RSV-Infektionen bei Babys in Nordrhein-Westfalen: sechsmal so viele Klinikbehandlungen
Düsseldorf, 04. April 2023. Bei Neugeborenen und Säuglingen sind die Klinikbehandlungen mit dem sogenannten RS-Virus in Nordrhein-Westfalen drastisch gestiegen. Die Zahl der unter Einjährigen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) lag im 4. Quartal 2022 sechsmal höher als im gleichen Zeitraum 2018. Hochgerechnet auf alle in Nordrhein-Westfalen lebenden Kinder mussten im Winter 2022 rund 5.200 Babys im Krankenhaus behandelt werden. Das zeigt eine repräsentative DAK-Sonderanalyse des nordrhein-westfälischen Kinder- und Jugendreports. Als erste Krankenkasse hat die DAK-Gesundheit die Krankenhausbehandlungen von Kindern und Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf RSV-Infektionen bis Ende 2022 untersucht. Mediziner beobachten erhebliche Nachholeffekte nach der Corona-Pandemie. DAK-Landeschef Overdiek sieht akuten Handlungsbedarf der Landespolitik.
Für die DAK-Sonderanalyse im Rahmen des nordrhein-westfälischen Kinder- und Jugendreports untersuchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Vandage und der Universität Bielefeld Abrechnungsdaten von rund 143.000 Kindern und Jugendlichen bis 17 Jahren, die bei der DAK-Gesundheit versichert sind. Analysiert wurden die Jahre 2017 bis 2022. Damit legt die Krankenkasse erstmals aktuelle Daten zu RSV-Infektionen und Atemwegserkrankungen in Nordrhein-Westfalen vor. Nach der Analyse haben sich die Klinikbehandlungen von Neugeborenen und Säuglingen mit einer RSV-Infektion im Vergleich der vierten Quartale 2022 und 2018 versechsfacht. So wurden allein im Zeitraum Oktober bis Dezember 2022 mehr Kinder aufgrund von RSV in Krankenhäusern behandelt als in der kompletten Vor-Corona-Saison 2018/19, die ein gesamtes Jahr umfasst. Einen drastischen Anstieg gab es auch bei den besonders schweren Fällen: So hat sich die Zahl der Behandlungen auf Intensivstationen verdreifacht.
„Unsere Analyse zeichnet ein dramatisches Bild“, sagt Klaus Overdiek, Landeschef der DAK-Gesundheit in Nordrhein-Westfalen. „Es gibt akuten Handlungsbedarf in der Landespolitik. Wir müssen im Klinikbereich und im ambulanten Sektor zukünftig besser auf Infektionswellen vorbereitet sein. Unser Ziel muss es sein, die Gesundheit von Neugeborenen und Säuglingen zu schützen. Ein Personalmangel darf nicht zu einer Gefährdung der Versorgung führen.“
Ausfall der RSV-Welle in der Pandemie
Die DAK-Sonderanalyse macht deutlich, dass während der Covid-19-Pandemie in Nordrhein-Westfalen nahezu keine Kinder mit RSV-Infektionen im Krankenhaus behandelt worden sind. Nach der Corona-Pandemie hat sich der Höhepunkt der RSV-Welle zeitlich nach vorne verschoben. Und es wurden merklich mehr Kinder stationär versorgt: So verdreifachte sich in der Saison 2021/22 der Anteil der nordrhein-westfälischen Babys, die mit RSV im Krankenhaus behandelt wurden, im Vergleich zur Saison 2018/19. Hochgerechnet mussten in der Saison 2021/22 in NRW rund 7.700 Neugeborene und Säuglinge in Kliniken versorgt werden. Atemwegserkrankungen sind ein vergleichsweise häufiger Grund für eine Krankenhausbehandlung im Kindes- und Jugendalter. So waren in der Saison 2021/22 insgesamt 54 Prozent aller Krankenhausaufenthalte von Kindern und Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen auf Atemwegsinfekte zurückzuführen.
Medizin-Experten sehen erhebliche Nachholeffekte
„Die Ergebnisse zeigen genau das, was wir in den Praxen erlebt haben“, sagt Dr. Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbandes der Kind- und Jugendärzte. RSV-Infektionen seien die Ursache typischer saisonaler Atemwegsinfektionen, die wellenförmig verlaufen. Diese Wellen seien unvorhersehbar stark ausgeprägt, was natürlich erhebliche Auswirkungen auf die Krankheitslast nicht nur in den Kliniken habe. „Die Saison 2020/2021 ist wegen der Corona-Schutzmaßnahmen nahezu ausgefallen. Dieser Ausfall der Welle 2020/2021 und das zeitliche Vorziehen der sehr starken Welle 2021/2022 lassen den Schluss zu, dass es zu erheblichen Nachholeffekten infolge der Corona-Maßnahmen gekommen ist.“
Die DAK-Gesundheit ist mit 5,5 Millionen Versicherten die drittgrößte Krankenkasse Deutschlands und engagiert sich besonders für Kinder- und Jugendgesundheit. Insgesamt sind bei der Krankenkasse in Nordrhein-Westfalen rund eine Million Menschen versichert.
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