Insekten in Lebensmitteln: Hype oder echte Zukunftslösung?

Wenn es krabbelt, summt, surrt oder kriecht, ist die Reaktionsspanne riesig – von Ekel über Flucht bis hin zu Interesse. Dass dabei an leckere Nahrungsmittel gedacht wird, kommt eher selten vor – zumindest in Deutschland. Noch. Denn beim Thema Insekten in Lebensmitteln ändert sich aktuell einiges. Was in Afrika, Asien und Lateinamerika ganz normal ist, kommt auch immer mehr in der EU an: Insekten als wichtiger Bestandteil der Ernährung. Denn egal, ob Wurm, Fliege oder Grille – alle Tierchen haben Folgendes gemeinsam: Sie sind Proteinquellen und punkten mit einer klimafreundlichen Produktion.
Sind Speiseinsekten also eine gute Alternative für Proteinquellen oder doch nur ein schnelllebiger Hype? Wir schauen uns die Vor- und Nachteile der Krabbelkost an, zeigen die aktuellen Regelungen für den Gebrauch von Insekten als Lebensmittel und klären, was man beachten muss, wenn Larve und Co. plötzlich auf dem Speiseplan stehen.
Warum Insekten in Lebensmitteln?
Wer hätte gedacht, dass Mehlwürmer, Grillen und Larven ihren Weg in unsere Snacks und Nudeln finden? Was vor ein paar Jahren noch exotisch klang, ist mittlerweile Realität: Insekten sind in der EU offiziell als Lebensmittel zugelassen. So dürfen nun bestimmte Insektenarten wie der Mehlwurm oder die Hausgrille in verschiedenen Produkten verarbeitet werden – zum Beispiel in Form von Mehl für Teigwaren. Doch warum eigentlich? Es gibt verschiedene Gründe, warum Insekten als Lebensmittel der Zukunft gehandelt werden.
Vorteile von Insekten als Lebensmittel
- Hoher Proteingehalt: Insekten sind echte Proteinquellen! Mit bis zu 60 Prozent Eiweißanteil können sie viele Fleischsorten übertreffen.
- Nährstoffreich: Sie liefern wertvolle Omega-3-Fettsäuren, B-Vitamine sowie Mineralstoffe wie Eisen und Zink – ähnlich wie Rind, Schaf, Reh und Schwein, wenn die Tiere mindestens ein halbes Jahr draußen weiden.
- Nachhaltig: Die Insektenzucht benötigt deutlich weniger Wasser, Fläche und Futter als die Rinder- oder Schweinezucht. Zudem verursachen sie weniger CO₂-Emissionen.
- Hoher Verwertungsgrad: Fast 80 Prozent eines Insekts sind essbar, während beim Rind nur etwa 40 Prozent genutzt werden können. Weitere Fleischalternativen haben wir für dich genauer gecheckt.
Insekten essen – die Nachteile
- Der Igitt-Faktor: In Europa sind viele Menschen skeptisch oder haben Hemmungen, Insekten zu essen, da diese oftmals als Schädlinge wahrgenommen werden.
- Allergierisiko: Allergikerinnen und Allergiker, die auf Krebstiere oder Hausstaubmilben reagieren, könnten auch Unverträglichkeiten bei Insekten aufweisen. Hier ist Vorsicht geboten.
- Hygiene & Sicherheit: Für die Produktion der Insekten gibt es noch keine Regeln, was die hygienischen Bedingungen angeht. Daher solltest du darauf achten, dass die Insekten als Nahrungsmittel deklariert sind.
- Energieaufwand: Die Insektenzucht erfordert eine konstante Temperatur von 25 bis 30 Grad – Kritikerinnen und Kritiker sehen Probleme in dem hohen Energieverbrauch.
Welche Insekten kann man essen?
Wenn du dich dazu entscheidest Insekten zu essen, dann hast du schon eine ordentliche Auswahl, was auf den Teller kommen kann. Denn einige Insektenarten sind in der EU bereits zum Verzehr zugelassen. Wir geben eine kurze Übersicht:
- Gelber Mehlwurm
Als erstes Insekt wurde der Gelbe Mehlwurm in der EU als neuartiges Lebensmittel zugelassen. Die Larven des Mehlkäfers werden getrocknet und du kannst sie als Ganzes oder gemahlen verwenden. - Europäische Wanderheuschrecke
Gefroren oder getrocknet ohne Flügel und ohne Beine oder gemahlen – du hast die Wahl, wie du die europäische Wanderheuschrecke verspeist. - Hausgrille – auch Heimchen genannt
Die Hausgrille kann im Ganzen, gefroren, gefriergetrocknet oder als Pulver erworben werden. - Larve des Getreideschimmelkäfers – Buffalowurm
Der sogenannte Buffalowurm kann gefroren und getrocknet, in Pulverform oder als Paste in verschiedenen Lebensmitteln verarbeitet werden.
Noch nicht endgültig zulassen sind:
- die tropische Hausgrille
- die Larven der schwarzen Soldatenfliege
- die Honigbienendrohnenbrut
Aber nicht nur diese, sondern rund 2.000 Insektenarten sind für den Menschen gut verzehrbar. Hier gilt aber wieder der Spruch: andere Länder, andere Sitten. Während etwa Ameisen in Kolumbien und in Japan Wespenlarven auf den Teller kommen, tun wir uns in Deutschland damit noch etwas schwer.
Wichtig: Insekten in Lebensmitteln sind nicht gefährlich – solange keine Allergie vorliegt. Ein neues Lebensmittel bekommt von der Europäischen Kommission nur eine Zulassung, wenn kein Sicherheitsrisiko für die menschliche Gesundheit besteht.
Zubereitung und Geschmack
Insekten, egal ob verarbeitet oder als Ganzes, sollten nie roh gegessen werden – sonst besteht die Gefahr, dass Parasiten übertragen werden können. Sind Insekten verarbeitet und als Pulver oder Mehl in Lebensmitteln enthalten, schmeckst du wahrscheinlich keinen großen Unterschied. Als Ganzes geröstet oder gebraten sollen Mehlwürmer etwa einen nussigen Geschmack aufweisen und tatsächlich sehr lecker sein. Die Insekten am Stück bekommst du meist aus dem Onlinehandel. Hier heißt es probieren und selbst herausfinden, was und wie es einem schmeckt.
DAK Ernährungs-Coaching
Egal, ob mit oder ohne Insekten: Wie eine gesunde und ausgewogene Ernährung funktioniert, lernst du in unserem DAK Ernährungs-Coaching.
In welchen Lebensmitteln sind Insekten verarbeitet?
Ja, die kleinen Krabbler haben ihren Weg in unsere Lebensmittelregale gefunden und sind dort als Zusatzstoffe in bestimmten Lebensmitteln enthalten – zumindest bei denen, die sich darauf einlassen. Hier ein Überblick, wo die Tierchen überall drinstecken können:
- Backwaren: Brot, Brötchen und Kekse können mit Insektenmehl angereichert werden.
- Pasta: In Nudeln kann Mehl, etwa des Buffalowurms, verarbeitet werden.
- Soßen und Suppen: Auch hier kann Insektenpulver beigefügt werden.
- Fleisch- und Milchersatzprodukte: Insekten sind verarbeitet in diesen Produkten erlaubt. Aber Achtung: Ein solches Lebensmittel gilt dann nicht mehr als vegan.
- Schokolade: Verarbeitet können Insekten auch in Schokolade vorkommen.
Wie erkennt man, ob Insekten in Lebensmitteln sind?
Du kaufst aus Versehen Nudeln, in denen Insektenmehl verarbeitet ist – eher unwahrscheinlich. Denn Insekten in Lebensmitteln brauchen eine bestimmte Kennzeichnung. Wichtig dabei ist, dass der deutsche sowie der wissenschaftliche Name – dieser ist meist in Latein – genannt wird. Auch muss ausgewiesen sein, wie das Insekt in dem Produkt verarbeitet wurde, also etwa als Pulver. So erkennst du genau, in welchen Lebensmitteln Insekten verarbeitet sind, und kannst dich bewusst für oder gegen diese entscheiden.
Gut zu wissen: Tatsächlich sind Insekten in Lebensmitteln gar nicht so neu. Auf vielen Zutatenlisten steht der Zusatzstoff E 120 – echtes Karmin. Dies kommt beispielsweise in Süßigkeiten oder auch Milchprodukten vor. Überraschung: dieser Lebensmittelfarbstoff wird aus Läusen gewonnen – die weiblichen Läuse werden getrocknet und gemahlen – so entsteht der rote Farbstoff. Du willst darauf verzichten? Dann sollte in deinen Produkten die Variante E 124 vorkommen.
Woher kommen Speiseinsekten?
Insekten als Lebensmittel sind in vielen Kulturen seit Jahrhunderten fest verankert. In der EU gewinnen sie erst in jüngerer Zeit an Bedeutung. Doch woher stammen die Insekten, die auf unseren Tellern landen?
Die Speiseinsekten stammen hauptsächlich aus kontrollierten Insektenfarmen, etwa aus den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Deutschland. Bitte beachte: Die Herkunft der Tiere muss nicht gekennzeichnet sein. Was aktuell fehlt, sind klare Haltungsvorschriften – also wie viel Platz sie brauchen, was das geeignete Futter ist und auch, wie sie getötet werden sollten.
Achtung: Esse nur Insekten, die für den menschlichen Verbrauch gezüchtet wurden. Einfach eine Grille zu sammeln und zu essen ist keine gute Idee. Hierbei handelt es sich um Wildtiere, die mit Parasiten befallen sein können.
Insekten essen: was muss man beachten?
Du bist neugierig und willst den Food-Trend einmal ausprobieren? Dann achte auf folgende Punkte und los geht’s:
- Geschmack & Textur: Insekten haben je nach Zubereitungsart verschiedene Geschmäcker und Texturen. Du traust dich noch nicht direkt an einen ganzen Mehlwurm heran? Starte mit pulverisierten Mehlwürmern.
- Verarbeitung & Zusatzstoffe: Insektenprodukte enthalten oft Gewürze oder Zusätze. Ein Blick auf die Zutatenliste hilft, unerwünschte Stoffe zu vermeiden.
- Herkunft & Sicherheit: In der EU unterliegen Insekten, die zum Verzehr bestimmt sind, Kontrollen und Richtlinien. Bei Importprodukten aus anderen Ländern besteht das Risiko von Schadstoffbelastungen.
- Nachhaltigkeit vs. eigenes Gefühl: Im Hinblick auf Klimabilanz und Nachhaltigkeit punkten Insekten als Nahrungsmittel. Dir dreht sich dennoch der Magen um? Steh zu deinem Gefühl. Hol dir bei uns Tipps zu einer gesunden Ernährung oder informiere dich zu klimaschonenden Ernährungskonzepten wie etwa der Planetary Health Diet.
Nachhaltigkeit: Gesunde Erde – gesunde Menschen
Wie steht die DAK zum Klimaschutz? Was kann man typischen Klimaausreden entgegensetzen? Und was kann jeder von uns im Alltag für den Klimaschutz tun?
Quellenangaben