DAK Versorgungsreport 2024: Chronische Wunden – Versorgungssituation und Optimierungspotenziale
Hintergrund
- Chronische Wunden sind Wunden, die innerhalb von acht Wochen nicht abgeheilt sind oder eine Behandlung der zugrundeliegenden Ursache erfordern, um zu heilen.
- Diese Wunden entstehen häufig durch oder im Zusammenhang mit Erkrankungen wie Diabetes (diabetisches Fußgeschwür), chronischer Veneninsuffizienz (venöses Beingeschwür), peripherer arterieller Verschlusskrankheit (arterielles Beingeschwür) oder bei mobilitätseingeschränkten Menschen als Druckgeschwür (Dekubitus).
- Menschen mit chronischen Wunden sind in ihrer Lebensqualität und funktionellen Gesundheit ganz erheblich beeinträchtigt: Sie leiden in der Regel unter teilweise starken Schmerzen und sind in ihrer Mobilität und sozialen Teilhabe eingeschränkt.
- Bei vielen Betroffenen bestehen die Wunden über lange, teilweise mehrjährige, Zeiträume und treten wiederholt neu auf.
- Vor diesem Hintergrund hat die DAK-Gesundheit in Zusammenarbeit mit Wundexpertinnen und -experten unter dem Titel „Innovative Wundversorgung - gut vernetzt, besser verheilt“ ein Konzept für eine sektorenübergreifende und stärker integrierte Versorgung ihrer Versicherten entwickelt.
- Dieses Konzept wird seit 2018 im Rahmen eines Vertrags der Besonderen Versorgung (§ 140a SGB V) erprobt.
- Das wesentliche Ziel des DAK-Wundvertrags ist, durch eine Verhinderung der Wundprogression und eine Verkürzung der Behandlungszeit bis zum Erreichen eines stabilen Wundschlusses die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
- Die Vertragsumsetzung befand sich zum Zeitpunkt der Erarbeitung des vorliegenden DAK-Versorgungsreports (2023/24) noch in der Pilotphase.
- Der vorliegende DAK-Versorgungsreport beinhaltet neben einer umfassenden Analyse der aktuellen Versorgung von DAK-Versicherten mit chronischen Wunden auch erste Ergebnisse aus dieser Pilotphase des DAK-Wundvertrags.
- Damit sollen zum einen die fachliche Diskussion über die Verbesserung der Wundversorgung in Deutschland unterstützt, darüber hinaus aber auch Erkenntnisse für die weitere Optimierung entsprechender Versorgungs- bzw. Vertragskonstrukte gewonnen werden.
Methodik
- Die Analyse der aktuellen Versorgung chronischer Wunden stützt sich auf Abrechnungsdaten von Versicherten der DAK-Gesundheit, die im Zeitraum vom 01.01.2017 bis 31.12.2021 wegen einer chronischen Wunde in ärztlicher Behandlung waren.
- Das Verfahren zur Identifikation von chronischen Wunden in den DAK-Routinedaten orientiert sich an der Vorgehensweise einer früheren Versorgungsforschungsstudie (Köster und Schubert, 2015).
- Für den vorliegenden Versorgungsreport wurde der Ansatz jedoch methodisch weiterentwickelt und an die Leistungskataloge und -definitionen des Untersuchungszeitraums angepasst.
- Eine Wundepisode ist in diesem Kontext definiert als die kontinuierliche Behandlung von einer oder mehreren chronischen Wunden über einen Zeitraum von mehr als 56 Tagen. Diese ist gekennzeichnet durch eine lückenlose Folge von Behandlungsquartalen, in denen jeweils eine wundrelevante Diagnose sowie eine wundassoziierte Leistung in den Abrechnungsdaten dokumentiert sind.
- Das Auswertungskonzept für die Analyse der aktuellen Versorgung chronischer Wunden gliedert sich in eine jahresbezogene und eine wundepisodenbezogene Analyse.
- Das Ziel der jahresbezogenen Analyse ist die Darstellung der Häufigkeit chronischer Wunden (Jahresprävalenz) und der mit der Wundversorgung einhergehenden Wundversorgungsleistungen innerhalb eines Kalenderjahres. Diese Analysen weisen demnach eine eher epidemiologische Perspektive auf, bei der alle Wundbehandlungen innerhalb eines feststehenden Zeitraums in den Analysen berücksichtigt werden.
- Der zweite Auswertungsstrang analysiert das Versorgungsgeschehen auf Basis der Wundepisoden (die sich u.U. über mehrere Jahreszeiträume erstrecken können).
- Die wundepisodenbezogenen Analysen fokussieren demnach auf die Behandlungsdauer und das Auftreten von Komplikationen im Verlauf der einzelnen Wundepisoden.
- Für die Analyse der Pilotphase des DAK-Wundvertrags wird auf Basis anonymisierter Versorgungsdaten des Vertrages untersucht, welche Versicherte mit welchen Wunden am Vertrag teilnehmen, wie sich der Wundverlauf während der Teilnahme am Wundvertrag gestaltet und mit welchem Ergebnis die Vertragsteilnahme endet.
Epidemiologie chronischer Wunden
Häufigkeit chronischer Wunden bei DAK-Versicherten
- Chronische Wunden lassen sich in Abrechnungsdaten von Krankenkassen nicht eindeutig identifizieren, weil es im amtlichen Klassifikationssystem zur Verschlüsselung von Diagnosen (ICD-10-GM) keinen erkrankungsübergreifenden Diagnosekode für die Verschlüsselung einer chronischen Wunde gibt.
- Die Höhe der geschätzten Häufigkeit chronischer Wunden hängt daher in hohem Maße davon ab, wie streng die Kriterien gewählt werden, mit denen chronische Wunden in Abrechnungsdaten identifiziert werden (enge bzw. weite Definition).
- In der weiten Definition einer chronischen Wunde sind im Zeitraum 2017 bis 2021 jedes Jahr zwischen 232.000 und 247.000 DAK-Versicherte von einer chronischen Wunde betroffen.
- Dies entspricht einer administrativen Jahresprävalenz zwischen 6,3 % und 6,6 % aller DAK-Versicherten ab einem Alter von 40 Jahren.
- In der engen Definition einer chronischen Wunde weisen jedes Jahr zwischen 93.000 und 97.000 DAK-Versicherte eine chronische Wunde auf.
- Die Prävalenz chronischer Wunden gemäß der engen Definition beläuft sich auf 2,4 % bis 2,6 %.
- Tendenziell kann die enge Wunddefinition als belastbarer erachtet werden.
Tabelle 1: Anzahl der DAK-Versicherten ab 40 Jahren mit einer chronischen Wunde gemäß weiter bzw. enger Definition einer chronischen Wunde im Zeitraum 2017 bis 2021
Prävalenz chronischer Wunden nach Alter und Geschlecht
- Die Prävalenz chronischer Wunden steigt mit dem Alter kontinuierlich an.
- Bis zu einem Alter von 60 Jahren sind weniger als 1,1 % der jeweiligen Altersgruppe von chronischen Wunden betroffen.
- Im Alter zwischen 60 und unter 80 Jahren sind es zwischen 1,0 % und 4,2 %.
- Im Alter zwischen 80 und unter 85 Jahren befindet sich etwa jeder Zwanzigste im Jahresverlauf zumindest zeitweise in Wundbehandlung (Frauen: 4,8 %, Männer: 6,2 %), ab einem Alter von 85 Jahren ist es mehr als jeder Zehnte (Frauen: 10,6 %, Männer: 11,1 %).
- Es bestehen ausgeprägte Prävalenzunterschiede zwischen Frauen und Männern, die mit dem Alter nahezu kontinuierlich ansteigen.
- Männer weisen dabei durchgängig über alle Altersgruppen eine höhere Wundprävalenz als Frauen auf.
Tabelle 2: Jahresprävalenz chronischer Wunden (enge Definition) bei DAK-Versicherten ab 40 Jahren im Jahr 2021 nach Alter und Geschlecht
Prävalenz chronischer Wunden nach Indikationsbereich
- Gemäß einer Hochrechnung auf Basis der alters- und geschlechtsspezifischen Jahresprävalenz chronischer Wunden bei DAK-Versicherten waren im Jahr 2021 deutschlandweit etwa 1 Million Personen ab einem Alter von 40 Jahren zumindest zeitweise wegen einer chronischen Wunde in ärztlicher Behandlung.
- Dies entspricht einer administrativen Jahresprävalenz von 2,1 % bezogen auf die Bevölkerung ab 40 Jahren.
- Chronische Wunden können nach der zugrundeliegenden Erkrankung einem oder mehreren von insgesamt acht unterschiedlichen Indikationsbereichen zugeordnet werden: Ulcus cruris, diabetisches Fußsyndrom, Dekubitus, posttraumatische Wunden, postoperative Wunden bei bösartigen Neubildungen, Entzündungen/Abszesse/Infektionen, Verbrennung/Verätzung und Amputationswunden (Mehrfachnennung möglich).
- Chronische Wunden aus dem Bereich Ulcus cruris sind mit einer auf Deutschland hochgerechneten Jahresprävalenz von 1,3 % (ca. 620.000 Personen) am häufigsten vertreten, gefolgt von den Indikationsbereichen diabetisches Fußsyndrom (DFS) mit einer Prävalenz von 0,7 % (ca. 355.000 Personen), posttraumatischen Wunden (Prävalenz: 0,6 %; ca. 300.000 Personen), Dekubitus und Hauttumoren (Prävalenz: jeweils 0,5 %; ca. 220.000 bis 240.000 Personen) sowie Infektionen (Prävalenz: 0,4 %; ca. 190.000 Personen).
Tabelle 3: Prävalenz chronischer Wunden (enge Definition) im Jahr 2021 nach Indikationsbereich
Versorgung chronischer Wunden
Ambulante ärztliche Versorgung chronischer Wunden
- Bei etwa der Hälfte der Wundpatientinnen und -patienten (50,1 %) ist in den Abrechnungsdaten eine gesondert abrechnungsfähige wundassoziierte ambulante Leistung dokumentiert.
- Das bedeutet umgekehrt, dass die ambulante Versorgung von etwa der Hälfte der Wundpatientinnen und -patienten den in den Grundpauschalen inkludierten Leistungsumfang („Basiswundversorgung“) nicht übersteigt.
- Die am häufigsten durchgeführten, gesondert abrechnungsfähigen Behandlungsleistungen sind der Behandlungskomplex einer oder mehrerer sekundär heilender Wunden und/oder Dekubitalulcus (-ulcera) (GOP 02310), der bei 18,9 % aller Wundpatientinnen und -patienten erbracht wurde, und kleinchirurgische Eingriffe der Kategorie I und/oder primäre Wundversorgung und/oder Epilation (GOP 02300), die bei 17,1 % aller Wundpatientinnen und -patienten erbracht wurden.
- Etwa 7,9 % aller Wundpatientinnen und -patienten weisen gesondert vergütete, arztgruppenspezifische Leistungen/Leistungskomplexe aus dem fachärztlichen Versorgungsbereich von Ärzten aus den Fachrichtungen Chirurgie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde (HNO), Dermatologie, Orthopädie und Unfallchirurgie auf.
Tabelle 4: Versorgung mit ambulanten ärztlichen wundassoziierten Leistungen im Jahr 2021
Ambulante wundassoziierte Operationen und Prozeduren
- Die im Jahr 2021 am häufigsten durchgeführte ambulante Operation bei chronischen Wunden ist die radikale und ausgedehnte Exzision von erkranktem Gewebe und Unterhaut (OPS 5 895), die bei 3,8 % aller Wundpatientinnen und -patienten durchgeführt wurde.
- Die Durchführung einer chirurgischen Wundtoilette (Wunddebridement) mit Entfernung von erkranktem Gewebe an Haut und Unterhaut (OPS 5 896) ist bei 1,5 % der Wundpatientinnen und -patienten dokumentiert.
- Im Durchschnitt weisen Wundpatientinnen und -patienten mit diesem Versorgungsbedarf 1,2 bzw. 1,4 ambulante Behandlungsfälle mit Durchführung dieser Leistungen auf, in denen durchschnittlich 2,2 bzw. 3,5 dieser Operationen/Prozeduren durchgeführt werden.
- Die übrigen untersuchten Operationen und Prozeduren werden nur bei einem sehr kleinen Teil der Wundpatientinnen und -patienten erbracht und sind für die Wundversorgung von untergeordneter Bedeutung.
Tabelle 5: Häufigkeit der Durchführung ambulanter wundassoziierter Operationen und Prozeduren im Jahr 2021
Verbandmittelversorgung bei chronischen Wunden
- Wundpatientinnen und -patienten erhielten im Jahr 2021 im Durchschnitt 7,2 Verbandmittelverordnungen.
- Die am häufigsten verordneten Verbandmittelprodukte sind einfache Wundkompressen (Mull, Gaze) mit 21,4 % aller Verordnungen und Schaumverbände (16,1 %) gefolgt von Saugkompressen (8,7 %), Salbenverbänden/Salbenkompressen (7,8 %) und silberhaltigen Verbandmittelprodukten (5,7 %).
- Einfache Wundkompressen dienen vorrangig zum Abdecken der Wunde und sind nur sehr begrenzt für die Aufnahme von Wundexsudat geeignet. Etwas mehr als die Hälfte der Wundpatientinnen und -patienten (55,2 %) werden im Behandlungsverlauf mit einfachen Wundkompressen per ärztlicher Verordnung versorgt.
- 34,9 % aller Wundpatientinnen und -patienten werden im Wundverlauf zumindest zeitweise mit Schaumverbänden versorgt. Sie werden vorrangig während der Exsudationsphase und der Proliferations-/Granulationsphase eingesetzt und dienen der Aufnahme größerer Exsudatmengen und Zellbestandteile, wodurch Exsudatstau in der Wunde vermieden wird.
- Saugkompressen, die bei 16,2 % aller Wundpatientinnen und -patienten zumindest teilweise zur Anwendung kommen, haben eine ähnliche Funktion wie Schaumverbände: Die Aufnahme erhöhter Exsudatmengen. Sie werden insbesondere bei tiefen Wunden, Abszessen, entzündlichen Wundprozessen und Brandwunden eingesetzt.
- Mit 25,0 % erhält ein relativ hoher Anteil der Wundpatientinnen und -patienten zumindest zeitweise Salbenkompressen/Salbenverbände verordnet. Salbenkompressen dienen der atraumatischen Wundversorgung, bei der das unterliegende Körpergewerbe nicht oder nur möglichst gering verletzt wird. Vorwiegend werden chronische Wunden aus den Indikationsbereichen Dekubitus, Posttraumatische Wunden, Hauttumor und Verbrennung versorgt.
- Silberhaltige Wundauflagen/Wundverbände können bei exsudierenden chronischen Wunden mit dem Risiko oder den Anzeichen einer lokalen Infektion zur Anwendung kommen. Im Jahr 2021 ist für 14,6 % aller Wundpatientinnen und -patienten mindestens eine Verordnung silberhaltiger Wundauflagen/Wundverbände in den Abrechnungsdaten dokumentiert. Jeder siebte Wundpatient wurde demnach gezielt mit der Art des Verbandmittels wegen einer Wundinfektion behandelt.
- Bei 22,9 % der Verbandmittelverordnungen des Jahres 2021 wurde ein Verbandmittelprodukt verordnet, zu dem in der Fachinformation der ABDA keine Angabe des Verbandmitteltyps vorhanden war.
Tabelle 6: Häufigkeit der Verordnung von Verbandmitteln im Jahr 2021
Leistungen der häuslichen Krankenpflege bei chronischen Wunden
- Bei 33,1 % aller Wundpatientinnen und -patienten wurde 2021 der regelmäßige Verbandswechsel im Rahmen der häuslichen Krankenpflege von einem ambulanten Pflegedienst durchgeführt.
- Die Versorgung einer chronischen Wunde gemäß der HKP-Richtlinie soll – im Gegensatz zur Versorgung einer Akutwunde – von einem Leistungserbringer erbracht werden, der sich auf die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden spezialisiert hat.
- Die einer spezialisierten Versorgung entsprechende Leistung (Wundversorgung einer chronischen und schwer heilenden Wunde (APN B81)) wurde nur bei 9 % der Versicherten abgerechnet.
Tabelle 7: Inanspruchnahme von Leistungen im Rahmen der Häuslichen Krankenpflege (HKP) im Jahr 2021
Stationäre Krankenhausbehandlungen bei chronischen Wunden
- 11,0 % der Wundpatientinnen und -patienten wurden im Laufe eines Jahres (2021) auch stationär behandelt. Je stationär behandelte Patientin oder Patient ergeben sich 1,3 Krankenhausfälle.
- In 37,0 % aller wundassoziierten Krankenhausbehandlungen wurde eine chirurgische Wundtoilette durchgeführt.
- In 27,2 % der Krankenhausfälle erfolgt eine temporäre Weichteildeckung beispielsweise durch Hauttransplantation oder Hautersatzmaterial.
- Eine Amputation (und Exartikulation) des Fußes findet in 17,2 % der wundassoziierten Krankenhausbehandlungen und in weiteren 4,7 % findet eine Amputation der unteren Extremität statt.
- Die Revision eines Amputationsgebietes wird in 3,5 % der vollstationären Behandlungen durchgeführt.
- Für die 13.635 wundassoziierten Krankenhausbehandlungen wurden insgesamt 17.219 wundrelevante Hauptdiagnosen dokumentiert.
- Auf Basis der Diagnoseangaben kann eine Zuordnung zu den Indikationsbereichen und eine orientierende Abschätzung der relativen Häufigkeit von Krankenhausbehandlungen vorgenommen werden.
- Chronische Wunden aus den Bereichen Infektion (245 je 1.000 Wundpatientinnen und -patienten dieses Indikationsbereichs) und Verbrennung (188 je 1.000) weisen die höchste Krankenhausbehandlungsquote auf, gefolgt von Diabetisches Fußsyndrom (129 je 1.000) und Hauttumorerkrankungen (105 je 1.000).
Tabelle 8: Verteilung des Indikationsbereichs der (Fachabteilungs-)Hauptdiagnose wundassoziierter vollstationärer Krankenhausbehandlungen im Jahr 2021
Kosten der Versorgung chronischer Wunden
- Die Gesamtkosten der DAK für die Versorgung chronischer Wunden summieren sich über alle berücksichtigten Leistungsbereiche zu rund 280 Mio. Euro im Jahr 2021.
- Umgelegt auf 96.101 Wundpatientinnen und -patienten mit mindestens einem Wundbehandlungstag im Jahr 2021 ergeben sich durchschnittliche Versorgungskosten in Höhe von 2.900,- Euro je Wundpatientin oder Wundpatient.
- Hochgerechnet auf die Bevölkerung Deutschlands ergeben sich bei etwa 1 Million Betroffenen somit jährliche Versorgungskosten von etwa 2,9 Mrd. Euro.
- Auf vollstationäre Behandlungen entfallen fast die Hälfte der Gesamtkosten.
- Auf die Verbandmittelversorgung entfallen weitere etwa 30 % der Kosten, gefolgt von der häuslichen Krankenpflege (ca. 13 %) und der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung (knapp 8 %).
- In die Schätzung fließen ausschließlich der Wundversorgung spezifisch zurechenbare Kosten aus den Leistungsbereichen ambulante vertragsärztliche Behandlung, ambulante Behandlung im Krankenhaus, vollstationäre Krankenhausbehandlung, Verbandmittelversorgung und Wundversorgung im Rahmen der häuslichen Krankenpflege ein.
Tabelle 9: Kosten der Versorgung chronischer Wunden im Jahr 2021
Wundheilungsverlauf bei chronischen Wunden mit Wundbeginn im Zeitraum 01.01.2017 bis 31.12.2019
- Von 100 Versicherten, die wegen einer chronischen Wunde behandelt werden, sind definitionsgemäß nach 56 Tagen alle noch in Behandlung.
- Nach insgesamt 90 Tagen sind 64 sind noch immer in Behandlung, bei 31 ist die Wundheilung eingetreten und 5 sind vor Eintritt einer Heilung verstorben.
- Nach 180 Tagen sind 33 noch immer in Behandlung, bei 57 ist Heilung eingetreten und 10 sind verstorben.
- Nach 360 Tagen sind die Wunden bei 73 Versicherten geheilt, 14 sind verstorben und bei 13 dauert die Wundbehandlung weiter an.
- Nach Ablauf von zwei Jahren sind noch etwa 4 Versicherte in Behandlung, nach Ablauf von vier Jahren noch eine Person.
- Die mediane Behandlungsdauer einer chronischen Wunde beläuft sich auf 130 Tage.
Abbildung 1: Wundheilungsverlauf bei chronischen Wunden (kumulative Inzidenz der Ereignisse Wundheilung und Tod)
Wundbehandlungsdauer chronischer Wunden mit Wundbeginn im Zeitraum 01.01.2017 bis 31.12.2019
- Von den gut 200.000 in der Analyse untersuchten Wundepisoden lassen sich fast 40 % der Wundartgruppe Ulcus cruris (UC) zurechnen.
- 20 % der Wundepisoden sind der Wundartgruppe UC & DFS zuzurechnen. Die Patientinnen und Patienten dieser Gruppe weisen sowohl Diagnosen aus dem Spektrum der UC-typischen Grunderkrankungen (pAVK, CVI) als auch Diagnosen des Diabetischen Fußsyndroms auf.
- Auf die Wundartgruppe DFS (diabetisches Fußsyndrom) entfallen 11 % aller Episoden und auf Dekubitus etwa 9 %.
- Die verbleibenden 20 % der Wundepisoden sind der heterogenen Wundartgruppe Übrige zugeordnet (z.B. posttraumatische/postoperative Wunden).
- Bei 35 % aller Wundepisoden ist die Behandlung (aufgrund von Heilung oder Versterben) nach spätestens 90 Tagen abgeschlossen.
- Dieser Anteil ist in der Wundartgruppe UC & DFS mit 19 % deutlich niedriger und bei Dekubitus – vor allem aufgrund der überdurchschnittlichen Mortalität dieser Patientengruppe – mit 49 % deutlich höher.
- Die UC & DFS-Wundepisoden weisen mit 28 % den höchsten Anteil mit einer Behandlungsdauer von mehr als 360 Tagen auf, gefolgt von UC mit 15 % und DFS mit knapp 10 %.
- In der Wundartgruppe UC & DFS beläuft sich die mediane Behandlungsdauer auf 197 Tage, in der Wundartgruppe UC auf 139 Tage, in der Wundartgruppe DFS auf 123 Tage, in der Wundartgruppe Dekubitus auf 91 Tage und in der Wundartgruppe Übrige auf 89 Tage.
Tabelle 10: Dauer der Wundepisoden nach Wundartgruppen
Häufigkeit wundassoziierter Komplikationen bei chronischen Wunden mit Wundbeginn im Zeitraum 01.01.2017 bis 31.12.2019
- Bei über 13,6 % aller Wundepisoden kommt es im Verlauf zu mindestens einem ausgedehnten chirurgischen Debridement.
- Bei über einem Drittel dieser Patientinnen und Patienten erfolgt das Debridement bereits in den ersten 56 Behandlungstagen.
- Die Analyse nach Wundartgruppen zeigt deutliche Unterschiede: In den Wundartgruppen UC & DFS und Übrige erhalten 18,6 % bzw. 17,1 % ein ausgedehntes Debridement, in den Gruppen UC und DFS liegen die Anteile bei 12,3 % bzw. 10,4, in der Gruppe Dekubitus bei 5,0 %.
- Zu (mindestens) einer Amputation kommt es in 3,2 % aller Wundepisoden.
- Von allen Amputationen erfolgen knapp 85 % während des ersten Behandlungsjahrs, 28 % bereits während der ersten 56 Behandlungstage.
- Amputationen sind in der Wundartgruppe UC & DFS mit über 10 % der Episoden weitaus am häufigsten. In den Gruppen UC und DS beträgt die Häufigkeit ca. 2 %, bei Dekubitus 0,3 % und bei den Übrigen 0,5 %.
Tabelle 11: Häufigkeit des Auftretens von ausgedehnten Debridements und Amputationen im Ver-lauf von Wundepisoden (nach Wundartgruppen)
Wundhistorie am Beginn der Wundbehandlung
- Knapp 20 % der Wundpatientinnen und -patienten waren innerhalb eines Jahres vor Beginn der aktuell untersuchten Wundepisode bereits wegen einer chronischen Wunde in Behandlung, deren Wundheilung zum Zeitpunkt der Entstehung der aktuell untersuchten Wundepisode bereits abgeschlossen war.
- Besonders häufig ist dies bei Wunden der Wundart UC & DFS der Fall (26,3 %).
- Den Abrechnungsdaten kann nicht entnommen werden, ob es sich hierbei um ein Wundrezidiv handelt, d. h. die alte, eigentlich abgeheilte Wunde an der gleichen Körperstelle erneut aufgetreten ist, oder ob es sich um eine neue Wunde an einer anderen Körperstelle handelt.
- 5,6 % der Wundpatientinnen und -patienten weisen innerhalb eines Jahres vor Beginn der aktuell untersuchten Wundepisode eine wundassoziierte Krankenhausbehandlung auf.
- In der Wundartgruppe UC & DFS fällt der Anteil mit einer vorangegangenen wundassoziierten Krankenhausbehandlung mit 7,8 % am höchsten aus, gefolgt von der Wundartgruppe Übrige.
Tabelle 12: Wundhistorie nach Wundartgruppe
Ergebnisse aus der Pilotphase des DAK-Wundvertrages
Vertragsteilnahme der DAK-Versicherten
- Im Zeitraum vom 01.01.2018 bis 31.12.2022 wurden insgesamt 461 DAK-Versicherte mit mindestens einer chronischen Wunde in den Vertrag eingeschrieben.
- 66 DAK-Versicherte nahmen mehrfach am Vertrag teil.
- Die Einschreibung erfolgte durch 120 innerhalb dieses Zeitraums am Vertrag teilnehmende Ärztinnen und Ärzte aus 108 Arztpraxen.
- Der Frauenanteil der Vertragsteilnehmerinnen und -teilnehmer beläuft sich auf 53,1 %.
- 15,6 % der Vertragsteilnehmerinnen und -teilnehmer waren unter 60 Jahre alt, 17,1 % im Alter von 60 bis unter 70 Jahren, 28,6 % im Alter von 70 bis unter 80 Jahren und 38,7 % waren 80 Jahre und älter.
- Von den am 31.12.2022 (Stichtag der Datenauswertung) abgeschlossenen 470 Vertragseinschreibungen weisen 5,7 % eine Einschreibedauer von bis zu vier Wochen auf.
- 30,2 % der Vertragseinschreibungen dauerten 29 bis 90 Tage.
- Bei 27,0 % der Einschreibungen beträgt die Einschreibedauer 91 bis 180 Tage und bei 21,5 % 180 bis 360 Tage.
- Lediglich 15,5 % der Vertragseinschreibungen weisen eine Einschreibedauer von mehr als 360 Tagen auf.
Tabelle 13: Einschreibedauer der am DAK-Wundvertrag teilnehmenden Wundpatientinnen und -patienten
Ausschreibungsgründe
- Die Mehrzahl der Vertragsausschreibungen erfolgte aufgrund eines erfolgreichen Wundschlusses: Bei 52,8 % der Vertragsteilnehmerinnen und -teilnehmer endete die Vertragsteilnahme mit diesem Ausschreibungsgrund.
- Bei weiteren 10,0 % der Vertragsteilnehmerinnen und -teilnehmer endete die Vertragsteilnahme durch einen Sterbefall bei laufender Versorgung einer chronischen Wunde innerhalb des Wundvertrags. Die Todesfälle erfolgten mit, nicht wegen der chronischen Wunde.
- Bei den übrigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern (37,2 %) wurde die Vertragseinschreibung durch Teilnahmeabbruch beendet:
- 10,9 % der Vertragseinschreibungen wurden wegen mangelnder Adhärenz ausgeschrieben,
- 2,1 % wegen des Ausbleibens einer Heilungstendenz nach 16 Wochen und
- 13,4 % aufgrund des Erreichens der maximalen Teilnahmedauer (16 Intervalle von jeweils 28 Tagen).
- Die übrigen Vertragsbeendigungsgründe umfassen Krankenhausaufenthalte mit einer Verweilzeit von mehr als vier Wochen (2,6 %), Widerruf / Kündigung (3,6 %) und sonstige Gründe (4,7 %).
Tabelle 14: Ausschreibungsgrund der am DAK-Wundvertrag teilnehmenden Wundpatientinnen und -patienten
Wundeinschreibungen
- Im Zeitraum vom 01.01.2018 bis 31.12.2022 (Stichtag der Datenauswertung) wurden insgesamt 845 Wunden in den Vertrag eingeschrieben.
- Der mit 44,1 % größte Anteil der im Rahmen der Vertragsteilnahme versorgten chronischen Wunden entfällt auf den Indikationsbereich Ulcus cruris (373 Wunden).
- Wunden aus dem Indikationsbereich Diabetisches Fußsyndrom machen 14,9 % der Wunden aus (126 Wunden).
- 16,8 % der Wunden entfallen auf den Indikationsbereich Dekubitus (142 Wunden).
- Der Anteil der Sonstige Wunden, zu denen unter anderem posttraumatische Wunden und Wunden im Zusammenhang mit Infektionen gehören, beläuft sich auf 24,1 % (204 Wunden).
Tabelle 15: Indikationsbereich der Wundeinschreibungen im Rahmen der Teilnahme am DAK-Wundvertrag
Vergleich der Wundepisoden von Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Wundvertrags mit Wundpatientinnen und Wundpatienten, die nicht am Vertrag teilgenommen haben
- Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Wundvertrags sind zu deutlich höheren Anteilen von komplexen Wundepisoden aus dem Indikationsbereich Ulcus Cruris betroffen sind.
- Diese komplexen Wundepisoden sind dadurch gekennzeichnet, dass neben einer Diagnose aus dem Bereich Ulcus Cruris auch Diagnosen aus dem Bereich Diabetisches Fußsyndrom und/oder Diagnosen aus weiteren Indikationsbereichen vorliegen.
- Summiert über diese komplexen Wundarten (UC & DFS, UC & weitere Indikationsbereiche, UC & DFS & weitere Indikationsbereiche) weisen 79,1 % der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Wundvertrags eine solche komplexe Wundepisode mit Beteiligung eines Ulcus Cruris auf. In der Vergleichsgruppe sind es lediglich 43,6 %.
- Demgegenüber sind Wundepisoden ohne Beteiligung von Ulcus Cruris, Diabetisches Fußsyndrom und Dekubitus bei Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Wundvertrags deutlich unterrepräsentiert.
- Der Vergleich zwischen Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Wundvertrags und der Vergleichsgruppe zeigt demnach, dass in den Vertrag insbesondere Wundpatientinnen und -patienten mit komplexen Wundverläufen unter Beteiligung von Wunden aus dem Indikationsbereich Ulcus Cruris eingeschlossen werden.
Tabelle 16: Wundart der Wundepisoden von Teilnehmerinnen und Teilnehmern des DAK-Wundvertrags und der Vergleichsgruppe
Vergleich der fachärztlichen Versorgung von Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Wundvertrags mit Wundpatientinnen und Wundpatienten, die nicht am Vertrag teilgenommen haben
- Die Wundversorgung von Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Wundvertrags wird stark überproportional von Ärztinnen und Ärzten der Fachrichtungen Chirurgie, Gefäßchirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie und Plastische Chirurgie gesteuert.
- Gemeinsam ist diesen vier Fachrichtungen, dass sie spezialisiert in der Anwendung chirurgischer Verfahren der Wundbehandlung sind.
- Dies korrespondiert mit dem Befund, dass Vertragsteilnehmerinnen und -teilnehmer zu deutlich höheren Anteilen von komplexen Wundepisoden aus dem Indikationsbereich Ulcus Cruris betroffen sind (siehe oben).
- Die Auswertungen lassen den Schluss zu, dass die aktuelle Vertragsgestaltung tendenziell eher Ärztinnen und Ärzte anspricht, die qua ihrer Fachrichtung auf die (auch invasive) Behandlung chronischer Wunden spezialisiert sind.
- Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner werden durch den Vertrag und seine Leistungen offenbar weniger stark angezogen.
Tabelle 17: Primär wundbehandelnde Facharztgruppe der Wundepisoden von Teilnehmerinnen und Teilnehmern des DAK-Wundvertrags und der Vergleichsgruppe
Wundheilungsverlauf Ulcus cruris
Abbildung 2: Wundheilungsverlauf Ulcus cruris (kumulative Inzidenz der Ereignisse Wundheilung, Teilnahmeabbruch und Tod)
Wundheilungsverlauf Diabetisches Fußsyndrom
Abbildung 3: Wundheilungsverlauf Diabetisches Fußsyndrom (kumulative Inzidenz der Ereignisse Wundheilung, Teilnahmeabbruch und Tod)
Wundheilungsverlauf Dekubitus
Abbildung 4: Wundheilungsverlauf Dekubitus (kumulative Inzidenz der Ereignisse Wundheilung, Teilnahmeabbruch und Tod)
Wundheilungsverlauf Sonstige Wunden
Abbildung 5: Wundheilungsverlauf Sonstige Wunden (kumulative Inzidenz der Ereignisse Wundhei-lung, Teilnahmeabbruch und Tod)
Zusammenfassung
- Gemäß einer Hochrechnung auf Basis der alters- und geschlechtsspezifischen Jahresprävalenz chronischer Wunden bei DAK-Versicherten waren im Jahr 2021 deutschlandweit etwa 1 Million Personen ab einem Alter von 40 Jahren zumindest zeitweise wegen einer chronischen Wunde (enge Definition) in ärztlicher Behandlung.
- Dies entspricht einer administrativen Jahresprävalenz von 2,1 % bezogen auf die Bevölkerung ab 40 Jahren.
- Etwa die Hälfte der Wundpatientinnen und -patienten weist einen besonderen ärztlichen Behandlungsbedarf auf, der durch die Erbringung gesondert abrechnungsfähiger wundassoziierter ambulanter ärztlicher Leistungen gekennzeichnet ist.
- 7,9 % aller Wundpatientinnen und -patienten weisen gesondert vergütete, arztgruppenspezifische Leistungen/Leistungskomplexe aus dem fachärztlichen Versorgungsbereich von Ärzten aus den Fachrichtungen Chirurgie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde (HNO), Dermatologie, Orthopädie und Unfallchirurgie auf.
- 33,1 % aller Wundpatientinnen und -patienten waren beim regelmäßigen Verbandswechsel auf die Unterstützung eines ambulanten Pflegedienstes im Rahmen der häuslichen Krankenpflege angewiesen.
- 11,0 % der Wundpatientinnen und -patienten wurden im Laufe eines Jahres (2021) auch vollstationär wegen ihrer Wunde behandelt.
- Bei über 13,6 % aller Wundepisoden kommt es im Verlauf zu mindestens einem ausgedehnten chirurgischen Debridement.
- Zu (mindestens) einer Amputation kommt es in 3,2 % aller Wundepisoden.
- Bei komplexen Wundverläufen mit Beteiligung von Diagnosen aus den Indikationsbereichen Ulcus Cruris und Diabetisches Fußsyndrom wird in über 10 % der Fälle eine Amputation durchgeführt.
- Die mediane Behandlungsdauer einer chronischen Wunde beläuft sich auf 130 Tage.
- Bei 14 % der Patientinnen und Patienten dauert die Behandlung länger als ein Jahr.
- Die Versorgung chronischer Wunden ist mit jährlichen Kosten in Höhe von 2.900,- Euro je Wundpatientin oder Wundpatient verbunden.
- Hochgerechnet auf die Bevölkerung Deutschlands ergeben sich bei etwa 1 Million Betroffenen somit jährliche Versorgungskosten von etwa 2,9 Mrd. Euro.
- Teilnehmerinnen und Teilnehmer des DAK-Wundvertrags weisen zu höheren Anteilen komplexe Wundverläufe aus dem Bereich Ulcus Cruris auf, bei denen neben einer Diagnose aus dem Bereich Ulcus Cruris auch Diagnosen aus dem Bereich Diabetisches Fußsyndrom und/oder Diagnosen aus weiteren Indikationsbereichen vorliegen.
- Entsprechend werden sie zu deutlich höheren Anteilen als die Vergleichsgruppe primär von Fachärztinnen und Fachärzten behandelt, die qua Fachrichtung eine Spezialisierung für die Anwendung chirurgisch-invasiver Wundbehandlungsverfahren aufweisen.
Fazit
- Chronische Wunden sind ein verbreitetes und aufgrund der massiven Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betroffenen sehr gravierendes Gesundheitsproblem.
- Die aktuelle Versorgungssituation bei chronischen Wunden wird von Fachgesellschaften und Verbänden in diesem Bereich seit Langem kritisch diskutiert.
- Demnach fehlt es zum einen in der ambulanten ärztlichen Versorgung an den erforderlichen Kompetenzen und Spezialisierungen, die vor allem für die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit problematischen Verläufen erforderlich sind. Zum anderen wird beklagt, dass solche Patientinnen und Patienten zu spät in eine spezialisierte Versorgung überwiesen werden.
- Der Vertrag der DAK-Gesundheit zur Besonderen Versorgung gem. § 140a SGB V („Innovative Wundversorgung – gut vernetzt, besser geheilt“) reagiert auf diese Situation mit einem fachlich fundierten Paket von Maßnahmen, die zu einer schnelleren Wundheilung bei den teilnehmenden Versicherten gegenüber der Regelversorgung führen sollen.
- Mit dem Vertrag, der sich derzeit noch in der Pilotphase befindet, werden derzeit zu einem überwiegenden Teil Versicherte mit bereits bei Einschreibung lange bestehenden und komplizierten Wunden von vorwiegend besonders spezialisierten Ärztinnen und Ärzten versorgt.
- Diese Ausrichtung des Vertrages ist einerseits zu begrüßen, da den besonders schwer betroffenen Versicherten in größerem Umfang Hilfen angeboten und den in der Wundversorgung besonders engagierten Ärztinnen und Ärzten ggf. zusätzliche Handlungsmöglichkeiten eröffnet werden.
- Mit Blick auf die Fortsetzung des DAK-Wundvertrages wäre zu empfehlen, das Vertragskonstrukt bzw. die Implementierung so anzupassen, dass zu einem größeren Anteil auch Ärztinnen und Ärzte der Grundversorgung, also insbesondere aus dem hausärztlichen Versorgungsbereich, wo die große Mehrzahl der Wundpatientinnen und -patienten versorgt wird, an dem Vertrag teilnehmen.
- Dies böte auch die Chance, den als kritisch anzusehenden Faktor einer rechtzeitigen Überweisung in eine spezialisierte Versorgung bei komplizierter oder protrahierter Wundheilung durch vertragliche Maßnahmen besser zu adressieren.