„Man kann bestimmten Erkrankungen regelrecht davonlaufen“ – Interview mit Dr. Helge Riepenhof
Dr. Helge Riepenhof ist Chefarzt im Zentrum für Rehabilitationsmedizin des BG Klinikum in Hamburg und Co-Autor des Buches „Die Bewegungs-Docs. Bewegung als Medizin". Im Interview erklärt er, warum bereits wenige Minuten Bewegung täglich einen wichtigen Effekt auf die Gesundheit haben – und was gerade Bauchfett so gefährlich macht.
Herr Dr. Riepenhof, ist Bewegung ein Allheilmittel?
Helge Riepenhof: „Auf jeden Fall. Man kann auch umgekehrt formulieren: Ein Lebensstil mit viel Bewegung verhindert Krankheiten oder sorgt zumindest für eine Verbesserung, wenn man an einer Krankheit leidet.“
Liegt das nur an den verbrannten Kilokalorien?
Helge Riepenhof: „Das Verbrennen von Energie ist schon ein wichtiger Teil der ganzen Geschichte. Wir ernähren uns heute oft zu kalorienreich, aber das Hauptproblem ist unser lebensstilbedingter Bewegungsmangel. In der Steinzeit hat sich der Mensch etwa neun bis 22 Kilometer täglich auf seinen eigenen Füßen fortbewegt. Heute sind es in der Gruppe der 37- bis 53jährigen statistisch 650 Meter pro Tag. 650 Meter! Das ist es, was krank macht. Und die Pandemie und der Trend zum Homeoffice haben diese negativen Trends noch einmal verstärkt.“
Wieviel Bewegung ist nötig, um seinen Körper gesund zu halten?
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Und was ist mit den berühmten 10.000 Schritten pro Tag?
Helge Riepenhof: „Die sind super, keine Frage. Aber das sind eben auch fast zehn Kilometer und damit an die zwei Stunden pro Tag. 10.000 Schritte sind ein hervorragendes Ziel und eine Regel, die man sich sehr gut merken kann. Aber im Alltag haben eben viele nicht die Möglichkeit und erreichen das Ziel leider nicht.“
Schon 1000 Schritte mehr am Tag haben einen Effekt auf Körperfettanteil, Blutdruck- und Blutzuckerwerte, sagt die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention. Reicht wirklich so wenig aus, um bereits einen gesundheitlichen Effekt zu sehen?
Helge Riepenhof: „Ja, wir wissen aus einer sehr guten Studie zur Herzinfarktrate: Wenn man über 4000 Schritte am Tag geht, fällt von da an in Tausenderschritten das Risiko für Herz- und Gefäßerkrankungen immer weiter nach unten. Man kann bestimmten Erkrankungen also regelrecht davonlaufen.“
Welche positiven Prozesse verursacht Bewegung im Körper ganz konkret?
Warum ist gerade das Bauchfett so gefährlich?
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Spielt Bewegung als Präventionsmaßnahme bei Krebserkrankungen eine erkennbare Rolle?
Wie kann Bewegung helfen, wenn man bereits an Krebs erkrankt ist?
Kann man auch nach vielen Jahren der Bewegungsarmut noch in ein gesünderes Leben starten? Oder ist es zu spät, wenn man bereits die Folgen spürt?
Helge Riepenhof: „Das ist das Großartige an unserem Körper: Man kann wirklich jederzeit den Schalter umlegen. Wenn man sich morgen entscheidet, den Tag mit einem ausgiebigen flotten Spaziergang zu beginnen, fühlt man sich nicht nur sofort besser – man reduziert auch sofort sein Krankheitsrisiko. Mit einer pflanzlich basierten, zuckerarmen Ernährung mit wenig Fleisch lassen sich diese für den Stoffwechsel positiven und antientzündlichen Effekte zusätzlich unterstützen. Natürlich sollte man mit seinem behandelnden Arzt sprechen, wenn man seinen Körper stärker fordern will, als er es bisher gewohnt ist. Langsame Steigerungen sind empfehlenswert. Aber generell kann man schon sagen: Für mehr Sport und Bewegung ist es wirklich nie zu spät.“