Pertimo: DAK-Gesundheit unterstützt Projekt zur Wirksamkeit des Hautkrebs-Screenings
Über 290.000 Personen erkranken jedes Jahr in Deutschland an Hautkrebs. Im Jahr 2008 wurde das nationale Hautkrebs-Screening für alle gesetzlich Versicherten ab 35 Jahren eingeführt. Ob das Screening die erwünschten Wirkungen zeigt und wie es wirkt, ist bis heute jedoch nicht klar. Diesen Fragen geht das Projekt Pertimo nach.
Pertimo – Perspektiven einer multimodalen Evaluation der Hautkrebsfrüherkennung
Pertimo steht für "Perspektiven einer multimodalen Evaluation der Hautkrebsfrüherkennung" – es geht darum, verschiedene optimierte Ansätze zur Bewertung der Hautkrebsfrüherkennung in Deutschland zu entwickeln und zu erproben. Mit diesen Methoden soll in Zukunft überprüft werden können, ob der Nutzen des Screenings den Schaden überwiegt.
An Pertimo beteiligen sich Wissenschaftler der Universitäten Lübeck (Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Prof. Dr. Alexander Katalinic) und Hamburg (UKE, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen, Prof. Dr. Matthias Augustin). Das Projekt wird vom Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschuss mit rund 516.000 Euro für zwei Jahre gefördert und die DAK-Gesundheit ist als Konsortialpartner beteiligt.
Wie viel Nutzen hat das Hautkrebs-Screening wirklich?
Ziel des Screenings ist, dass früher entdeckte Hauttumore besser therapiert werden können und sich dadurch die Sterblichkeit senken sowie die Lebensqualität verbessern lässt. Potenzielle Schäden sind demgegenüber verdächtige Befunde, die sich bei der diagnostischen Abklärung als harmlos herausstellen; bis zu diesem Ergebnis können sie für den Betroffenen psychisch belastend sein. Einen anderen Schaden stellen die Überdiagnosen dar. Das sind Krebsdiagnosen, die ohne die Früherkennung niemals gestellt worden wären, etwa sehr langsam wachsende bösartige Veränderung bei hochbetagten Menschen. Außerdem wollen die Wissenschaftler Methoden der Gesundheitsökonomie einsetzen, mit denen sich die Kosten des Screenings besser erfassen lassen.
"Da sollten wir schon wissen, ob es wirkt und wo es verbessert werden kann"
"Das Hautkrebs-Screening kostet jedes Jahr mindesten 150 Millionen Euro. Da sollten wir schon wissen, ob es wirkt und wo es verbessert werden kann" betont Prof. Dr. Katalinic, von der Universität zu Lübeck. "Es existieren viele Datenquellen zum Hautkrebs und neue Auswertungsmethoden, die zur Beurteilung des Screenings herangezogen werden können. Diese können wir nun mit der Förderung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss endlich gezielt nutzen."
Prof. Dr. Augustin vom UKE weist darauf hin, dass es unter den jetzigen Bedingungen auch weitgehend unklar sei, was denn beim Hautkrebs-Screening in der Versorgungsrealität genau passiert. "Zwar wird im Prinzip jede Früherkennungsmaßnahme dokumentiert. Doch diese Daten sind lückenhaft. So ist es beispielsweise nicht einmal möglich, eindeutig zu entscheiden, ob jemand, der vom Dermatologen untersucht wurde, vorher schon einmal vom Hausarzt untersucht wurde." Auf dieser Basis sei es auch nicht möglich, grundlegende wichtige Prozessparameter wie eine Teilnahmerate für das Screening zu bestimmen.
Wann soll es Ergebnisse geben?
Im Projekt werden Daten von Krebsregistern, Abrechnungsdaten der kassenärztlichen Vereinigung und anonymisierte Patienten-/ Gesundheitsdaten der DAK-Gesundheit herangezogen und wissenschaftlich ausgewertet.
In zwei Jahren wollen die Forscher dann konkrete Empfehlungen für eine wissenschaftlich fundierte und gleichzeitig praktikable Evaluation der Hautkrebsfrüherkennung vorlegen. Auf dieser Grundlage kann entschieden werden, wie das Hautkrebs-Screening weiter verbessert werden kann.
Hintergrund
Bislang ist die Studienlage zur Wirksamkeit des Hautkrebs-Screenings beschränkt. Die positiven Erwartungen, die mit der Einführung verbunden waren, gründen sich im Wesentlichen auf die Ergebnisse des einjährigen SCREEN-Projekts (Cancer Research to Provide Evidence for Effectiveness of Screening in Northern Germany), das 2003/2004 in Schleswig-Holstein durchgeführt wurde. Damals haben sich rund 360.000 Frauen und Männer in Schleswig-Holstein einer visuellen ärztlichen Ganzkörperuntersuchung unterzogen. Bereits diese Intervention wurde von den beteiligten Wissenschaftlern in mehreren Studien evaluiert.
Wichtigster Befund war, dass die Sterblichkeit am schwarzen Hautkrebs in Schleswig-Holstein in Folge des Projekts deutlich zurückging, während sie in Vergleichsregionen (Dänemark, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Niedersachsen) stabil blieb. Doch die Interpretation dieses Befundes ist schwierig, da es sich um bevölkerungsbezogene, so genannte „ökologische“ Beobachtungsdaten handelt, die andere Einflüsse für den Rückgang nicht sicher ausschließen können. Eine randomisiert kontrollierte Studie, die als härtester Nachweis für die Wirksamkeit einer Intervention gilt, wurde in Deutschland wie auch international nie durchgeführt. Trotz dieser positiven Hinweise ist es unklar, ob das aktuell laufende Hautkrebs-Screening wirksam ist, und ob Nutzen und Schaden in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.