Sport bei Übergewicht und Adipositas: So gelingt die Fettverbrennung
„Ich sollte mehr Sport machen.” Diesen Gedanken hatte fast jeder schon einmal. Den guten Vorsatz im Alltag auch umzusetzen, scheitert aber oft. Menschen mit Übergewicht oder Adipositas haben dabei meist mehr Hürden zu überwinden, als nur den „inneren Schweinehund”.
Welche Sportart die Gelenke wirklich schont, und wie sich Anfänger im Fitnessstudio in jedem Körper wohlfühlen, weiß Prof. Dr. Ingo Froböse. Er ist Professor an der Deutschen Sporthochschule Köln und Autor zahlreicher Ratgeber. Zuletzt erschien sein Buch „Stoffwechsel-Reset”, das Menschen dabei hilft, gesund abzunehmen.
Ist es möglich, durch Sport abzunehmen?
Ingo Froböse: „Wem es nur darum geht, durch körperliche Betätigung zusätzliche Kalorien zu verbrennen, der wird nicht abnehmen. Beim Sport geht es vielmehr darum, den Körper langfristig so zu verändern, dass er auch im Ruhestand wieder mehr Kalorien verbrennt. Dabei sind zwei Dinge wichtig: Muskeln aufbauen und die Anzahl der Mitochondrien in den Muskelzellen erhöhen.
Denn: Je mehr Muskelmasse ich habe, desto mehr Energie wird benötigt, um sie warmzuhalten und zu durchbluten. Mitochondrien liefern diese Energie. Sie sind sozusagen die Kraftwerke der Zellen."
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Gleichzeitig gilt es, Muskelmasse aufzubauen. Das geht am besten im Fitnessstudio. Denn: Muskeln müssen brennen, damit sie wachsen.
Sollten Menschen mit Übergewicht dann vor allem Ausdauer oder Kraft trainieren?
Gleichzeitig gilt es, Muskelmasse aufzubauen. Das geht am besten im Fitnessstudio. Denn: Muskeln müssen brennen, damit sie wachsen. Das heißt, ich muss sie energetisch ,ausbelasten'. Da reicht das eigene Körpergewicht vielleicht am Anfang aus, aber später müssen Gewichte dazu."
Aerobes und anaerobes Training – das ist der Unterschied
Aerobes Training bedeutet, dass der Körper den Sauerstoff aus der Atmung nutzt, um die benötigte Energie zu gewinnen. Dabei greift er sowohl auf Zucker- als auch Fettreserven zurück. Das passiert bei längerer leichter bis moderater Anstrengung, wie beim Joggen oder Radfahren.
Anaerobes Training bedeutet, dass der Körper die Energie ohne die Hilfe von Sauerstoff herstellt. Dabei verbrennt er nur Zuckerreserven, damit die benötigte Energie möglichst schnell verfügbar ist. Das gilt vor allem für kurze, intensive Anstrengung, wie bei einem Sprint oder beim Gewichtheben.
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Mit welcher Ausdauer-Sportart sollten Menschen mit Übergewicht einsteigen?
Ingo Froböse: „Um die Gelenke zu schonen, beginnen Menschen mit Adipositas am besten mit einer sitzenden Tätigkeit. Radfahren oder Spinning eignen sich sehr gut. Später können sie dann zum Walking, Nordic Walking und irgendwann zum Joggen übergehen.
Oft wird auch Schwimmen genannt. Das ist zwar gelenkschonend, hat aber ein Problem: Die wenigsten schaffen es, 30 oder 45 Minuten am Stück zu schwimmen. Ideal sind aber 45 bis 60 Minuten moderates Ausdauertraining. Und das drei- bis viermal die Woche. Dazu reicht übrigens auch mal ein strammer Spaziergang."
Wie sieht das richtige Krafttraining für Einsteiger aus?
Ingo Froböse: „Ich rate Anfängerinnen und Anfängern immer ins Fitnessstudio zu gehen. Denn durch die dortige Betreuung lernen sie, die Übungen von Beginn an korrekt auszuführen. Zu Hause vor dem Bildschirm klappt das meistens nicht so gut. Außerdem führen die Geräte im Fitnessstudio die Bewegungsabläufe und sorgen so für ein sicheres Training. Mit freien Gewichten zu trainieren, ist schwieriger.
Damit der Körper Muskelmasse aufbaut, sollten es zehn bis 15 Wiederholungen sein. Bei der letzten muss sich der Muskel so anfühlen, als ob er keine zwei weiteren schafft. Ich empfehle, alle großen Muskelgruppen zweimal pro Woche zu trainieren."
Gibt es Sportarten, von denen Sie Menschen mit Übergewicht abraten?
Ingo Froböse: „Aktivitäten, bei denen viel gesprungen wird, strapazieren die Gelenke. Dazu gehören zum Beispiel Volleyball, Handball oder Basketball. Von manchen Sportarten gibt es inzwischen aber Varianten, die auch für Menschen mit Adipositas geeignet sind – zum Beispiel Walking Football.
Generell würde ich sagen, dass Mannschaftssportarten nicht dabei helfen, den Körper auf Fettverbrennung umzustellen und dadurch abzunehmen. Denn sie bestehen eher aus kurzen, intensiven Einheiten: ein Sprint hierhin, ein Sprint dorthin. Mannschaftssportarten sind aber ergänzend eine sehr gute Möglichkeit, um den Spaß am Sport zu stärken."
Der Körper ist im Alltag leistungsfähiger, Treppensteigen wird einfacher, die Haltung verbessert sich. Muskeln ermöglichen uns Lebensqualität: Ich brauche sie, um in den Urlaub zu fahren, Freunde zu besuchen oder nur um eine schwere Tasche zu tragen.
Wie lange dauert es, bis sich vom Training erste Erfolge einstellen?
Ingo Froböse: „Bis sich der Körper umstellt und man abnimmt, dauert es eine Weile. Ich würde sagen, ungefähr ein Jahr. Es ist also eher ein Marathonlauf als ein Sprint.
Was ist bei der Ernährung zu beachten, wenn man regelmäßig Sport treibt?
Ingo Froböse: „Wenn ich Sport mache, muss ich die verbrannten Kalorien auch wieder zu mir nehmen. Ich darf in keine Unterversorgung kommen, weil der Körper sonst Muskelmasse abbaut. Das heißt, ich brauche ungefähr 100 Kilokalorien mehr am Tag. Ich empfehle zudem ein bis 1,5 Gramm Proteine pro Kilogramm Körpergewicht zu essen."
Den eigenen Kalorienbedarf berechnen – so geht’s
Frauen: 1 Kilokalorien x 24 x (Körpergröße in cm – 100)
Männer: 1,1 Kilokalorien x 24 x (Körpergröße in cm – 100)
Sie möchten Ihre Ernährung aufgrund einer Adipositas oder einer Begleiterkrankung umstellen? Mit der Patientenschulung für eine gesunde Ernährung der DAK unterstützen und begleiten wir als Ihre Krankenkasse Sie auf diesem Weg.
Wie schaffe ich es, mich zu einer Sportroutine zu motivieren?
Ingo Froböse: „Es hilft sehr, wenn Anfängerinnen und Anfänger ruhig einsteigen und das Training bewusst wahrnehmen. Ich sollte mich nicht überanstrengen, sondern spüren, dass mir die Bewegung guttut. Auch nach dem Training.
Außerdem ist es wichtig, realistische Ziele zu setzen, die ich in sechs bis acht Wochen erreiche. In diesen Intervallen stellt sich meist ein Motivationstief ein, dem ich durch ein neues Ziel entgegenwirken kann. Das könnte sein: zwei Kilo abnehmen, täglich meine Sporteinheiten absolvieren oder drei Kilometer am Stück walken. Danach belohne ich mich mit einem neuen Turnschuh oder einem guten Abendessen.
Manchen hilft auch sozialer Druck, also mit vertrauten Menschen über das eigene Vorhaben zu sprechen. Der letzte Punkt ist, das Training genau zu planen und sich die Einheiten im Kalender zu notieren. Nur so bleibe ich langfristig am Ball. Untersuchungen zeigen, dass wir etwas 60 bis 70 Mal gemacht haben müssen, bis es zu einem persönlichen Motiv und Ritual geworden ist."
Für viele Menschen ist das Fitnessstudio ein einschüchternder Ort. Was hilft, wenn der erste Schritt schon schwerfällt?
Ingo Froböse: „Nicht alleine hingehen. Zu zweit fällt es sofort leichter. Ich rate zu einem Fitnessstudio mit hoher Qualität, wenn es finanziell möglich ist. Denn in der Regel sind dort alle Altersstufen vertreten. Das kann schon viel ausmachen. Außerdem ist die Betreuung oft besser. Manchmal gibt es auch Zeiten, zu denen sich Menschen mit Übergewicht zusammentun und gemeinsam trainieren."
Im Sportunterricht als Letztes gewählt zu werden oder bei Wettkämpfen ohne Urkunde nach Hause zu gehen, kann Kinder und ihr Verhältnis zu Sport schon früh prägen. Was raten Sie Eltern von Kindern mit Übergewicht, die dem vorbeugen wollen?
Ingo Froböse: „Turnen ist grundsätzlich eine der besten Aktivitäten, um Kinder an Sport heranzuführen. Beim Turnen spielt das Gewicht kaum eine Rolle. Auch ein Kind mit Übergewicht kann einen Purzelbaum machen. Gerade in jungen Jahren geht es bei diesem Sport weniger um Leistungsmessung, sondern um das kreative Lösen von Aufgaben. Da haben alle schnell positive Erlebnisse."
Prof Ingo Froböse ist Deutschlands Sport- und Bewegungsexperte Nummer 1. Der Sportwissenschaftler hat einen Lehrstuhl in an der Deutschen Sporthochschule Köln und ist Ratgeberautor vieler Bestseller wie: Stoffwechsel-Reset: Das 8-Wochen-Programm: Abnehmblockaden überwinden, Grundumsatz steigern, nachhaltig Gewicht verlieren (Abnehmen mit GU), Anti-Bauchfett-Formel: Wie du den gefährlichen Krankmacher loswirst und deine Gesundheit nachhaltig verbesserst. Das 30-Tage-Fitnessprogramm (Riva), Für Fitness ist es nie zu spät: Aktiv und beweglich bis ins hohe Alter (mit Erika Rischko, Edel-Verlagsgruppe)
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