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Vaginismus – was ist ein Scheidenkrampf?

Symbolbild Vaginismus

Ob Tampon, dein Finger bei der Selbstbefriedigung oder der Penis des Partners – wann immer etwas in deine Vagina eingeführt wird, verspannt sich bei dir alles. Geschlechtsverkehr ist so kaum bis gar nicht mehr möglich. Der Grund: Deine Vagina, besser gesagt, die Muskeln deines Beckenbodens, verkrampfen sich. Im Volksmund nennt man das auch Scheidenkrampf.

Vaginismus hat nichts damit zu tun, dass deine Vulva oder deine Vagina „zu eng“ sind. Wer unter Scheidenkrämpfen leidet, kann beim Sex keinen Vaginalverkehr haben. Sogar die gynäkologische Untersuchung wird mitunter zu einer Tortur. Was die zwei Typen des Vaginismus sind, wie er behandelt wird und vieles mehr erfährst du im folgenden Ratgeber.

Vaginismus – was ist das?

Vaginismus gilt als eine der häufigsten Sexualstörungen bei Frauen. Dabei verkrampft sich bei den Betroffenen die Beckenbodenmuskulatur, die die Vagina umgibt. Zu diesem „Scheidenkrampf“ kommt es in den meisten Fällen, wenn du etwas in deine Vagina einführen willst. Das Penetrieren (Eindringen in die Vagina) durch einen Penis oder auch durch Sexspielzeug wie einen Dildo oder Vibrator geht oft mit Schmerzen einher. Bei den meisten Frauen mit Vaginismus ist eine Penetration deshalb gar nicht möglich.

Viele Frauen berichten davon, dass allein das Einführen eines Tampons einen Scheidenkrampf auslöst. Damit sind selbst die Untersuchungen bei einer Gynäkologin oder einem Gynäkologen oftmals unmöglich.

Der Begriff „Scheidenkrampf“ ist eigentlich nicht ganz korrekt. Warum? Weil sich nicht die Scheide, sondern der Beckenboden verkrampft. „Die Beckenbodenmuskulatur besteht aus einer Reihe von Muskeln, die wie eine Hängematte im Beckenboden hängen. Diese Muskeln halten deine inneren Organe an Ort und Stelle“, erklärt Dr. Sheila de Liz.

Bei Vaginismus unterscheidet man zwischen primärem und sekundärem Vaginismus. Für die Einordnung ist wichtig, wann der Vaginismus zum ersten Mal aufgetreten ist.

Primärer Vaginismus

Diese Form des Vaginismus ist angeboren. Sie wird oft beim ersten Geschlechtsverkehr bemerkt.

Sekundärer Vaginismus

Wenn eine Frau unter sekundärem Vaginismus leidet, gab es eine Zeit vor der ersten Verkrampfung, in der das Eindringen in die Vagina schmerzfrei möglich war. Diese Form des Scheidenkrampfs kann durch ein Trauma ausgelöst werden. Auslöser können sexueller Missbrauch oder auch ein Geburtstrauma sein.

Problemkreislauf bei Vaginismus

Bei Vaginismus entsteht ein Problemkreislauf, bei dem das sexuelle Verlangen der Frau auf die Angst trifft, dass Vaginalverkehr Schmerzen auslöst. Diese Angst führt bei betroffenen Frauen dazu, dass sich die Muskeln in ihrem Intimbereich zusammenziehen. „Die Ursachen für Vaginismus sind nicht körperlich, sondern psychisch“, so Dr. de Liz. „Damit ist er keine Krankheit, sondern eine schmerzhafte sexuelle Funktionsstörung.“ Von einer sexuellen Funktionsstörung spricht man, wenn die eigenen Bedürfnisse nach sexuell befriedigenden Handlungen nicht ausgelebt werden können. Bei Männern sind das zum Beispiel Erektionsstörungen.

Ursachen – was löst Scheidenkrämpfe aus?

Wenn du Schmerzen im Intimbereich hast, such bitte so rasch wie möglich gynäkologische Hilfe auf. Dort können organische Ursachen wie eine Infektion oder eine Entzündung als Ursache für die Schmerzen bestätigt oder ausgeschlossen werden.

Die häufigste Form des Vaginismus hat psychische Ursachen. Experten und Expertinnen gehen davon aus, dass die Verkrampfung der betroffenen Beckenbodenmuskulatur ein unbewusster und starker Abwehrreflex der Frau ist. Der Grund ist häufig die Angst vor (erneuten) Schmerzen oder Verletzungen im Intimbereich.

Hier einige Beispiele dafür, welche Ängste die Störung auslösen können:

  • Schmerzhafte gynäkologische Untersuchungen
  • Allgemeine Ablehnung von Penetration
  • Angst vor einer Schwangerschaft
  • Der Glaube, die eigene Vagina sei zu eng und der Penis des Partners würde beim Eindringen Schmerzen verursachen
  • Angst vor (erneuten) körperlichen Verletzungen
  • Probleme in der Partnerschaft und Ablehnung des Partners
  • Depressionen und emotionaler Stress
  • Trauma durch sexuellen Missbrauch
  • Trauma durch die Geburt eines Kindes

Habe ich Vaginismus?

Solltest du den Verdacht haben, dass du an Vaginismus leidest, geh bitte so schnell wie möglich zu deiner Frauenärztin oder zu deinem Frauenarzt. Woran du erste Symptome eines Vaginismus erkennen kannst, erfährst du hier.

Leidest du unter einer leichten Form, treten Verkrampfungen bei dir häufig dann auf, wenn du unter Stress stehst. Ist die Ausprägung stärker, kann es passieren, dass sich dein Beckenboden immer dann verkrampft, wenn deine Scheide berührt wird. Ob das dein Finger, ein Tampon, ein Penis oder ein Spekulum ist, spielt für deine Vagina dann keine Rolle mehr.

Hier eine Liste mit Symptomen, an denen du erkennen kannst, ob du möglicherweise unter Vaginismus leidest:

  • Du vermeidest sexuelle Aktivitäten
  • Die Muskeln deiner Vagina und deines Beckenbodens verkrampfen sich
  • Die Penetration deiner Vagina verursacht dir Schmerzen
  • Du hast Angst vor gynäkologischen Untersuchungen
  • Du kannst die Verkrampfungen nicht willentlich kontrollieren
  • Die Krämpfe kommen sogar, wenn du dir Geschlechtsverkehr nur vorstellst

DAK-Tipp: Wenn du unter Vaginismus leidest, such einen Sexualtherapeuten oder eine Sexualtherapeutin auf. Diese Person weiß um die Ursachen und kann dir dabei helfen, eine Therapie einzuleiten. Denn die gute Nachricht ist: Vaginismus ist sehr gut behandelbar.

Das gynäkologische Gespräch bei Vaginismus

Vertrauen zu deiner Gynäkologin oder deinem Gynäkologen ist wichtig. Führst du mit einer dieser Personen ein Gespräch, weil du glaubst, an Vaginismus zu leiden, werden hier neben dem Ausschluss von körperlichen Ursachen auch dein Sexualleben sowie das Verhältnis zu deinem Partner oder deiner Partnerin besprochen. Das ist wichtig, aber nicht immer leicht.

Sag deinem Gegenüber bei diesem Gespräch ehrlich, was dich belastet – und zwar auch, wenn es dich viel Überwindung kostet. Teil ihm oder ihr mit, was du wann fühlst. Je ehrlicher du bist, desto besser kann dir geholfen werden.

Wie lange dauert Vaginismus und was hilft dagegen?

Im Grunde ist es so: Vaginismus dauert so lange, bis man ihn behandeln lässt. Das Ziel einer Vaginismus-Behandlung oder einer Vaginismus-Therapie ist es, das reflexartige Zusammenziehen und Verkrampfen der Beckenboden- und Scheidenmuskulatur zu mindern. Damit erlangt die Betroffene die Selbstbestimmung über die eigene Sexualität zurück. Das geht in der Regel nicht über Nacht. Jede Frau, die sich zum Beispiel durch Sexualtherapeuten oder Sexualtherapeutinnen beraten und behandeln lässt, lernt Schritt für Schritt die Fähigkeit, den vaginalen Geschlechtsverkehr ohne Schmerzen zu erleben. Eine Möglichkeit der Behandlung sind zum Beispiel Vaginaldilatoren.

Die Vaginaldilatoren

Vaginaldilatoren sind verschieden lange und dicke Stifte. „Achte beim Kauf eines Dilators darauf, dass dieser wirklich nur für Vaginismus geeignet und aus medizinischem Silikon gefertigt ist“, rät die beliebte Frauenärztin Dr. Sheila de Liz. Die meist leicht gebogenen Stifte kannst du dir selbst einführen. Das bewirkt, dass deine Vagina- und Beckenbodenmuskulatur sich an das Eindringen gewöhnt.

Nutze dazu ruhig einen Spiegel. Finde jedes Mal, wenn du dich darin betrachtest, eine neue Seite deiner Vulva, die dir gefällt. So bekommst du mit der Zeit ein liebevolles Verhältnis zu deinem Intimbereich. Und du machst dank der Vaginaldilatoren immer mehr die Erfahrung, dass das Penetrieren deiner Vagina auch ganz ohne Schmerzen vonstattengehen kann. Wenn du dich bei der Selbsteinführung wohlfühlst, kannst du schrittweise deinen Sexualpartner oder deine Sexualpartnerin in die Übungen mit einbeziehen. Wenn es dann zum Vaginalsex kommt, nimm den Penis deines Partners in die Hand, um ihm zu signalisieren, wann und wie er eindringen darf. So bestimmst du, wie weit du gehen magst und hast die Kontrolle über die Situation.

Eine Sexual- und Psychotherapie

Da die Ursache von Vaginismus meist ein psychisches Problem ist, raten Expertinnen und Experten wie Dr. Sheila de Liz dazu, sich Hilfe in Form einer Sexual- und Psychotherapie zu holen. Das kann dir vor allem dann helfen, wenn dein Vaginismus durch Missbrauch oder partnerschaftliche Probleme entstanden ist.

Wie läuft eine solche Therapie bei Vaginismus ab? Du sprichst mit deinem Gegenüber in einer vertrauensvollen und sicheren Atmosphäre. Ihr unterhaltet euch sehr wahrscheinlich über deine Beziehung zu deinem Körper. Auch deine Sexualität wird ein wichtiger Teil der Gespräche sein. Wenn du und dein Therapeut oder deine Therapeutin es für richtig halten, wird auch dein Sexualpartner oder deine Sexualpartnerin in die Therapie mit eingebunden.

Das Beckenbodentraining

Du hast sicher schon einmal vom Beckenbodentraining gehört. Wie schon erwähnt, hängt der Beckenboden wie eine Hängematte in deinem Becken und begrenzt deine inneren Organe. Beim Training lernst du, die Muskeln dort gezielt anzuspannen und loszulassen. Die Übungen sind nicht aufwendig und fallen Außenstehenden oftmals nicht auf. Bau das Training also ruhig in deine tägliche Routine ein.

Beispiele für Beckenbodenübungen:

  • Der Beckenbodenlift: Stell dich einfach hüftbreit mit geradem Oberkörper hin. Nun stell dir vor, dein Beckenboden sei ein Lift. Spann deine Muskeln im Beckenboden an und „zieh den Lift“ nach oben. Halte diese Spannung für einige Augenblicke. Lass anschließend den Lift aber nicht „fallen“, sondern sorg dafür, dass er langsam wieder nach unten fährt.
  • Sesselmarsch: Setz dich auf eine Stuhlkante. Stell deine Beine hüftbreit auf und bilde mit deinen Knien einen rechten Winkel. Dann presst du die Fersen fest auf den Boden. Halte die Spannung für einige Augenblicke, entspanne dich und wiederhole das Ganze rund 10 Mal.

Medikamente bei Vaginismus

Egal ob er psychisch oder physisch bedingt ist – Vaginismus führt zu einer Verkrampfung der Muskulatur. In einigen seltenen Fällen setzen die medizinischen Experten und Expertinnen auf die Injektion eines Muskelrelaxans. Das ist ein Wirkstoff, der deine Muskulatur entspannt. Diese Methode kann Betroffenen Erleichterung verschaffen. Der Nachteil: Eine Injektion ist keine endgültige Lösung, sondern nur eine vorübergehende.

Warum Schmerzen beim Sex nichts mit Vaginismus zu tun haben

„Viele Frauen kennen Schmerzen beim Sex. Das kann passieren, wenn die Vagina zu trocken ist, bei hormoneller Umstellung (wenn du die Pille wechselst) oder wenn du eine Infektion hast. Schmerzen beim Sex ist aber nicht dasselbe wie Vaginismus“, erklärt Dr. Sheila de Liz.

Wenn du Schmerzen beim Sex hast, kann das psychische und körperliche Ursachen haben:

  • Geschlechtskrankheit
  • Harnwegsentzündung
  • Geburtsnarben
  • Endometriose
  • Scheidentrockenheit
  • Allergien
  • Menstruationszyklus
  • Depressionen

Es ist also entscheidend, dass du den Arzt oder die Ärztin deines Vertrauens aufsuchst, wenn Vaginalsex für dich schmerzhaft ist. Nur wenn der Grund für deine Schmerzen diagnostiziert wird, kann dir geholfen werden. Für alle, die unter Vaginismus leiden, haben wir im einige Tipps zusammengestellt.

Tipps, die bei Vaginismus helfen

Tipp 1: Pflege deine Schleimhäute: Wenn deine Schleimhäute trocken sind, kann das dazu führen, dass du beim Sex Schmerzen hast. Tritt das öfter auf, kann es passieren, dass du Angst vor Geschlechtsverkehr und in der Folge eine Form des Vaginismus entwickelst. Wenn du Probleme mit trockenen Schleimhäuten hast, können deine Gynäkologin oder dein Gynäkologe dir zum Beispiel östrogenhaltige Salbe verschreiben. Auch das Einreiben mit Kokosöl pflegt deinen Intimbereich. Mit regelmäßigem Sex kannst du deine Schleimhäute flexibel halten. Dabei muss es nicht immer die Penetration sein, auch andere Stimulationen regen an.  

Tipp 2: Sprich mit einem Psychotherapeuten oder einer Psychotherapeutin: Das hilft, über Traumata oder Probleme in der Partnerschaft Klarheit zu erlangen.

Tipp 3: Lerne deinen Unterleib kennen: Vor dem Fremden hat man meist mehr Angst als vor dem Vertrauten. Lerne also das Zentrum deiner Weiblichkeit ohne Stress kennen. Nimm dir dazu ausreichend Zeit und ziehe dich so zurück, dass du von niemandem gestört werden kannst. Hock dich in aller Ruhe auf einen Stuhl oder auf dein Bett, schnapp dir einen Handspiegel und sag einfach mal Hallo zu deiner Vulva und deiner Vagina. Nur wer sich kennt, kann Freundschaft schließen. Und wie bei neuen Freundinnen üblich, lernt ihr euch zuerst oberflächlich kennen und schätzen. Mit der Zeit kannst du tiefer in die Freundschaft eintauchen und immer neue und sympathische Züge entdecken und lieben lernen.

Tipp 4: Dehne deine Vagina: Wir haben dir oben bereits die Vaginaldilatoren vorgestellt. Mit ihnen kannst du deine Vagina Schritt für Schritt an die Penetration gewöhnen und sie quasi nebenbei auch dehnen. Das Ganze funktioniert auch mit deinen Fingern, einem Vibrator oder einem Dildo. Wichtig: Nimm dir beim Üben Zeit und mach dir keinen Druck.

Tipp 5: Masturbiere: Ja, richtig gehört. Denn beim Masturbieren entspannen sich die Muskeln in deinem Intimbereich. Außerdem sorgst du bei der Selbstbefriedigung auch dafür, dass deine vaginalen Schleimhäute geschmeidig bleiben. Ach ja, und Spaß macht es auch.

Fazit

Bei Vaginismus oder Scheidenkrämpfen verkrampfen sich die Beckenbodenmuskeln rund um die Vulva und Vagina so stark, dass das Einführen eines Penis, Dildos oder sogar eines Tampons unmöglich ist. Außerdem kann Vaginismus verdammt schmerzhaft sein. Ursache ist oft ein psychisches Trauma, zum Beispiel durch die Geburt eines Kindes oder sexuellen Missbrauch. Ein weiterer Grund kann die Angst vor einer Schwangerschaft oder vor Schmerzen und Verletzungen sein.

Zum Glück lässt sich Vaginismus sehr gut behandeln. Eine Sexual- und Psychotherapie kann einen normalen Umgang mit der eigenen weiblichen Sexualität fördern. Außerdem können Hilfsmittel wie Beckenbodentraining oder in seltenen Fällen ein Mittel zur Muskelentspannung bei der Behandlung von Vaginismus den richtigen Weg vorgeben.

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