DAK-Gesundheitsreport 2019: Sucht 4.0 – Trinken, Dampfen, Gamen in der Arbeitswelt
Trinken, Dampfen, Gamen – das Suchtrisiko von Millionen Beschäftigten hat gravierende Folgen für Betroffene und die Arbeitswelt. Der Krankenstand bei den betroffenen Erwerbstätigen ist doppelt so hoch. Ferner sind sie häufig unkonzentrierter im Job oder kommen zu spät zur Arbeit. Das zeigt der aktuelle DAK-Gesundheitsreport 2019.
Auf einen Blick: die wichtigsten Ergebnisse in Zahlen
- Menschen mit Substanzstörung fehlen nicht nur häufiger, sondern sind auch unkonzentrierter im Job oder kommen zu spät zur Arbeit.
- Insgesamt zeigen vor allem junge Arbeitnehmer – außer beim Rauchen – einen auffälligen Konsum (Alkohol, Gaming, Social Media).
- 7,4 Prozent der Erwerbstätigen sind in ambulanter Behandlung (Tabak: 6,1 Prozent, Alkohol: 1,2 Prozent)
- 80 Prozent der Erwerbstätigen trinken Alkohol, 10 Prozent (4 Millionen) betreiben riskanten und 0,9 Prozent (370.000) schädlichen Alkoholkonsum. 0,4 Prozent (160.000) haben eine mögliche Alkoholabhängigkeit.
- 22 Prozent (9 Millionen) der Erwerbstätigen rauchen, fast die Hälfte davon auch während der Arbeitszeit.
- Knapp 5 Prozent der Erwerbstätigen dampfen E-Zigarette, überwiegend (71,9 Prozent) mit Nikotin.
- 56,1 Prozent der Erwerbstätigen spielen Computerspiele, 6,5 Prozent (2,6 Millionen) haben eine riskante Nutzung, 1 Prozent (400.000) haben eine Internet Gaming Disorder.
- Arbeitnehmer mit Substanzstörung fehlen deutlich häufiger; der Krankenstand ist mit 7,6 Prozent doppelt so hoch. Betroffene haben vor allem mehr Fehltage bei psychischen Erkrankungen, aber auch bei Muskel-Skelett-Erkrankungen, Erkrankungen des Atmungssystems und wegen Verletzungen.
Alkohol, Rauchen, Gamen - das Risiko ist real
Nach der repräsentativen Studie hat jeder zehnte Arbeitnehmer einen riskanten Alkoholkonsum – hochgerechnet betrifft das vier Millionen Menschen. Erstmals untersucht der Report auch das Thema Computerspielsucht in der Arbeitswelt. Ergebnis: Rund 2,6 Millionen Erwerbstätige haben ein riskantes Nutzungsverhalten.
„Sucht betrifft alle Bereiche unseres Lebens und damit auch stark das Berufsleben“, betont die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler. „Umso wichtiger ist es, dass auch Arbeitgeber offen mit dem Thema Sucht umgehen. Sie müssen ihrer Fürsorgepflicht gerecht werden und Mitarbeiter frühzeitig ansprechen und Hilfe anbieten.“
Arbeitnehmer mit Substanzstörung fehlen deutlich öfter im Job
Laut DAK-Gesundheitsreport 2019 fehlen Arbeitnehmer mit Hinweisen auf eine sogenannte Substanzstörung (Verhaltensmuster, bei dem Betroffene weiterhin eine Substanz verwenden, obwohl diese Probleme verursacht) deutlich öfter im Job als ihre Kollegen ohne auffällige Probleme. Der Krankenstand der Betroffenen ist mit 7,6 Prozent doppelt so hoch (Nicht Betroffene 3,8%). Interessant: Sie fehlen nicht direkt wegen ihrer Suchtproblematik häufiger, sondern haben mehr Fehltage in allen Diagnosegruppen.
Alkohol: Jeder zehnte Arbeitnehmer trinkt riskant
Laut unserer Studie hat jeder zehnte Arbeitnehmer in Deutschland einen riskanten Alkoholkonsum. Damit setzen sich rund vier Millionen Erwerbstätige mit ihrem Trinkverhalten Risiken aus, krank oder abhängig zu werden. Der Großteil der direkten Krankmeldungen bei Suchtproblemen ist auf Alkohol zurückzuführen (74 Prozent).
„Die hohe Zahl der Betroffenen ist alarmierend. Der riskante Umgang mit Alkohol bleibt ein zentrales Problem in unserer Gesellschaft, das auch gravierende Folgen in der Arbeitswelt hat“, sagt der Vorstandsvorsitzende der DAK-Gesundheit Andreas Storm. „Deshalb wollen wir das Thema Sucht aus der Tabuzone holen und eine breite und offene Debatte anstoßen. Wir müssen hinschauen, dürfen Betroffene nicht allein lassen und müssen frühzeitig Verantwortung übernehmen.“
Computerspiele: 2,6 Millionen Beschäftigte spielen riskant
Erstmals untersucht der Report auch das Thema Gaming und seine Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Demnach spielt mehr als jeder zweite Erwerbstätige (56,1 Prozent) Computerspiele. 6,5 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland gelten als riskante Gamer und 400.000 erfüllen die Kriterien einer Internet Gaming Disorder (Computerspielsucht).
Das heißt: 2,6 Millionen Beschäftigte zeigen auffälliges Nutzungsverhalten. Jeder Vierte von ihnen spielt auch während seiner Arbeitszeit. Gaming beeinflusst die Arbeitswelt und die Gesundheit der Mitarbeiter stark.
Rauchen ist verbreitetste Sucht
Das Rauchen von Zigaretten ist laut DAK-Report die verbreitetste Sucht, die auch die Arbeitswelt betrifft. Insgesamt gibt es nach der DAK-Studie unter den Erwerbstätigen 6,5 Millionen abhängige Raucher. Fast jeder zweite Raucher raucht auch während seiner Arbeitszeit, also außerhalb der Arbeitspausen. Raucher von E-Zigaretten greifen oft parallel zur herkömmlichen Zigarette, belegt der DAK-Report. Rund 5 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland dampfen.
Download: Studie zum Herunterladen
DAK-Gesundheit mit neuem Angebot bei Alkoholproblemen
Mit Blick auf die Ergebnisse des Reports bietet die DAK-Gesundheit ab sofort ein neues präventiv ansetzendes Hilfsangebot bei Alkoholproblemen an – und schließt damit eine Versorgungslücke in Deutschland. Bislang fehlen flächendeckende und wirksame Angebote.
Versicherte der Krankenkasse können das Online-Coaching „vorvida“ kostenlos nutzen, um ihren Alkoholkonsum zu reduzieren.
Hintergründe zur Studie
Der DAK-Gesundheitsreport 2019 "Sucht 4.0" untersucht umfassend die krankheitsbedingten Ausfalltage sowie ärztliche Behandlungen bei Suchterkrankungen und wirft einen Blick auf die Auswirkungen in der Arbeitswelt. Für die Untersuchung wurden Daten zur Arbeitsunfähigkeit von rund 2,5 Millionen erwerbstätigen Versicherten der DAK-Gesundheit durch das IGES Institut in Berlin ausgewertet – flankiert von Analysen der ambulanten und stationären Versorgung. Eine repräsentative Befragung von 5.000 Beschäftigten sowie eine Expertenbefragung geben Aufschluss über die Verbreitung und den Umgang mit den verschiedenen Suchtmitteln und Verhaltensweisen.
Auf Grundlage der Ergebnisse fordert die DAK-Gesundheit eine breite gesellschaftliche Debatte zur Suchtproblematik. Auch ein umfassendes Werbeverbot für Tabak, Zigaretten und E-Zigaretten müsse in Deutschland dringend umgesetzt werden.