Direkt zum Inhalt

Wie tröstet man Kinder richtig?

Mutter tröstet ihr Kind

Wie viel Trost ist gut für mein Kind? Diese Frage stellt sich Eltern ab Tag eins nach der Geburt und bleibt im Grunde ein Leben lang erhalten – denn selbst im Erwachsenenalter brauchen Kinder manchmal noch den Trost ihrer Eltern. Die Meinungen über die richtige Portion Trost gehen jedoch weit auseinander. Hier erfährst du, warum Trost richtig und wichtig ist und wie du deinem Kind hilfst.

Jede Situation erfordert einen anderen Trost

Kinder empfinden anders als Erwachsene. Trost hat demnach viel mit Empathie und Verständnis für die kleine Kinderseele zu tun. Manches, was dir als Mutter oder Vater nicht so schlimm erscheint, ist für dein Kind gleichbedeutend mit einer Katastrophe. Auch das Schmerzempfinden ist bei jedem Menschen, erst recht bei Kindern und Erwachsenen, sehr verschieden ausgeprägt. Hilfreich für dich, um das passende Maß an Trost zu finden, ist deshalb die jeweilige Situation sowie Zeit und Ruhe. Kinder lassen sich relativ schnell trösten. Es wird nur schwieriger, wenn sie merken, dass du dir keine Zeit dafür oder sie in ihrem Kummer nicht ernst nimmst.

Trösten kann man nie genug

Während die Einen die Ansicht vertreten, dass Kinder nie zu viel Trost, Zuspruch und körperliche Nähe erfahren können, meinen Andere, zu viel Aufmerksamkeit und Trost führe zu Verweichlichung und verwöhne die Kinder übermäßig. Diese zweite Meinung allerdings darfst du ruhig in die Kategorie veraltet und überholt einsortieren. 

Franziska Kath, Psychologin bei der DAK-Gesundheit, betont: „Kinder brauchen mitfühlenden Trost, keine Erklärungen, warum eine Situation entstanden ist oder gar Ansagen, das Geheule sei unangemessen.“ Kein Kind weine, weil es nerven will. Es signalisiere damit vielmehr, dass Bedürfnisse gestillt werden wollen.

Ko-Regulation bis zum Schulalter

Insbesondere Babys und Kleinkinder sind auf die sogenannte Ko-Regulation durch ihre Bindungsperson angewiesen. In aller Regel sind Kinder nicht vor dem achten Lebensjahr vollständig in der Lage, ihre Gefühle vollständig selbst zu kontrollieren. Du solltest dir also Zeit nehmen, wenn dein Kind Kummer hat. Analysiere die Situation in einfachen Worten, ohne sie zu bewerten. „Du hast dich gestoßen. Du hast dir dein Knie aufgeschlagen. Das tut dir weh.“ Du kannst dein Kind in den Arm nehmen, es sanft wiegen und ruhig mit ihm darüber sprechen, was passiert ist. Die meisten Kinder entspannen sich durch dieses Ritual aus Körperkontakt, Wärme und besänftigendem Tonfall. Viele Kinder werden auch wieder still, wenn du ihnen etwas vorsingst, eine Hand mit sanftem Druck auf die Schulter legst, ein buntes Pflaster aufklebst oder das geliebte Kuscheltier die Wunde wegpustet. Bleibst du selbst ruhig und besonnen, wird sich dein Kind also schnell beruhigen. Zudem wird in solchen innigen Momenten das Bindungshormon Oxytocin ausgeschüttet, das deinem Kind starke Wurzeln gibt.

Lässt du dein Kind hingegen allein, gerät es in eine extreme Angstsituation, in der große Mengen an Stresshormonen freigesetzt werden. Besonders fatal ist das bei Babys: Hört der Säugling irgendwann auf zu weinen, hat er sich nicht etwa selbst beruhigt, sondern aufgegeben. Das kleine Kind hat die schmerzliche Erfahrung gemacht, mit seinem Kummer allein zu sein – eine Erfahrung, die sich einprägt, die festen Wurzeln lockert und das Kind im ungünstigsten Fall ein Leben lang begleiten kann. „Eltern, die ihr Kind – aus welchem Grund auch immer – nicht ruhig bekommen haben, müssen sich keine Vorwürfe machen. Zu seelischen Spätfolgen kommt es nicht, wenn man gelegentlich mal keine Kraft hatte, sein Baby zu beruhigen und es über ein paar Minuten geweint hat", entwarnt DAK-Psychologin Franziska Kath.  

Verständnis in Trotzsituationen aufbringen

Schwieriger als kleine Unfälle sind Situationen, in denen du „Nein“ gesagt hast: beim Eis, bei der Süßigkeit im Supermarkt, beim Fernsehen. Oder der Streit unter Freunden. Die Enttäuschung bricht sich meist in dicken Tränen und dramatischem Schreien Bahn, bei älteren Kindern auch in Beschimpfungen. Wichtig ist auch in derartigen Situationen, dass du versuchst, Verständnis für dein Kind aufzubringen, ruhig, aber konsequent und zugewandt zu bleiben. Wenn du dein Kind versuchst zu trösten und es gelingt dir nicht, wirst du dich mitunter hilflos fühlen oder wütend werden. Das ist allerdings kein Grund, das Trösten vorschnell aufzugeben, die Situation kleinzureden oder dich abzuwenden. Denn nicht deine sachliche Einschätzung, sondern der Schmerz deines Kindes bestimmt die Menge an Trost.  „Trösten heißt, starke Gefühle zu begleiten und in Worte zu fassen, ohne Bewertungen abzugeben“, sagt Franziska Kath. Wer als Kind Trost erfahren habe, lerne, seine Gefühle selbst zu regulieren, sich zu beruhigen und Traurigkeit zu überwinden.

Tipps, wie du dein Kind richtig tröstest

Wenn dein Kind Trost bei dir sucht, ist das ein wichtiges Zeichen dafür, dass es dir vertraut. Nimm es als Geschenk und versuche, auch in schwierigen Situationen

  • ruhig und besonnen zu bleiben
  • Verständnis zu zeigen („Ich weiß, dass dir das wehtut.“)
  • Die Situation zu schildern, ohne sie zu bewerten („Dein Freund hat dir dein Lieblingsspielzeug weggenommen.“)
  • dein Kind in den Arm zu nehmen, es zu streicheln, sanft zu wiegen
  • auszuhalten, dass sich dein Kind ausweint (auch und vor allem Jungen)
  • zu fragen, wie du ihm helfen kannst
  • Lösungsvorschläge anzubieten („Ich puste jetzt auf deine Wunde, dann heilt sie schneller.“ „Wir sprechen mit deiner Freundin und überlegen gemeinsam, was ihr nun tun könnt.“)

Übrigens:  „Perfekte" Trösterinnen und Tröster gibt es nicht

Nun gibt es Situationen im Alltag, in denen die Nerven brach liegen und du vielleicht einfach nicht mehr kannst. In solchen Situationen ist das Wissen um das perfekte Trösten zwar hilfreich, wenn die Kraft aber nicht reicht, darf sich das schlechte Gewissen nicht breit machen.

DAK-Psychologin Franziska Kath:  „Eltern haben einen Mammutjob. Der heutige Druck, alles gut, richtig ja und sogar perfekt zu machen, ist enorm. Dabei brauchen Kinder keine perfekten Eltern. Sie brauchen Eltern, auf die sie sich verlassen können, die liebevoll und für sie da sind – mit allen Ecken und Kanten. So wie Menschen nun einmal sind. Kinder müssen im Laufe ihres Heranwachsens auch lernen, gewisse Gefühle auszuhalten und sich selbst trösten zu können."

Fazit: Wenn du dein Kind mal nicht sofort getröstet, in den Arm genommen oder liebkost hast, führt das nicht zu seelischen Verletzungen. Höre auf dein Herz als Mutter oder Vater und versuche auf dein Kind einzugehen, wenn es dich braucht. Damit gibst du deinem Kind die Flügel, die es braucht, um eines fernen Tages gestärkt, zuversichtlich und mit Vertrauen ins Leben das wohlige Nest deiner Liebe zu verlassen. 

Aktualisiert am:
Telefonkontakt
040 325 325 555

Rund um die Uhr und zum Ortstarif