Angststörungen: Das sollten Sie wissen

Diagnose und Symptome einer Angststörung
Angst ist ein natürliches Gefühl, das den Menschen vor Bedrohungen oder Gefahren warnt. Der Körper wird in Alarmbereitschaft versetzt. Dabei steigen der Herzschlag und Blutdruck, die Muskeln spannen sich an und die Bronchien weiten sich. Es werden zusätzliche Energiereserven ausgeschüttet und der Blutzucker steigt. Man beginnt, die Gefährlichkeit der Situation und die Handlungsmöglichkeiten abzuwägen und geeignete Abwehrmaßnahmen zu treffen, beispielsweise Reaktionen wie Abwarten, Flucht oder Angriff. Ist die Bedrohung vorüber, verschwindet auch die Angst. Das alles ist ein biologischer Mechanismus, der unseren Vorfahren in freier Wildbahn das Leben sicherte.
Bei Menschen, die unter einer Angststörung leiden, ist dieser natürliche Mechanismus aus den Fugen geraten. Die Angst entwickelt eine Eigendynamik und tritt auch ohne reale Gefahr oder unangemessen stark in normalen Alltagssituationen auf. Den Betroffenen klopft das Herz bis zum Hals und sie fangen heftig an zu schwitzen. Oft folgen Schwindel- und Ohnmachtsgefühle. Die Angst überfällt sie ungewöhnlich stark und sie hält oft nach der auslösenden Situation an.
Die Symptome sind verschieden und sehr individuell. Zu den körperlichen Symptomen gehören:
- Schwitzen
- Schwindel
- Herzrasen
- Zittern
- Atemnot
- Engegefühl in der Brust
- Übelkeit
- verminderte Belastbarkeit
- Magen-Darm-Beschwerden
Die Betroffenen empfinden oft Hilflosigkeit und fühlen sich der Angst ausgeliefert. Sie nehmen die Symptome als gefährlicher oder bedrohlicher wahr als sie sind. Das ist vor allem dann der Fall, wenn die Angststörung nicht diagnostiziert ist.
Welche Ursachen hat eine Angststörung?
Das Entstehen einer Angststörung kann unterschiedliche Gründe haben. Die genauen Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt. Es kann auch eine Kombination verschiedener Faktoren sein, die eine Angststörung auslöst. Mögliche Entstehungsfaktoren für eine Angststörung sind:
- Stress
- traumatische oder belastende persönliche Erlebnisse
- genetische Faktoren
- psychische Veranlagung
- körperliche Erkrankungen (z.B. Diabetes, hormonelle Probleme)
- (starker) Alkohol- oder Drogenkonsum
Wann leide ich unter einer Angststörung?
Bei einer Angststörung geht es meist nicht mehr um die Angst vor einer realen Bedrohung. Betroffene haben Angst vor Dingen oder Situationen, die die meisten Menschen als normal empfinden. Sie denken die meiste Zeit des Tages über ihre Angst nach und sind dadurch in ihrer Lebensqualität und Bewegungsfreiheit häufig stark eingeschränkt. Ausschalten oder kontrollieren können sie die Angst nicht. Die Folgen einer Angststörung können gravierend sein und von sozialem Rückzug über Depressionen, Alkohol- oder Tablettensucht bis hin zu Selbstmordgedanken reichen.
Von einer Angststörung spricht man in der Regel dann, wenn die Angst
- in vollkommen unangebrachten Momenten und zu häufig auftritt,
- in keinem angemessenen Verhältnis zur tatsächlichen Bedrohung steht,
- so intensiv ist und so lange anhält, dass sie normale Aktivitäten und den Alltag einer Person beeinträchtigt.
Die Gedanken fokussieren sich ausschließlich auf das (gefühlte) Problem. Typischerweise tritt die Angst nur in bestimmten Situationen auf, mit der Zeit kann aber auch die Erwartung einer Angstreaktion in bestimmten Situationen hinzukommen – die „Angst vor der Angst“. Betroffene meiden deshalb häufig Situationen, die ihnen Angst machen könnten und geraten so immer weiter in eine soziale Isolation. Gegenüber Familie oder Freunden sprechen sie meist eher über somatische Beschwerden, die mit der Angst einhergehen, wie Schlafstörungen oder Schmerzen, als über den Auslöser der Angst. Die körperlichen Begleitsymptome können wiederum Ängste vor einer bedrohlichen Erkrankung auslösen, wie etwa einem Herzinfarkt.
Was kann ich vorbeugend tun?
Soziale Aktivität: Regelmäßige Kontakte mit anderen Menschen können helfen, einer Angststörung vorzubeugen. Rückzug und soziale Isolation ist meist ein erstes Symptom und kann „die Angst vor der Angst“ verstärken. Es ist entscheidend, vorhandene Kontakte zu pflegen und neue Kontakte aufzubauen. Treffen Sie sich mit Ihren Freundinnen und Freunden, teilen Sie Ihre Gefühle und nehmen Sie sich Zeit für Gespräche.
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Ernährung: Der Körper benötigt verschiedene Nährstoffe, um beispielsweise den Botenstoff Serotonin herstellen zu können. Eine gesunde Ernährung ist dafür besonders wichtig. Dazu zählen viel Obst und Gemüse sowie Vollkorn- und Milchprodukte, aber auch Nüsse. Fast Food und Fertiggerichte sollten vermieden werden.
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Welche Formen von Angststörung gibt es?
Bei Angsterkrankungen unterscheiden Ärztinnen/Ärzte und Psychologen/Psychologinnen zwischen folgenden Störungen:
- Panikstörung
- generalisierte Angststörung
- Phobien
Bei der Panikstörung treten wiederholt Panikattacken plötzlich aus dem Nichts auf und brechen über die Betroffenen herein. Sie verursachen Herzklopfen, Zittern, Schmerzen im Brustkorb, Übelkeit, Hitzewellen und Schweißausbrüche sowie manchmal auch Todesangst, dauern durchschnittlich ca. 15 Minuten an und klingen von selbst wieder ab. Besteht aufgrund einer oder mehrerer solcher Panikattacken mindestens einen Monat lang die beständige Sorge vor erneuten Attacken, ist von einer Panikstörung auszugehen.
Die körperlichen Symptome stehen bei der Panikstörung im Vordergrund, so dass viele Betroffene zunächst vermuten, an einer körperlichen Erkrankung zu leiden. Die Angstsymptome können auf keine reale Gefahr bezogen werden, so dass der Grund in einer Fehlfunktion des Körpers gesucht wird. Auch nach Anerkennung der psychischen Diagnose bleiben Betroffene sehr sensibel für körperliche Veränderungen. Jede dieser Veränderungen wird als gefährlich eingestuft. Daraus entwickelt sich eine ständige Angespanntheit und Angst vor der nächsten Attacke – die sogenannte Angst vor der Angst.
Die Folge dessen ist Vermeidungsverhalten. Aktivitäten, die Panikattacken provozieren könnten wie z.B. Sport oder körperliche Anstrengung, werden vermieden. Zudem werden mangels konkreter Ursache die Situationen, in denen Panikattacken aufgetreten sind, als Auslöser fehlinterpretiert. Hat die Attacke an einem bestimmten Ort stattgefunden, wird künftig dieser Ort vermieden, später auch Wege dorthin oder Orte, die ähnlich sind. Betroffene schränken ihren Radius so immer weiter ein und isolieren sich.
Die generalisierte Angststörung zeichnet sich durch eine ständige Sorge um alles und jeden aus und wird auch „Sorgenkrankheit“ genannt. Betroffene sehen überall ernsthafte Bedrohungen, ohne dass ein tatsächlicher Grund dafür vorliegt. Die Themen sind die gleichen wie bei allen anderen Menschen auch: die Gesundheit, der Beruf, die finanzielle Situation oder die Partnerschaft. Der Unterschied ist, dass sich Menschen mit generalisierter Angststörung sehr viel intensiver um diese Themen sorgen und die Gefahreneinschätzung deutlich unrealistischer ist. Die Ängste sind nicht auf eine spezielle Situation beschränkt, sondern können sich auch auf alltägliche Dinge wie Einkaufen, Termine oder Post beziehen – sie sind also generalisiert. Typische Symptome sind kalter Schweiß, eine zugeschnürte Kehle und Durchfall. Viele Betroffene ziehen sich aus allen sozialen Aktivitäten zurück.
Bei Phobien handelt es sich um Ängste, die von einem konkreten Objekt oder einer bestimmten Situation ausgelöst werden. Es gibt es mehrere Formen:
- Agoraphobie beschreibt die Angst, sich auf öffentlichen Plätzen oder an öffentlichen Orten aufzuhalten. Dazu gehört auch die Angst, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen oder einkaufen zu gehen. Betroffene befürchten, an eben diesen Orten massive körperliche Beschwerden zu erleiden, wie z.B. Schwäche, Schwindelgefühl, Ohnmacht, zu ersticken oder gar zu sterben und dabei nicht flüchten zu können oder keine Hilfe zu erhalten. Im Wesentlichen ist es die Angst davor, keine Kontrolle über die Situation zu haben und hilflos den äußeren Umständen ausgeliefert zu sein.
- Bei der sozialen Phobie fürchten die Betroffenen den Umgang mit anderen Menschen und insbesondere, von diesen abgewertet zu werden.
- Hinzu kommen spezifische Phobien – also extrem starke Ängste vor ganz speziellen Objekten oder Situationen. Das sind u.a. Tierphobien (z.B. Spinnen oder Schlangen), Umweltphobien (z.B. Gewitter, Dunkelheit oder Höhe), Blut-/Spritzen-/Verletzungsphobie (z.B. Anblick von Blut/Verletzungen oder das Setzen einer Spritze), situative Phobien (z.B. Klaustrophobie oder Angst vor dem Fliegen) oder sonstige spezifische Phobien (z.B. Angst vor dem Erbrechen oder Ersticken beim Essen).
Wie sieht die Behandlung bei Angststörung aus?
Wenn eine Angststörung diagnostiziert wurde, kommen in der Regel verhaltenstherapeutische oder psychoanalytische Psychotherapien zum Einsatz, bei sehr stark ausgeprägten Angststörungen auch Psychopharmaka und Betablocker. Ziel einer Psychotherapie bei einer generalisierten Angststörung ist es, die gestörte Wahrnehmung zu normalisieren. Bei Phobien und Panikattacken hat sich die sogenannte Reizkonfrontation, auch Exposition genannt, als besonders erfolgreich erwiesen. Unter professioneller Betreuung setzen sich Patienten schrittweise der Angstsituation aus.
Wo bekomme ich Hilfe?
Für eine gesicherte Diagnosestellung und Behandlung von Angststörungen ist Ihre Hausärztin/Ihr Hausarzt grundsätzlich der erste Ansprechpartner. Bei Bedarf überweist er Sie an einen Facharzt/eine Fachärztin (für Psychiatrie/Psychotherapie/Nervenheilkunde) bzw. eine psychologische Psychotherapeutin/Psychotherapeuten.
Katrin Schmiedel
Mitarbeiterin Versorgungsmanagement bei der DAK-Gesundheit
Quellenangaben