experten einen „Realitätscheck". Dies bedeutet, zu untersuchen, welcher Teil der Angst real und gerechtfertigt ist und was übertrieben sein könnte. Unser Gehirn ist plastisch, und wir können es positiv beeinflussen, um besser mit den Herausforderungen umzugehen. Persönliches Engagement und die Verbindung mit anderen, denen es auch wichtig ist, gegen den Klimawandel aktiv zu werden, können ebenfalls helfen, mit Klimaängsten umzugehen.

Lea Dohm, Psychologin und Klimaschutz-Expertin der DAK:

„Sich mit dem Klimawandel zu beschäftigen, ist psychisch anstrengend. Es ist jedoch gleichzeitig dringend notwendig, um unsere Gesundheit ausreichend schützen zu können. Die gute Nachricht: Sich hinwenden und die Erkenntnisse ins eigene Denken, Fühlen und Handeln zu integrieren, bleibt in der Regel nicht so unangenehm, wie es sich im ersten Moment anfühlen mag. Wenn es uns gelingt, dass Klimaschutz auch in unserem Umfeld leichter und normaler wird, sind wir wirksam und schützen Umwelt und Gesundheit zugleich.“

Fazit: Klimaschutz ist Gesundheitsschutz 

Der Klimawandel beeinflusst unsere Gesundheit in vielfältiger Weise. Um die Herausforderungen zu bewältigen, bedarf es das Zutun jedes Einzelnen und eines ganzheitlichen Ansatzes, der sowohl Klimaschutzmaßnahmen als auch Anpassungsstrategien umfasst. Nur so können wir nachhaltig leben und die Gesundheitsrisiken des Klimawandels minimieren. 
 

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