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Geschwister: Die längste Beziehung unseres Lebens

Geschwisterliebe: Ein kleiner Junge teilt das Eis mit seiner kleinen Schwester.

Mit ihnen führen wir unsere längste Beziehung, wir lieben einander, wir hassen uns, wir streiten und vertragen uns, wir schmieden Allianzen und verraten einander nicht, auch wenn wir uns zutiefst verletzen können. Die Beziehungen zu unseren Geschwistern können uns sehr prägen. Was macht diese Beziehung so einzigartig? Gibt es einen idealen Altersunterschied? Wie stärken Eltern den Zusammenhalt von Geschwistern? Erfahre hier, was Geschwisterliebe heißt und wie du aus deinen Kindern gute Geschwister machst.

Geschwister: starkes Team oder starke Rivalen?

Geschwister sind können Konkurrenten, Verbündete und Vorbilder sein. Mal Freund, mal Feind. Oft hört man, geschwisterliche Beziehungen seien unauflösbar. So dauern in vielen Fällen länger als die Beziehung zu den Eltern. Selbst dann, wenn Geschwister im Erwachsenenalter keinen Kontakt mehr zueinander haben. Das liegt schlicht in der Konstellation ihrer Beziehung begründet: Sie verbringen einen großen Teil der Kindheit und Jugend gemeinsam, wachsen mit den gleichen Werten auf, haben dieselbe Familiengeschichte, teilen nahezu identische Erinnerungen und sind meist auch genetisch miteinander verwandt.

Konkurrenz und Neid, auch Aggressionen, Eifersucht und körperliche Auseinandersetzungen sind dabei gerade unter jüngeren Geschwistern durchaus normal und gehören zur Kindheit dazu.

Geschwister prägen die eigene Entwicklung

Manchmal ist der Krach aus dem Kinderzimmer für Eltern nur schwer nicht mehr auszuhalten: Egal, ob es um das Puppenkleid, die Eisenbahn oder das Puzzle geht – manche Geschwister lassen selten eine Gelegenheit aus, sich ordentlich zu zoffen. Doch auch wenn das für deine Nerven zur unerträglichen Herausforderung wird: Krach unter Geschwistern ist normal und kann für ihre soziale Entwicklung durchaus förderlich sein. Im Streit prallen die unterschiedlichen Interessen, Erfahrungen und Stimmungen des Nachwuchses aufeinander. Deine Kinder müssen lernen, Konflikte auszutragen und zu lösen, sich durchzusetzen, aber auch nachzugeben, sich von anderen Menschen abzugrenzen und darüber Selbstbewusstsein zu entwickeln – daraus kann sich ein wertvoller Erfahrungsschatz für soziale Interaktionen im Erwachsenenalter bilden.

„Die Kinder lernen im Streit, mit ihren Kräften umzugehen, zu erkennen, was Spiel und was Ernst ist und dann auch zu akzeptieren, wenn der andere nicht mehr will“, sagt der Schweizer Psychologe Jürg Frick, der zu Geschwisterbeziehungen forscht. Meistens legen sich diese Zwistigkeiten unter Geschwistern mit dem Älterwerden.

Streit schlichten oder nicht? Ein Beispiel aus dem Geschwisteralltag

Streit muss manchmal also sein. Doch wann solltest du eingreifen und wann besser nicht? Wie so oft im Leben ist der rich­ti­ge Zeit­punkt entscheidend. Grei­fst du zu früh ein, nimmst du deinen Kindern die Chance, die Situation selbst zu meistern. Greifst du zu spät ein, kannst du vielleicht keine Lösung mehr herbeiführen. Der beste Zeitpunkt ist dann, wenn alle Vor­wür­fe und An­schul­di­gun­gen aus­ge­spro­chen sind und sich der Streit im Kreis dreht. Du kannst jetzt die Situation mit kindgerechten Worten zusammenfassen und damit si­gna­li­sie­ren, dass du alle beteiligten Kinder in ihrem Frust ernst nimmst. Das kann den Beteiligten auch dabei helfen, Verständnis für den jeweils anderen aufzubringen – und eine Lösung zu finden. Manchmal hilft es auch, zu fragen, ob der Streit Spaß oder Ernst ist. Ist der Kon­flikt be­reits eskaliert, solltest du die Streithähne trennen.

Feste Regeln, gemeinsam mit den Kindern aufgestellt, helfen übrigens, Streit zu vermeiden:

  • Wel­che Spiel­zeu­ge und wel­che per­sön­li­chen Be­rei­che sind tabu?
  • Wel­che Schimpf­wör­ter sind er­laubt?
  • Wie weit dür­fen kör­per­li­che Auseinandersetzungen ge­hen?
  • Wel­che Pflich­ten und Rech­te ha­t jedes Kind, etwa im Haushalt? Jeder kann altersgemäße Aufgaben übernehmen. Dass es dabei gerecht zugehen muss, dürfte selbstverständlich sein.

Wie profitieren Geschwister voneinander?

Geschwister lernen im Umgang miteinander und mit anderen nicht nur, wo körperliche und psychische Grenzen eines anderen Menschen sind, sondern auch Solidarität und Liebe. Zu Hause fliegen die Fetzen, aber wenn ein anderer etwas Negatives über die eigene Schwester sagt, bekommt er die geballte Kraft geschwisterlicher Verbundenheit zu spüren. Man hat immer jemanden zum Spielen und kann sich gegen die Eltern und ihre Regeln verbünden.

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Über Einzelkinder gibt es viele Vorurteile: sie seien weniger kompromissbereit und können schlecht teilen. Dabei gehen manche Expertinnen und Experten gerade davon aus, dass Einzelkinder kompromissbereiter sind. Teilen fiele ihnen weniger schwer, weil sie es nicht stetig tun müssen und freiwillig entscheiden können. Die eigentliche Verantwortung liegt bei den Eltern, die durch ihr Vorleben Teilen vermitteln. Das gilt für den wertschätzenden Umgang innerhalb der Familie – mit oder ohne Geschwister – genauso wie in freundschaftlichen oder anderen verwandtschaftlichen Beziehungsgeflechten. Denn die in der Kindheit gesammelten Erfahrungen setzen sich bis ins Erwachsenenalter fort.

Ältere geben ihr Wissen an die Jüngeren weiter – und wiederholen und strukturieren dabei, was sie selbst gelernt haben.

Eltern spielen zentrale Rolle für die Geschwisterbeziehung

Viele Eltern unterschätzen, welchen Einfluss sie selbst auf die gute Beziehung der Geschwister untereinander haben. Hohe Ansprüche und Erwartungen an die Kinder, ständiges Vergleichen, offensichtliche Bevorzugung eines Kindes befördern Neid, Streit und Abneigung der Kinder –  ein Spannungsverhältnis, das bis ins Erwachsenenalter fortbestehen kann . 

Weithin bekannt ist das sogenannte „Entthronungstrauma“ des erstgeborenen Kindes. Kommt ein neues Geschwister in die Familie, muss das älteste Kind lernen, dass es nicht mehr allein im Mittelpunkt der elterlichen Aufmerksamkeit steht. Dabei kann es sich zurückgesetzt fühlen und Eifersucht auf das jüngere Kind entwickeln.

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Meditationen und Übungen zur Stressbewältigung

Als Mutter oder Vater kannst du deinem Erstgeborenen dabei helfen, diese negativen Gefühle nicht zu verinnerlichen. Zum Beispiel kannst du als Mutter immer dann, wenn das Baby schläft, eine intensive Kuschel- oder Spielzeit mit deinem älteren Kind einplanen. Oder der Vater kümmert sich besonders aufmerksam um das größere Kind, wenn du mit dem Baby beschäftigt bist. Hilfreich ist es auch, das große Geschwisterkind auf das neue Baby einzustimmen und es nach der Geburt einzubeziehen, etwa in die Körperpflege des Babys. So übernimmt es ein kleines Stück Verantwortung für das neue Familienmitglied.

Im Laufe der Kindheit ist es wichtig, dass du möglichst keine konkreten Vergleiche anstellst. Hören Kinder häufig Sätze wie: „Dein Bruder ist sportlicher“ oder „Deine Schwester konnte früher sprechen“ können diese sich zu einem beständigen Konkurrenzkampf entwickeln, der durch unsere leistungsorientiere Gesellschaft noch verstärkt wird. Besser ist es, die individuellen Fähigkeiten der Kinder zu sehen und anzuerkennen ohne Vergleiche zu provozieren.

Welcher Altersunterschied ist der idealste für Geschwister?

Entwicklungspsychologen halten einen Altersabstand von drei Jahren bei Geschwistern für optimal. Die Rivalität untereinander ist dann nicht mehr so ausgeprägt. Die Kinder sind sich aber im Alter noch so nahe, dass sie eine enge Bindung aufbauen können. 

Während die Kämpfe in der Kindheit bei gleichgeschlechtlichen Geschwistern häufig stärker sind, ist ihr Verhältnis im Erwachsenenalter in aller Regel enger. Laut einer Untersuchung der Ludwig-Maximilians-Universität München haben Schwestern im Durchschnitt im Erwachsenenalter das engste Verhältnis und das größte Vertrauen zueinander, aber auch das größte Potential für Konflikte. Dagegen sind Verbundenheit und Vertrauen, aber auch Konflikte im Vergleich am geringsten bei gemischt-geschlechtlichen Geschwisterpaaren. 

Doch all diese Überlegungen sind theoretisch. Egal, ob ein, zwei oder mehrere Geschwister und mit welchem Altersabstand – Bruder und Schwester können sehr wichtige Bezugspersonen darstellen und das Familienleben gelingt am ehesten, wenn jeder seinen Raum zur Entfaltung bekommt. 

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