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Präventionsradar 2022: Wohlergehen und Gesundheitsverhalten von Kindern und Jugendlichen vor und während der Pandemie

Präventionsradar: Erschöpft wirkendes Kind trägt eine medizinische Maske und stützt seinen Kopf gegen eine Schultafel.

Zu den gesundheitlichen Folgen der COVID-19-Pandemie für unsere Kinder liefert der Präventionsradar wichtige Bausteine des Erkenntnisgewinns. Die Studie zur Kinder- und Jugendgesundheit wird seit dem Schuljahr 2016/2017 jährlich an deutschen Schulen durchgeführt und ermöglicht somit einen Vergleich der Situation vor und während der Pandemie.   

Es allen Kindern und Jugendlichen zu ermöglichen, gut durch die Pandemie zu kommen, ist ein Thema, das uns bewegt. Um zu erkennen, welche Gruppen besonderer Unterstützung bedürfen, wirft der Präventionsradar auch einen Blick auf die soziale Lage der Kinder und Jugendlichen.

Die wichtigsten Informationen der 6. Befragungswelle haben wir auf dieser Website für Sie zusammengefasst.

Auf einen Blick: zentrale Ergebnisse

Gesundheitszustand

  • 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen nehmen bei sich eine Veränderung des allgemeinen Gesundheitszustands aufgrund der COVID-19-Pandemie wahr: Während sich ein Anteil von 11 Prozent einen besseren Gesundheitszustand attestiert, berichtet mehr als ein Viertel von einer allgemeinen Verschlechterung, insbesondere Mädchen (32 Prozent) und Kinder und Jugendliche mit einem niedrigen sozialen Status (38 Prozent).
  • 25 Prozent geben an, im letzten halben Jahr jede Woche oder häufiger Rückenschmerzen erlebt zu haben, 29 Prozent berichten von häufigen Kopfschmerzen und 19 Prozent haben mindestens einmal pro Woche Bauchschmerzen. 38 Prozent der Kinder mit einem niedrigen subjektiven sozialen Status (SSS) haben Schmerzen, die mindestens einmal pro Woche auftreten.
  • 39 Prozent der Befragten berichten von Schlafproblemen. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) gibt an, jede Woche oder häufiger müde und erschöpft zu sein. Bei Kindern mit niedrigem SSS sind es knapp 70 Prozent.

Gesundheitsverhalten

  • Schulkinder bewegen sich weniger intensiv als vor der Pandemie. Im Schuljahr 2021/2022 sind sie im Mittel an vier Tagen der Woche für mindestens 60 Minuten körperlich aktiv und rund 34 Prozent entsprechen den nationalen Bewegungsempfehlungen.
  • Der Konsum ungesunder Lebensmittel wie beispielsweise Fast Food und Süßigkeiten hat sich in der Pandemie bei rund 63 Prozent verändert. Rund 34 Prozent haben seltener ungesunde Lebensmittel gegessen, etwa 29 Prozent häufiger. Bei Schulkindern mit einem niedrigen SSS haben 36 Prozent Fast Food und Süßigkeiten häufiger konsumiert. 

Wohlbefinden

  • Etwa die Hälfte aller im Schuljahr 2021/2022 befragten Kinder und Jugendlichen weist ein vermindertes psychisches Wohlbefinden auf. Ein Anteil von 24 Prozent zeigt ein deutlich vermindertes psychisches Wohlbefinden, rund 31 Prozent der Mädchen und 15 Prozent der Jungen.
  • 84 Prozent haben Einsamkeit während der COVID-19-Pandemie erlebt. Von diesen berichten rund 39 Prozent, dass sie sich aufgrund der Pandemie häufiger einsam gefühlt haben, insbesondere Mädchen (48 Prozent) und ältere Jugendliche (45 Prozent) und diejenigen mit einem niedrigem SSS (52 Prozent).
     
Chart zum Thema Pandemie: Sozial benachteiligte Kinder leiden besonders.


Auf ein Wort

  • Porträt Andreas Storm

    Wir müssen verhindern, dass durch die Pandemie eine verlorene Generation mit Gesundheitsproblemen und seelischen Leiden entsteht.

    Andreas Storm, Vorstandsvorsitzender der DAK-Gesundheit

Weitere Ergebnisse der 6. Befragungswelle

Lebenszufriedenheit

Die allgemeine Lebenszufriedenheit der Kinder und Jugendlichen ist im Schuljahr 2021/2022 im Vergleich zum vorpandemischen Niveau nach wie vor verringert. Bereits in Pandemiejahr 1, unter dem Eindruck der einschränkenden Infektionsschutzmaßnahmen wie Schulschließungen und Lockdown, war eine niedrigere allgemeine Lebenszufriedenheit zu beobachten. Auch mit fortgesetzter Dauer der Pandemie, das heißt nach fast zwei Jahren Pandemiegeschehen, sind Jungen und Mädchen unzufriedener als vor der Pandemie. Für die Gruppe der Schulkinder, die einen niedrigen SSS berichteten, war der Abstand zum Niveau der präpandemischen Lebenszufriedenheit am höchsten. Soziale Teilhabe war (und ist) für diese Gruppe, zum Beispiel aufgrund mangelnder technischer Ausstattung, häufig eine Herausforderung, auch hatten die Kinder und Jugendlichen weniger Unterstützungsmöglichkeiten und sind von finanziellen Einbußen vermutlich stärker betroffen.

Zukunftsaussichten

Die COVID-19-Pandemie ist für Kinder und Jugendliche ein Grund, negativer in die Zukunft zu blicken. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass Kinder und Jugendliche die eigenen Zukunftsaussichten für sich aufgrund der COVID-19-Pandemie schlechter einschätzen, was mehr Kinder als Jugendliche betrifft. Es ist anzunehmen, dass Ältere über mehr Kompetenzen im Vergleich zu Jüngeren verfügen, die sie in die Lage versetzen, die Situation zu überblicken, für sich einzuordnen und sie langfristig als weniger bedrohlich wahrzunehmen. Auch nimmt die Dauer der Pandemie für Jüngere vergleichsweise einen größeren zeitlichen Anteil an ihrem Leben ein. In diesem Altersbereich spielen insbesondere stärkere Autonomiebestrebungen, die Erweiterung des Aktionsradius und der Ausbau von sozialen Kompetenzen eine Rolle. Diesen Bedürfnissen standen die Einschränkungen über einen langen Zeitraum diametral entgegen.

Bewegungsmangel

Chart mit dem Titel: Coronazeit verstärkt Bewegungsmangel - besonders bei sozial benachteiligten Kindern.

 Die nationalen Richtlinien für Bewegung und Bewegungsförderung empfehlen Kindern und Jugendlichen, sich täglich 90 Minuten in moderater bis hoher Intensität zu bewegen. Davon können 60 Minuten Alltagsaktivitäten sein. Etwa ein Drittel aller Befragten bewegt sich entsprechend der Empfehlungen, Jungen häufiger als Mädchen und jüngere Schülerinnen und Schüler häufiger als Ältere. Bei denjenigen mit niedrigem SSS liegt der Anteil bei 25 Prozent. Dieser Anteil wird mit ansteigendem Alter geringer (22 Prozent). Bei sozial benachteiligten Mädchen waren es nur 20 Prozent, die den Empfehlungen entsprechen. Mit steigendem Alter wird der Anteil auch hier geringer und nur 16 Prozent der im Mittel 15-jährigen Schülerinnen mit niedrigem SSS bewegen sich ausreichend.



Fazit 

  • Kinder und Jugendliche in Deutschland erlebten während der Pandemie ein deutliches Ausmaß an psychischen Belastungen und Einbußen bei der Lebensqualität. Besonders betroffen sind Kinder und Jugendliche mit einem niedrigen SSS.
  • Die vorliegenden Ergebnisse stützen Annahmen, dass der SSS mit der gesundheitlichen Lage der Kinder und Jugendlichen assoziiert ist. Auch gibt es Anhaltspunkte dafür, dass sie nicht, wie besser gestellte Gleichaltrige, Einschnitten durch die Pandemie gleichermaßen begegnen. 
  • Schlechter gestellte Kinder und Jugendliche haben insbesondere in Zeiten der Pandemie weniger Ressourcen zur Verfügung. Dabei ist es jetzt wichtiger denn je, über eben jene zu verfügen, um die Pandemie meistern zu können. 
  • Kinder und Jugendliche, die sozial benachteiligt sind, stellen eine vulnerable Gruppe dar, welcher Aufmerksamkeit zuteilwerden sollte, die sich beispielsweise in spezifischen Unterstützungsangeboten widerspiegelt.
  • Es ist von besonderer Relevanz eine kontinuierliche Beobachtung des Gesundheitszustands von Heranwachsenden sicherzustellen, um vulnerable Gruppen zu identifizieren und eine Manifestation von pandemiebedingten Störungen zu erkennen und dieser frühzeitig entgegensteuern zu können.

Download: Ausgewählte Ergebnisse und Ergebnisbericht

Datengrundlage und Methodik

Darauf basiert der Präventionsradar 2022

Beim Präventionsradar handelt es sich um eine schulbasierte Fragebogenstudie zur Kinder- und Jugendgesundheit in Deutschland. Die Studie ist eine kombinierte Quer- und Längsschnittuntersuchung, die seit dem Schuljahr 2016/2017 jährlich durchgeführt wird. Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe 1 aus 13 Bundesländern (mit Ausnahme von Bayern, Hamburg und dem Saarland) beteiligten sich bislang freiwillig an den Befragungen. Hamburg plant für die Zukunft an den Befragungen teilzunehmen. Sie finden jährlich im Klassenverband zwischen Oktober und Februar in weiterführenden Schulen statt. Die Datenerhebung erfolgt durch einen webbasierten Fragebogen (Selbstbericht). Im Schuljahr 2021/2022 beteiligten sich 88 Schulen mit 17.877 Schülerinnen und Schülern aus 1.102 Klassen am Präventionsradar.

Die Daten werden mit der Statistiksoftware Stata analysiert. Analysierte Subgruppen beziehen sich auf das Alter (Jahrgangsstufen 5 und 6 (im Mittel 11 Jahre), Jahrgangsstufen 7 und 8 (im Mittel 13 Jahre) und Jahrgangsstufen 9 und 10 (im Mittel 15 Jahre)), auf das Geschlecht (männlich/weiblich) und in einigen Fällen auf den subjektiven sozialen Status (SSS). Die Befragten ordnen ihre Familie selbst dafür auf der MacArthur Scale ein. Die Auswertung erfolgt für die Kategorien niedrig, mittel und hoch.

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