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Jo-Jo-Effekt vermeiden: Nachhaltig Gewicht verlieren

Jo-Jo-Effekt Adipositas: Eine Frau bereitet sich einen Smoothie vor

Den Jo-Jo-Effekt nach einem Abnehmerfolg kennen viele: Mit Disziplin wird eine Diät gehalten, dann ist sie vorbei und die mühsam verlorenen Kilos sind schneller wieder da als sie runter waren. Viele Menschen mit Gewichtsproblemen haben das schon erlebt. Wie frustrierend das sein kann, weiß auch Prof. Dr. Hans Hauner. Als Direktor des Else Kröner Fresenius Zentrums für Ernährungsmedizin und Professor für Ernährungsmedizin an der TU München betreut er Patientinnen und Patienten, die gesund abnehmen wollen.

Warum kommt es überhaupt zum Jo-Jo-Effekt?

Hans Hauner: „Die Hauptursache für den Jo-Jo-Effekt ist, dass sich durch die Gewichtsabnahme der Energieverbrauch verringert. Denn beim Abnehmen verliert man nicht nur Fettgewebe, sondern auch Muskelmasse.

Ein Beispiel: Nimmt man zehn Kilogramm ab, sind darunter ungefähr drei Kilo Muskelmasse. Im Vergleich zum Fettgewebe haben Muskeln sowohl im Ruhezustand als auch bei Belastung einen höheren Energieverbrauch. In der Folge hält man das neue Körpergewicht nur dann, wenn man auf Dauer die entsprechende Menge an Kalorien weniger verzehrt. Bei einer Gewichtsabnahme von zehn Kilo sind das ungefähr 300 Kalorien weniger.

Die meisten Menschen kehren aber irgendwann wieder zu ihren alten Essgewohnheiten zurück. Und damit haben sie sofort einen Energieüberschuss. Dieser Überschuss wird vom Körper als Energiedepot in Form von Fettgewebe gespeichert."

Wie vermeiden Betroffene den Jo-Jo-Effekt und nehmen nachhaltig ab?

Hans Hauner: „Die Menschen müssen verinnerlichen, dass sie auf Dauer anders essen müssen als vorher. Eine Gewichtsabnahme ist keine kurze Aktivität, die nach acht oder zwölf Wochen wieder vorbei ist. Dabei kommt es nicht darauf an, möglichst wenig zu essen, sondern die Essgewohnheiten so zu ändern, dass man nicht über seinen Kalorienbedarf hinaus isst. Ein Sättigungsgefühl darf und soll sich schon einstellen."

Wie schätzt man seinen neuen Kalorienbedarf nach einer Diät richtig ein?

Hans Hauner: „Den eigenen Kalorienbedarf in konkrete Zahlen zu fassen, ist für die meisten natürlich schwierig. In der Praxis ist das auch gar nicht notwendig. Mein Tipp an Betroffene: Stellen Sie sich einmal die Woche auf die Waage. Wenn Sie bemerken, dass Ihr Gewicht tendenziell wieder nach oben geht, sollten Sie sofort handeln. Entweder überprüfen Sie Ihre Ernährung und überlegen, wo Sie Kalorien weglassen können. Oder Sie fragen sich: Kann ich vielleicht noch mehr körperliche Aktivität in meinen Alltag einbauen? Aber meistens liegt es an der Ernährung, weil sich unbewusst wieder alte Essgewohnheiten einschleichen."

Wie lassen sich Essgewohnheiten langfristig umstellen?

Hans Hauner: „Wichtig ist, sich bewusst zu überlegen: Wie ernähre ich mich eigentlich? Eine einfache Methode ist, ein bis zwei Wochen lang alles aufzuschreiben, was man isst. Wirklich alles. Dazu gehört auch der Riegel zwischendurch. Wer sich seine Essgewohnheiten so wirklich mal bewusst macht, erkennt eigentlich sehr schnell, wo die Schwachpunkte liegen. Anschließend überlegt sich jeder individuell, wo er zukünftig besser aufpassen kann. Zu strenge Regeln sind dabei kontraproduktiv. Die lassen sich oft nicht durchhalten. Aber ein paar Einschränkungen sind notwendig, um ohne Jo-Jo-Effekt abzunehmen."

Eine Regel könnte zum Beispiel sein, zwischen den drei Hauptmahlzeiten keine Snacks zu essen. Oft isst man ja aus Gewohnheit und nicht, weil man wirklich Hunger hat.

Wie können diese Regeln aussehen?

Hans Hauner: „Eine Regel könnte zum Beispiel sein, zwischen den drei Hauptmahlzeiten keine Snacks zu essen. Oft isst man ja aus Gewohnheit und nicht, weil man wirklich Hunger hat. Manche brauchen kein Frühstück und kommen am Morgen mit einer Tasse Kaffee aus. Das ist dann auch in Ordnung. Es gibt kein Naturgesetz, das einem vorschreibt, dreimal am Tag zu essen. Manche haben lieber ein großes Frühstück und kommen dafür mittags mit weniger aus.

Isst jemand gerne Süßes, könnte man sich die Regel geben: Ich esse maximal eine Tafel Schokolade pro Woche. Und wenn ich mich an einem Tag nicht beherrschen kann und eine halbe Tafel davon esse, dann gibt es halt den Rest der Woche weniger. Solche flexiblen Kontrollmechanismen funktionieren besser als die Idee, sich immer hundertprozentig an etwas zu halten oder ganz auf etwas zu verzichten. Jeder Mensch ist anders, und am Ende kommt es darauf an, dass man ein Regelwerk findet, das für einen selbst funktioniert."

Und wenn es doch mal ein Snack zwischendurch sein muss?

Hans Hauner: „Wenn es jemand nicht ohne Snacks schafft, kann er sich Alternativen überlegen. Gemüse mit Quark zum Beispiel. Wichtig ist aber, dass die Alternativen auch attraktiv genug sind, damit man sich langfristig daran hält und nicht in alte Gewohnheiten abrutscht. Gerade wenn man Stress hat oder es einem mal nicht so gut geht.

Wem Gemüsesticks nicht ausreichen, der kann auch eine Banane essen oder sonst was aus dem Obstkorb. Auch ein energiearmer Riegel hilft, dieser sollte im Idealfall unter 200 Kalorien haben. In der Folge kann man vielleicht das Mittagessen etwas nach hinten verschieben oder kommt da mit weniger aus."

Gesunde Snacks für Zwischendurch

Diese gesunden Snack-Inspirationen der DAK helfen gegen den kleinen Hunger und halten länger satt als Chips oder Gummibärchen.


Gemüsesticks mit Hummus

150 g Gemüsesticks + 2 EL Hummus

120–150 kcal

Griechischer Joghurt mit Obst

150 g griechischer Joghurt (0,1% Fett) + 50 g Beeren

120–140 kcal

Handvoll Nüsse

30 g ungesalzene Nüsse

150–180 kcal

Edamame

100 g, gekocht

120–130 kcal

Vollkorn-Cracker mit Hüttenkäse

3 Cracker (30 g) + 50 g Hüttenkäse (0,5 % Fett)

120–150 kcal

Apfelscheiben mit Erdnussbutter

1 Apfel (ca. 150 g) + 1 EL Erdnussbutter

150–180 kcal

Kichererbsen-Snack

50 g geröstete Kichererbsen

120–130 kcal

Viele unserer Patientinnen und Patienten haben unzählige Diätkonzepte ausprobiert und sind immer wieder gescheitert. Sie sind dann fast schon misserfolgsorientiert und sagen sich: Das klappt bei mir doch eh nicht. Diese Spirale gilt es zu durchbrechen.

Wie motiviert man sich zum Abnehmen, wenn man den Jo-Jo-Effekt immer wieder erlebt hat?

Hans Hauner: „Viele unserer Patientinnen und Patienten haben unzählige Diätkonzepte ausprobiert und sind immer wieder gescheitert. Sie sind dann fast schon misserfolgsorientiert und sagen sich: Das klappt bei mir doch eh nicht. Diese Spirale gilt es zu durchbrechen. Zunächst sollte man sich fragen: Warum hat es diesmal nicht funktioniert? Habe ich die Diät nicht durchgehalten, weil ich mir zu strenge Regeln auferlegt habe? Kam etwas anderes dazwischen? Die meisten Leute wissen, warum es nicht geklappt hat, wenn sie intensiv darüber nachdenken. Und an diesen Stellschrauben kann und sollte man dann beim nächsten Versuch ansetzen.

Es gibt aber auch Leute, die bereits tief verinnerlicht haben, dass sie ,einfach nicht abnehmen können'. Gerade, wenn jemand aufgrund seiner Adipositas schon gesundheitliche Probleme hat, würde ich eine sogenannte Formula-Diät empfehlen. Dabei werden Mahlzeiten durch Proteindrinks ersetzt. Sie enthalten neben den Proteinen auch Kohlenhydrate, essenzielle Fettsäuren und die wichtigen Mikronährstoffe. Dabei beginnt man üblicherweise, indem man zwei der drei Hauptmahlzeiten mit einem Formuladrink ersetzt. Eine Portion sollte 200 bis 250 Kalorien nicht überschreiten. Die dritte Mahlzeit isst man normal, aber gesund.

Das Ziel ist es, damit ungefähr zehn Kilo abzunehmen. Dann isst man zwei Mahlzeiten wieder normal und versucht sein Gewicht zu stabilisieren. Zeitweise ist es auch möglich, alle drei Mahlzeiten durch Formula-Produkte zu ersetzen. Das kann man für bis zu zwölf Wochen machen. Damit nimmt man im Durchschnitt – je nachdem wie lange man die Diät macht und wie hoch das Kaloriendefizit ist – zwischen sieben und zwanzig Kilo ab. Das Gute an den Produkten ist, dass sie keinen großen Hunger erzeugen, höchstens in den ersten zwei, drei Tagen. Dann hat sich der Körper daran gewöhnt und steigt auf Fettverbrennung um. Damit kann man den Leuten dann zeigen, du kannst es doch! Das motiviert sehr."

Was ist bei so einer Formula-Diät unbedingt zu beachten?

Hans Hauner: „Eine Formula-Diät sollte man nur unter ärztlicher Aufsicht beginnen, denn sie ist nicht ganz ohne Risiken. Besonders für Menschen, die durch ihre Adipositas bereits Begleiterkrankungen haben. Auch jemand mit Diabetes muss seine Medikation an die neue Ernährung anpassen. Die Leute müssen auch ausreichend trinken, denn sonst leiden die Nieren.

Nach der Formula-Diät ist die größte Herausforderung natürlich, das Gewicht mit einer normalen, gesunden Ernährung zu stabilisieren. Da muss man die Betroffenen begleiten. Es lässt sich auch nie ganz vermeiden, dass das Gewicht wieder ein bisschen ansteigt. Das ist normal. Essgewohnheiten lassen sich nicht über Nacht ausknipsen. Nach ein bis zwei Jahren automatisiert sich das neue Essverhalten. Aber ein Rückfall ist immer möglich. Mit einem Gewichtsproblem muss man sein Leben lang auf seine Ernährung achten."

Inwiefern hilft Sport, um den Jo-Jo-Effekt zu vermeiden?

Hans Hauner: „Wer während einer Diät seine körperliche Aktivität erhöht und idealerweise Sport macht, schützt seine Muskelmasse. Einen gewissen Verlust an Muskelmasse kann man nie ganz vermeiden. Aber wer richtig Sport macht, reduziert den Verlust um bis zu 50 Prozent. Während einer Diät Muskeln aufzubauen, ist dagegen schwierig. Doch wer seine Muskelmasse schützt und auch nach der Diät weiter Muskeln aufbaut, hat bessere Karten, sein Gewicht zu halten, weil dadurch der Energieverbrauch im Ruhezustand höher ist."

Fünf Grundregeln, um dem Jo-Jo-Effekt entgegenzuwirken

  1. Überprüfen Sie Ihr Gewicht nach einer Diät regelmäßig, indem Sie einmal die Woche auf die Waage gehen. Sobald Sie wieder zunehmen, reduzieren Sie Ihre Kalorienzufuhr.
  2. Machen Sie Sport, um Muskeln aufzubauen und Ihren Energieverbrauch im Ruhezustand zu erhöhen.
  3. Überlegen Sie sich gesunde Snack-Alternativen, die Sie wirklich gerne essen (Beispiele finden Sie im Infokasten).
  4. Seien Sie einfühlsam mit sich selbst. Es darf auch schlechte Tage geben. Vielleicht hilft Ihnen auch unser achtsamkeitsbasiertes Antistress-Coaching.
  5. Suchen Sie sich Hilfe. Mit der DAK-Ernährungsberatung gehen Sie den Weg nicht mehr allein. Wir beteiligen uns auch an den Kosten von Abnehmkursen.

Menschen mit Übergewicht erfahren viel Stigmatisierung. Irgendwann geben sie sich dann vielleicht selbst die Schuld und denken, sie wären zu undiszipliniert. Es ist aber keine Sünde, wenn man mal irgendeine Regel nicht einhält. Die falsche Reaktion ist zu sagen: Ich schaffe es nicht, deswegen lasse ich es ganz sein. 

Welche Rolle spielt die Psyche beim Abnehmen ohne Jo-Jo-Effekt?

Hans Hauner: „Wir sind alle ständig von Essen umgeben und werden davon verführt. Das macht es einem wirklich schwer, sein Essverhalten im Griff zu behalten. Unsere Vorfahren kommen ja aus der Steinzeit, wo es überlebenswichtig war, sich alles Essbare sofort zu schnappen und reinzustopfen. Und diese alten Mechanismen sind immer noch in unserem Gehirn verankert.

Menschen mit Übergewicht erfahren viel Stigmatisierung. Irgendwann geben sie sich dann vielleicht selbst die Schuld und denken, sie wären zu undiszipliniert. Es ist aber keine Sünde, wenn man mal irgendeine Regel nicht einhält. Die falsche Reaktion ist zu sagen: Ich schaffe es nicht, deswegen lasse ich es ganz sein. Fehler kommen vor und sind erlaubt. Es gibt einfach Tage, da ist man nicht so gut drauf. Essgewohnheiten sind sehr, sehr stark verankert durch jahrzehntelange Gewohnheiten und Vorlieben. Und das zu ändern, ist nicht leicht."

Prof. Hans Hauner

Prof. Hans Hauner

Ernährungsmediziner und Diabetologe

Prof. Hans Hauner ist Direktor des Else Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin an der TU München. Seine Forschungsschwerpunkte: Ernährungsmitbedingte chronische Krankheiten wie Adipositas und Typ 2 Diabetes.


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