Direkt zum Inhalt

Beitragsentwicklung in der Sozialversicherung: Update der Projektionen bis 2035

Beitragsentwicklung Sozialversicherung: Blick durch eine Lupe auf mehrere Euroscheine und einen Taschenrechner.

Bereits im Frühsommer 2024 zeigte eine Projektion des IGES Instituts, durchgeführt im Auftrag der DAK-Gesundheit, dass sich die Beitragsbelastung zunehmend von der "Sozialgarantie 2021", die den Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz auf 40 % begrenzte, entfernt. Seit Anfang 2025 liegt die Sozialabgabenlast der beitragspflichtigen Einnahmen (bpE) bereits bei 42,5 %, wenn der tatsächlich erhobene Beitragssatz der Pflegeversicherung berücksichtigt wird. Angesichts des demografischen Wandels, insbesondere des Renteneintritts der "Baby-Boomer"-Generation, ist in den demografieabhängigen Zweigen der Sozialversicherung mit weiteren Beitragssatzsteigerungen zu rechnen.

Vor diesem Hintergrund beauftragte die DAK-Gesundheit das IGES Institut, eine aktualisierte Kurzstudie zu erstellen. Diese enthält eine szenarienbasierte Projektion der Beitragssatzentwicklung in den vier Zweigen der Sozialversicherung – Gesetzliche Krankenversicherung (GKV), Soziale Pflegeversicherung (SPV), Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) und Arbeitslosenversicherung (ALV) – bis zum Jahr 2035.

Seit Anfang des Jahres 2025 ist die Sozialabgabenlast der bpE auf 42,5 % gestiegen, ein Zuwachs von knapp anderthalb Prozentpunkten im Vergleich zu 2024. Damit entfernt sich der Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz weiter von der Deckelung auf 40 % gemäß der "Sozialgarantie 2021". Hinzu kommt, dass sich die konjunkturelle Lage verschlechtert hat.

Die aktualisierte Kurzstudie des IGES Instituts betrachtet die Beitragssatzentwicklung für drei Szenarien: eine günstige, eine mittlere und eine ungünstige Entwicklung der beitragssatzrelevanten Einflussfaktoren. Die Ergebnisse zeigen, dass bis 2035 in allen Zweigen der Sozialversicherung mit erheblichen Beitragssatzsteigerungen zu rechnen ist. Besonders in der Kranken- und Pflegeversicherung zeichnet sich kurzfristig ein erheblicher Ausgabendruck ab, der auch langfristig spürbar sein wird.

Im Basisszenario wird der Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz bereits 2029 über 45 % liegen, bei einer günstigen Entwicklung knapp darunter, bei einer ungünstigen sogar bei 47 %. Bis 2035 könnte er auf nahezu 49 % steigen – zwischen knapp 46 % im günstigen und 53 % im ungünstigen Szenario. Soll das Rentenniveau langfristig bei 48 % stabil bleiben, wird die GRV zusätzlich belastet, was die Gesamtbelastung in der Sozialversicherung bis 2035 nahe an die 50 %-Marke bringt (vgl. Abbildung 1).

Abbildung 1: Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz: Projektion der Entwicklung

Grafik: Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz: Projektion der Entwicklung bis ins Jahr 2035.

Quelle: IGES auf Basis der den Projektionen der einzelnen Zweige zugrunde liegenden Quellen, siehe die Abschnitte 3 bis 6. Anmerkung: Für das Jahr 2024 mit durchschnittlichem GKV-Zusatzbeitragssatz gem. § 242a SGB V sowie für die Jahre 2024 und 2025 mit durchschnittlich tatsächlich erhobenem SPV-Beitragssatz.

Die Studie zeigt jedoch auch mögliche Gegenmaßnahmen auf. So könnten ausgewählte Finanzierungsmaßnahmen in der GKV, wie der Verzicht auf die Beitragsfinanzierung des Krankenhaus-Transformationsfonds, eine erhöhte Steuerfinanzierung zur Beitragssatzkonsolidierung oder eine einnahmenorientierte Ausgabenpolitik, die Beitragssätze stabilisieren. Im Falle der Umsetzung aller Maßnahmen könnte der Beitragssatz der GKV ab 2026 auf 17,5 % begrenzt werden. Dies würde im Basisszenario bis 2035 zu einer Reduktion des Gesamtsozialversicherungsbeitragssatzes um 2,5 Prozentpunkte führen (vgl. Abbildung 2).

Abbildung 2: GKV: Projektion der Beitragssatzentwicklung

Tabelle: Projektion der Beitragsentwicklung in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Quelle: IGES (eigene Projektion). Anmerkung: Für 2023 und 2024 mit durchschnittlichem Zusatzbeitrag gem. § 242a SGB V (nicht ausgabendeckend).

Trotz dieser Maßnahmen bleibt eine Rückkehr zur 40 %-Marke beim Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz unrealistisch. Die ansteigende Trendentwicklung kann bestenfalls abgemildert, aber nicht vollständig gestoppt werden.

Downloads: Präsentation und Kurzbericht

Studie "Beitragsentwicklung in der Sozialversicherung"

Methodisches Vorgehen und Annahmen

Im Rahmen der Projektion der gesetzlichen Beitragssatzentwicklung wurden relevante Einflussfaktoren, die für diese Entwicklung maßgeblich sind, modelliert. Dabei wurde davon ausgegangen, dass (zunächst) keine sozialpolitischen Reaktionen auf die Entwicklungen erfolgen. Die Projektionen stellen somit keine Voraussage dar, sondern sie dienen dazu, den sozialpolitischen Handlungsbedarf aufzuzeigen. Projiziert wurde die Beitragssatzentwicklung über den Zeitraum der Jahre 2025 bis 2035. Hierfür wurden Annahmen zur zukünftigen Entwicklung der Einflussfaktoren getroffen. Die Projektionen wurden für drei Szenarien mit unterschiedlichen zukünftigen Entwicklungen der beitragssatzrelevanten Einflussfaktoren durchgeführt:

  • günstige Entwicklung („günstiges Szenario“)
  • mittlere Entwicklung („Basisszenario“)
  • ungünstige Entwicklung („ungünstiges Szenario“)

Berechnet wurden grundsätzlich ausgabendeckende Beitragssätze, die zum Teil von den für das laufende Jahr 2025 gegenwärtig gültigen Beitragssätzen abweichen können. Punktuell wurde bei der Ergebnisdarstellung von diesem Grundsatz abgewichen, worauf in Fußnoten zu den entsprechenden Abbildungen hingewiesen wird.

Bevölkerungsentwicklung

Die zukünftige Entwicklung der Bevölkerung wurde unverändert auf Basis der 15. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder zugrunde gelegt. Dazu wurde die Variante mit mittlerer Entwicklung von Geburtenrate, Lebenserwartung und Wanderung gewählt (G2L2W2). In dieser Variante wird eine langfristig konstante Geburtenrate von 1,55 Kindern je Frau unterstellt. Es wird weiter angenommen, dass die Lebenserwartung bei Geburt ansteigt von 79,5 Jahren im Jahr 2023 auf 81,0 Jahren im Jahr 2035 für Männer und im selben Zeitraum von 84,0 Jahren auf 85,0 Jahren für Frauen. In dieser Variante wird zudem ein Außenwanderungssaldo unterstellt, der zunächst von +513.000 Personen im Jahr 2023 bis auf +250.000 Personen im Jahr 2033 zurückgeht und anschließend konstant bleibt.

Einkommensentwicklung

Die Annahmen zur zukünftigen Entwicklung der Einkommen der Versicherten orientieren sich zum einen an den Annahmen der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes für die Jahre 2025 bis 2029, die auch der letzten Konjunkturprognose der Bundesregierung zugrunde lagen (BMWK & BMF, 2024), und zum anderen an aktuelleren Einschätzungen zur gegenwärtigen wirtschaftlichen Entwicklung (siehe beispielsweise BMWK, 2024). Ab dem Jahr 2030 wurden die langfristigen Annahmen des Rentenversicherungsberichts der Bundesregierung zugrunde gelegt (BMAS, 2024). Letztere unterstellen eine szenarienabhängige Veränderung der Löhne und Gehälter, aus denen Sozialversicherungsbeiträge zu leisten sind, je Mitglied von im Durchschnitt pro Jahr („Lohnentwicklung“):

  • +4 % (günstiges Szenario)
  • +3 % (Basisszenario)
  • +2 % (ungünstiges Szenario)
Updated on:
Telefonkontakt
040 325 325 555

Rund um die Uhr und zum Ortstarif