Medienbezogene Störungen: Res@t-Studie startet
Hamburg, 24. Juli 2024. Auf etwa sechs Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland treffen die Merkmale sogenannter Medienbezogener Störungen zu – das heißt, sie nutzen digitale Medien in einem problematischen Ausmaß. Das am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) entwickelte Therapiekonzept „Res@t“ setzt hier an und überträgt evidenzbasierte Behandlungsoptionen in eine App-Anwendung für Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern. Interessierte Familien können ab sofort im Rahmen einer bundesweiten Studie an dem App-Trainingsprogramm teilnehmen. Das Forschungsprojekt wird durch den Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) mit rund 4,78 Millionen Euro gefördert und läuft bis August 2025.
Digitale Medien wie Streaming-Angebote, soziale Medien und digitale Spiele sind fester Bestandteil des Alltags von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Dabei werden digitale Medien von Kindern und Jugendlichen mehrheitlich funktional, also gemäß ihren individuellen Bedürfnissen in der Freizeit, genutzt. Ein Teil von ihnen entwickelt jedoch Symptome Medienbezogener Störungen (MBS) bis hin zu einem abhängigen Verhalten. Als wesentliches Merkmal von MBS gilt, dass Kinder und Jugendliche ihr digitales Konsumverhalten nicht mehr kontrollieren können. Als Folge kommt es zu bedeutsamen Einschränkungen und Konflikten in ihrem Alltag – die Schulleistungen lassen nach, sie leiden unter Schlafmangel oder pflegen kaum noch soziale Kontakte.
Das App-basierte Trainingsprogramm „Res@t – Ressourcenstärkendes Adoleszenten- und Eltern-Training bei Medienbezogenen Störungen“ des UKE soll anhand verschiedener Module dazu beitragen, die Symptome bei einem problematischen Nutzungsverhalten von digitalen Medien zu reduzieren sowie emotionale Stressregulation, soziale Fähigkeiten und einen gesunden Lebensstil der Kinder und Jugendlichen zu fördern. Das Trainingsprogramm besteht aus zehn Modulen, die wöchentlich freigeschaltet werden. Jedes Modul dauert etwa 20 Minuten und befasst sich mit unterschiedlichen Aspekten Medienbezogener Störungen: Zu Beginn liegt der Fokus auf der Entstehung und Aufrechterhaltung der problematischen Mediennutzung, anschließend konzentriert sich das Training auf die Entwicklung verschiedener Fähigkeiten und Techniken, die die Grundlage für einen funktionalen und kontrollierten Medienkonsum bilden. Das App-Trainingsprogramm richtet sich explizit auch an die Eltern: „Wir wissen aus unserer therapeutischen Erfahrung, dass bei Kindern und Jugendlichen mit kritischem Medienkonsumverhalten die Familie ebenfalls stark belastet ist. Daher orientiert sich ,Res@t‘ an den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen sowie der Elternteile gleichermaßen und bietet hier individualisierte Unterstützungsangebote an. Das App-Trainingsprogramm bildet damit eine ganzheitliche und mobile Ergänzung zur kinder- und jugendpsychiatrischen Behandlung“, sagt Prof. Dr. Rainer Thomasius, Leiter des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) am UKE und Konsortialleiter der Studie.
Zehnwöchiges App-Training
Teilnehmen an der Studie zur „Res@t“-Trainingsapp können Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 19 Jahren, die ein riskantes digitales Mediennutzungsverhalten aufweisen, sowie deren Eltern. Die Teilnahme erfolgt therapiebegleitend bei einer der Kooperationspraxen und -kliniken der Studie. Vor Zulassung zur Studie wird mit den Kindern und Jugendlichen ein standardisiertes Medienscreening durch die behandelnden Ärzt:innen durchgeführt. Das App-Training selbst dauert zehn Wochen. Unmittelbar im Anschluss sowie nach weiteren zehn Wochen erfolgen Befragungen zur Überprüfung der Symptomatik. Nach Abschluss des Forschungsprojekts 2025 soll das „Res@t“-Trainingsprogramm bei erfolgreicher Evaluierung deutschlandweit zugänglich gemacht werden.
Durchgeführt wird die Studie unter Leitung des DZSKJ am UKE in Kooperation mit dem Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland e.V. (BKJPP), dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) der Universitätsmedizin Rostock, der AOK Rheinland/Hamburg, der BARMER Ersatzkasse, der DAK-Gesundheit, der Techniker Krankenkasse und dem technologischen Partner Embloom.