Nikotinbeutel: Trend mit hoher Suchtgefahr
Nikotinbeutel erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, insbesondere bei jungen Menschen. Diese tabakfreien Produkte versprechen einen Nikotinkick ohne Rauch, doch bergen sie gesundheitliche Risiken. Eine aktuelle Studie des LMU Klinikums in Kooperation mit dem Bundesamt für Risikobewertung (BfR) belegt, dass Nikotinbeutel ein hohes Suchtpotenzial aufweisen. Welche Gefahren noch drohen, erklären wir hier.
Was sind Nikotinbeutel?
Nikotinbeutel, auch als Chewing Bags, Nicopods oder Pouches bekannt, sind kleine Beutel, die ein Pulver enthalten. Dieses besteht aus Nikotinsalzen, mikrokristalliner Zellulose sowie Süß- und Aromastoffen. Tabak ist in den Nikotinbeuteln dagegen nicht enthalten. Sie werden üblicherweise zwischen Zahnfleisch und Oberlippe platziert, sodass das Nikotin über die Mundschleimhaut in den Blutkreislauf gelangt. Nach 20 bis 60 Minuten werden die Beutel unzerkaut wieder ausgespuckt.
Nikotinbeutel sind hierzulande ein noch eher junger Trend unter Jugendlichen. Sie werden von vielen als weniger schädlich als Zigaretten wahrgenommen. Verstärkt wird das noch dadurch, dass die Nicopods, ähnlich wie Vapes und E-Zigaretten, in einer Vielzahl von beliebten Geschmacksrichtungen erhältlich sind – sie schmecken fruchtig nach Zitrone, Beeren oder Mango, erinnern mit Minze an Kaugummi oder haben ein Kaffee-Aroma. Solche Aromastoffe kommen vor allem bei jungen Leuten gut an und setzen die Hemmschwelle, Nikotinprodukte auszuprobieren, weiter hinab. Womit die kleinen Pouches zudem punkten, ist die diskrete Anwendung. Denn: Im Gegensatz zu Zigaretten erzeugen sie keinen Rauch oder Geruch, können also überall unauffällig genutzt werden – ob zu Hause auf dem Sofa, in der Schule oder beim Shoppen. Eltern merken oft also gar nicht, ob beim Familienausflug oder am Filmeabend ein Nikotinbeutel zum Einsatz kommt.
Sind Nikotinbeutel in Deutschland verboten?
Als tabakfreies Produkt fallen Nikotinbeutel in Deutschland unter das Lebensmittelrecht. Offiziell unterliegen sie damit strengen Vorschriften und dürfen einen bestimmten Nikotingehalt nicht übersteigen, generell verboten sind sie allerdings nicht. In Kiosken und vor allem im Internet sind sie auch für Jugendliche leicht erhältlich, selbst Produkte, die die Referenzdosis für Nikotin überschreiten.
Komplett verboten sind dagegen die sogenannten Snus, die ähnlich verwendet werden wie Nikotinbeutel. Im Gegensatz zu diesen enthalten Snus allerdings Tabak und fallen hierzulande daher unter die Vorgaben des Tabakerzeugnisgesetzes. Demnach sind Tabakprodukte für den oralen Gebrauch verboten – also auch die Snus, ebenfalls geläufig unter „Lutschtabak“.
Nikotingehalt und Wirkung
Der durchschnittliche Nikotingehalt pro Beutel liegt bei etwa 10 Milligramm, kann aber stark variieren. Einige Produkte enthalten sogar bis zu 47,5 Milligramm Nikotin pro Beutel – etwa viermal so viel wie eine Zigarette. Ein Teil des enthaltenen Nikotins gelangt über die Mundschleimhaut in den Blutkreislauf und das Gehirn. Dort wirkt es wie Nikotin aus Zigaretten und regt die Ausschüttung von Botenstoffe wie Dopamin und Serotonin an. Als Folge fühlt man sich wohl, weniger gestresst und angespannt, wach und zum Beispiel sind auch das Erinnerungsvermögen und die Leistungsfähigkeit gesteigert. Diese Gefühle fördern das Verlangen nach Wiederholung. Man wird abhängig.
Der Nikotinspiegel im Blut, der durch Nicopods erreicht wird, ist vergleichbar mit dem, der beim Rauchen entsteht. Bei hochdosierten Produkten oder gleichzeitigem Konsum mehrerer Beutel kann er sogar deutlich höher liegen. Einige Jugendliche nutzen außerdem nicht nur die Nikotinbeutel, sondern vapen oder rauchen parallel.
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Gesundheitsrisiken und Gefahren
Die Verwendung von Nikotinbeuteln birgt insbesondere für folgende Personengruppen erhebliche Gesundheitsrisiken:
- Kinder und Jugendliche: Das Verschlucken von Nikotinbeuteln kann für Kinder lebensgefährlich sein. Zudem besteht ein hohes Suchtpotenzial, da das Gehirn junger Menschen besonders empfindlich auf Nikotin reagiert.
- Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Nikotin erhöht die Herzfrequenz. Die Studie des LMU Klinikums ergab, dass Nikotinbeutel mit 20 bis 30 Milligramm Nikotin für einen Anstieg um etwa 25 Schläge pro Minute sorgen. Auch der Blutdruck steigt, was für Personen mit bestehenden Herz-Kreislauf-Problemen gefährlich sein kann.
- Schwangere und Stillende: Nikotin kann die Entwicklung des ungeborenen Kindes beeinträchtigen, zu Totgeburten führen und über die Muttermilch an Säuglinge weitergegeben werden.
Darüber hinaus können Nikotinbeutel zu Mundtrockenheit oder Mundschleimhautirritationen führen und bei übermäßigem Konsum Vergiftungserscheinungen wie Übelkeit, Durchfall, Schwindel oder sogar Ohnmacht hervorrufen.
Nikotin: Verschlucken kann tödlich enden
Rund 50 Milligramm Nikotin können beim Verschlucken tödlich sein, so das Deutsche Krebsforschungszentrum. Die Menge ist auch abhängig von der individuellen Nikotintoleranz. Wichtig: Bei Kindern können schon kleinere Mengen tödlich sein, es reicht etwa die in einem Nikotinbeutel enthaltene Menge.
Nicopods: Was Eltern dagegen tun können
Als Eltern ist es wichtig, überhaupt über Nikotinbeutel informiert zu sein, denn viele kennen die Produkte gar nicht und wissen erst recht nicht, welche Gesundheitsrisiken damit verbunden sind.
Wenn Sie wissen oder denken, dass Ihr Kind Nikotinbeutel nutzt, sollten Sie offen darüber sprechen. Hier einige Tipps:
- Schaffen Sie eine vertrauensvolle Atmosphäre, in der Ihr Kind Fragen stellen und Bedenken äußern kann.
- Informieren Sie Ihre Kinder über die Risiken und das Suchtpotenzial von Nikotinbeuteln.
- Seien Sie ein Vorbild und verzichten Sie selbst auf Nikotin- und Tabakprodukte.
- Zeigen Sie Alternativen auf und fördern Sie gesunde Aktivitäten und Stressbewältigungsmethoden.
- Zögern Sie nicht, bei Verdacht auf Nikotinabhängigkeit Unterstützung zu suchen.
Nikotinbeutel stellen eine neue Herausforderung für Eltern und Gesundheitsexperten dar. Obwohl sie als „saubere" Alternative zu Zigaretten beworben werden, bergen sie erhebliche Gesundheitsrisiken und ein hohes Suchtpotenzial. Es ist wichtig, dass Eltern wachsam bleiben, gut informiert sind und offen mit ihren Kindern über die Gefahren dieser Produkte sprechen.
DAK Fachbereich
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