Brandenburg: Psychische Erkrankungen bei jugendlichen Mädchen bleiben auf hohem Niveau
Potsdam, 25. Januar 2024. Psychische Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen in Brandenburg stabilisieren sich auf hohem Vor-Pandemie-Niveau. Vor allem Mädchen zwischen 15 und 17 Jahren sind von Depressionen, Angststörungen und Essstörungen betroffen. Erstmals seit der Corona-Pandemie gab es 2022 zwar leichte Rückgänge der ambulanten und stationären Behandlungszahlen insgesamt. Es mussten aber noch deutlich mehr jugendliche Mädchen in ärztliche Behandlung als vor der Corona-Pandemie. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Analyse des Kinder- und Jugendreports der DAK-Gesundheit für Brandenburg. Vor dem Hintergrund der aktuellen Ergebnisse geben Experten keine Entwarnung. DAK-Landeschefin Grubitz möchte Betroffene und Ihre Familien bestärken, Hilfe bei psychischen Erkrankungen anzunehmen.
Für die aktuelle DAK-Sonderanalyse im Rahmen des Brandenburger Kinder- und Jugendreports untersuchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Vandage und der Universität Bielefeld Abrechnungsdaten von rund 43.600 Kindern und Jugendlichen bis einschließlich 17 Jahren, die bei der DAK-Gesundheit in Brandenburg versichert sind. Analysiert wurden anonymisierte Versichertendaten aus den Jahren 2017 bis 2022. Es ist die erste umfassende Analyse von ambulanten und stationären Behandlungen für diesen Zeitraum.
„Die Ergebnisse sind immer noch besorgniserregend, auch wenn leichte Rückgänge zu verzeichnen sind. Vor allem älteren Mädchen in Brandenburg geht es nicht gut. Wir dürfen die betroffenen Jugendlichen und ihre Eltern mit den Problemen nicht allein lassen. Das soziale Umfeld muss genau hinsehen, wenn sich junge Menschen verändern und zurückziehen. Hilfsangebote sind vorhanden und werden weiter ausgebaut. Wichtig ist es, diese Hilfe von Betroffenen und ihren Eltern in Anspruch zu nehmen“, sagt Anke Grubitz, Landeschefin der DAK-Gesundheit in Brandenburg.
Stabilisierung der Behandlungszahlen auf hohem Niveau
Die DAK-Auswertung zeigt, dass die Behandlungszahlen bei psychischen Erkrankungen und Verhaltensstörungen 2022 in Brandenburg im Vergleich zu 2021 insgesamt leicht rückläufig sind. So erhielten 2022 drei Prozent weniger jugendliche Mädchen im Alter von 15 bis 17 Jahren eine Neu-Diagnose in diesem Bereich als 2021. Bei Jungen steht ein Minus von elf Prozent. Mit Blick auf die Situation vor der Corona-Pandemie lagen die Behandlungszahlen im vergangenen Jahr weiterhin auf einem hohen Niveau – insbesondere bei jugendlichen Mädchen. Hier gab es 2022 im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 ein Plus von 17 Prozent. Insgesamt wurde 2022 bei 105 jugendlichen Mädchen je 1.000 in der Mark eine psychische Erkrankung oder Verhaltensstörung neu diagnostiziert.
„Wir sehen in der stationären Versorgung oder in den psychiatrischen Institutsambulanzen (PIA) verstärkt depressive Mädchen und Jugendliche mit Anpassungs- oder Angststörungen“, so Prof. Dr. med. Hubertus Adam, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters, GLG Martin-Gropius-Krankenhaus Eberswalde und Vorstandsmitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft der Leitenden Klinikärztinnen und Klinikärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie e. V. (bag kjpp). „Die aktuelle Situation ist ein Nachhall der Corona-Pandemie. Wir wissen, dass ca. 60 Prozent aller psychischen Erkrankungen im Erwachsenenalter ihren Ursprung im Jugendalter haben, das zeigt dringenden Handlungsbedarf. Die Kinder und ihre Eltern sind belastet und brauchen Hilfe.“
Jugendliche Mädchen leiden besonders
Die aktuelle Analyse des Kinder- und Jugendreport für Brandenburg belegt, dass sich vor allem jugendliche Mädchen im Alter zwischen 15 und 17 Jahren mit Depressionen, Angststörungen und Essstörungen erstmalig in ärztlicher Behandlung begeben. Zwar ging die Neuerkrankungsrate bei Depressionen 2022 um neun Prozent auf rund 38 Mädchen je 1.000 zu 2021 zurück. Doch im Vergleich mit den erhobenen Daten vor Ausbruch der Corona-Pandemie, steigen die Zahlen. (Plus 25 Prozent zu 2019). Bei Ängsten und Essstörungen sind die Trends in Brandenburg vergleichbar. 2022 erkrankten ebenfalls rund 38 jugendliche Mädchen neu an einer Angststörung. Das sind neun Prozent weniger als 2021 – im Vergleich zu 2019 waren es allerdings 25 Prozent mehr. Bei Essstörungen liegen die Neuerkrankungen 2022 im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozent höher. Mit Blick auf 2019 stiegen die Zahlen allerdings um 24 Prozent auf 8,4 je 1.000 an.
Jungen seltener in Behandlung als Mädchen
Die Brandenburger DAK-Analyse verdeutlicht, dass Jungen im Jugendalter seltener aufgrund von psychischen Erkrankungen oder Verhaltensstörungen behandelt werden. So erhielten 2022 elf Prozent weniger 15- bis 17-jährigen Jungen eine Neudiagnose in diesem Bereich als im Vor-Pandemie-Jahr 2019.
„Jungs zeigen in der Regel eher nach außen gerichtete Reaktionen auf psychische Belastungen, ein sogenanntes externalisierendes Verhalten. Ganz sicher sind sie aber nicht weniger von seelischen Krisen betroffen. Die geringen Fallzahlen legen daher nahe, dass die Angst von Jungen vor Stigmatisierung durch die Kinder- Psychiatrie und Psychotherapie zugenommen hat, entsprechende Anlaufstellen daher nicht oder zu spät aufgesucht werden. Sie scheuen sich schlicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen“, interpretiert Prof. Adam die Zahlen.
Die DAK-Gesundheit ist mit 5,5 Millionen Versicherten die drittgrößte Krankenkasse Deutschlands und engagiert sich besonders für Kinder- und Jugendgesundheit. Insgesamt sind bei der Krankenkasse in Brandenburg rund 250.000 Menschen versichert.
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