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Fetische: Schuhe, Lack und Stofftiere - wann ist eine Vorliebe ein Fetisch?

Psychologe Umut Özdemir spricht über Fetische

Dieser Artikel wurde von der Texterkolonie verfasst 

Den Begriff Fetisch oder Fetischismus haben viele schon einmal gehört. Wer danach googelt, findet schnell die skurrilsten, schrägsten oder auch anrüchigsten sexuellen Neigungen. Dabei können Fetische so normal zum Sexleben gehören wie Kondome oder deine bevorzugte Stellung. Wir zeigen dir, was Fetische sind, wo der Unterschied zu einer Vorliebe ist und wie du mit einem Fetisch in einer Beziehung am besten umgehst.

Was ist ein Fetisch?

Beginnen wir ganz am Anfang mit der Frage, was überhaupt ein Fetisch ist. Den Begriff „Fetisch“ haben wohl die meisten schon einmal gehört. Was genau sich dahinter verbirgt, ist vielen nicht klar. „Dass wir Menschen grundsätzlich Vorlieben für bestimmte Dinge oder auch Handlungen haben, ist völlig normal. Aber ab wann redet man von einem Fetisch?“, fragt Umut Özdemir, Sexualtherapeut und Experte bei Doktorsex.

Fetisch stammt aus dem Lateinischen. Dort bedeutet „facere“ „machen“ oder „nachmachen“. Die Portugiesen nutzen das Wort „feitico“ für „Zauber“. Der Psychologe Alfred Binet verwendete den Begriff erstmals, um die sexuelle Fixierung auf ein Objekt zu beschreiben. Denn genau das ist ein Fetisch in diesem Kontext.

Mit Fetisch meinen die meisten Menschen heute ein Objekt, das von einer Person aus erotischen Gründen verwendet wird. Ein Fetisch kann dabei sexuelle Bedürfnisse befriedigen, auslösen oder beides zugleich.

Fetischismus wird auch als „Paraphilie“ bezeichnet. Der Begriff wird heute aber eher selten verwendet, da er suggeriert, dass ein Fetisch ein Krankheitsbild ist.

Welche Fetische gibt es?

Neben Objekten können auch Körperteile wie Haare, Füße oder Hände das Ziel eines Fetisches sein. Die Liste möglicher Fetische ist ziemlich lang. Wir stellen euch hier nur eine kleine Auswahl vor:

  • Agalmatophilie
    Das bedeutet, dass ein Mensch eine starke sexuelle Zuneigung zu (meist) nackten Statuen hegt. Menschen mit diesem Fetisch können sich auch von Darstellungen menschlicher Nacktheit auf Gemälden oder bei Schaufensterpuppen angezogen fühlen.
  • Dendrophilie
    „dendron“ bedeutet im Altgriechischen „Baum“. Menschen mit diesem Fetisch werden von Bäumen sexuell erregt. Die Art des Baumes spielt dabei wohl keine Rolle.
  • Mechanophilia
    Personen, die diesen Fetisch haben, fühlen sich von Robotern, Androiden, Autos, Computern oder Haushaltsgeräten sexuell angezogen.
  • Looners
    Menschen, die einen Fetisch für Luftballone haben, werden Looners genannt. Man geht davon aus, dass das Material des Ballons beim Lustempfinden eine Rolle spielt. Für einige ist der Geruch entscheidend, andere bauen das Platzen des Ballons ins Liebesspiel ein. Wieder andere reiben den Ballon über ihre Haut.
  • Plushophilie
    Wenn die sexuelle Lust mit Stofftieren wie Teddys befriedigt wird, nennt man das Plushophilie. Manche statten ihre Stofftiere dafür mit Löchern aus.
  • Voyeurismus und Exhibitionismus
    Beim Voyeurismus empfinden Personen Lust, wenn sie Paaren oder anderen Personen beim Sex zusehen. Ihr Gegenstück sind die Exhibitionisten. Sie erleben Erregung, wenn sie sich anderen nackt oder beim Sex zeigen.
  • Materialfetische
    Zarte Seide und Nylon oder auch Lack und Leder – für viele Menschen gehören das Anfassen oder der Geruch verschiedener Materialien zur sexuellen Stimulation hinzu.

    Die genannten Fetische sind nur einige von vielen Beispielen. Hier eine nicht vollständige Liste weiterer möglicher Fetische:
  • Fußfetisch
  • Crossdressing (das Tragen von Kleidung des anderen Geschlechts)
  • Klismaphilie (Einläufe)
  • Symphorophilie (Erregung durch Unfälle und Katastrophen)

Was ist der Unterschied zwischen Fetisch und Vorliebe?

Haben Frauen, die Schuhe lieben, einen Fetisch oder eine Vorliebe? Beides ist möglich. Wenn du einfach gerne Schuhe magst, das Kaufen und Tragen aber keine sexuelle Komponente hat, handelt es sich um eine Vorliebe. Ein Fetisch wird es dann, wenn dich zum Beispiel das Tragen von (bestimmten) Schuhen sexuell erregt.

Wie entstehen Fetische?

Viele Menschen mit und ohne Fetisch stellen sich die Frage, wie ein Fetisch entsteht. Was ist der Grund dafür, dass sich ein Mensch zu einem Objekt, einem Material oder auch einem Körperteil besonders hingezogen fühlt? Diese Frage ist zumindest wissenschaftlich noch nicht eindeutig geklärt. Es gibt aber durchaus Erklärungsansätze.

Ist ein Fetisch angeboren?

Immer wieder wird behauptet, Fetische seien angeboren. Expertinnen und Experten glauben aber nicht, dass das der Fall ist. Warum? Ganz einfach: Sie gehen davon aus, dass unsere Gehirne noch sehr steinzeitlich sind. In dieser Epoche der menschlichen Geschichte gab es aber kein Lack, keine Ballons und keine Stofftiere.

Trotzdem ist denkbar, so die Experten und Expertinnen, dass Veranlagungen eine Rolle spielen. Das heißt aber nicht, dass es ein Fetisch-Gen gibt.

Kommt ein Fetisch aus der Kindheit?

Durch Berichte von Fetischisten und Fetischistinnen geht man davon aus, dass eine kindliche Prägung zu einem Fetisch führen kann. Viele beschreiben, dass sie schon immer von einem bestimmten Objekt fasziniert waren. Aus dieser Faszination wurde im Laufe der Pubertät dann ein Fetisch.

Kommt ein Fetisch von einer unbewussten Verknüpfung?

Es gibt unter Psychologen auch die These, dass ein Fetisch bei Jugendlichen in der Pubertät durch die meist unbewusste Verknüpfung eines Objekts mit sexueller Erregung entsteht. Beispiel: Wird ein Pubertierender oder eine Pubertierende beim Spielen mit Schuhen zufällig sexuell erregt, kann es sein, dass das Gehirn die Erregung mit dem Schuh in der Hand verknüpft. Wiederholungen können diesen Fetischismus verstärken.

Wichtig zu wissen ist, dass Fetische nicht nur in jungen Jahren entstehen können, sondern in jedem Alter.

Die meisten Menschen haben sexuelle Vorlieben, bei manchen ist es ein Fetisch. Noch ist nicht endgültig geklärt, ob die Gene oder auch die frühkindliche Prägung eine Rolle spielen.

Wenn du einen Fetisch entwickelst, der gefühlt außerhalb der gesellschaftlichen Norm liegt, heißt das nicht, dass mit dir irgendetwas nicht stimmt. Sexuelle Vorlieben können von Mensch zu Mensch sehr, sehr unterschiedlich sein. Solange zwischen dir und deinem Fetisch Freiwilligkeit herrscht und niemand verletzt wird, spricht nichts dagegen, den Fetisch auszuleben.

Wie gehe ich in meiner Beziehung mit einem Fetisch um?

„Der erste Schritt ist, offen darüber zu reden, was deine Wünsche, deine Vorlieben und Bedürfnisse sind. Ich bin mir sicher, dass fühlt sich am Anfang etwas komisch an und kann Überwindung kosten. Vertraust du deinem Partner oder deiner Partnerin, kann aber wenig schiefgehen“, rät Umut Özdemir.

Das Gespräch kannst du zum Beispiel so anfangen: „Hey, es gibt da etwas, über das ich gerne mit dir reden möchte.“ Dann leg einfach los. Erzähl deinem Gegenüber, was genau du magst und vielleicht auch, warum das so ist (sofern du es weißt). Frag deinen Partner oder deine Partnerin, was er oder sie darüber denkt. „Wer weiß, vielleicht hat dein Partner ja auch einen Fetisch, von dem du gleich erfahren wirst. Dann könnt ihr das beide zusammen einfach alles mal ausprobieren“, sagt Özdemir.

Bei all dem sollte eines klar sein: Consent ist ein absolutes Muss. Du kannst nicht davon ausgehen, dass alles in Ordnung ist, wenn dein Partner oder deine Partnerin nichts sagt. Frag dein Gegenüber also ganz direkt, ob es mit dem Ausleben eines Fetischs einverstanden ist. Ganz wichtig ist auch, dass die Zustimmung nicht für immer gültig ist. Jeder kann jederzeit seine Meinung ändern. Das ist völlig in Ordnung.

Fazit:

Wer einen Fetisch hat, bezieht seine sexuelle Lust auf ein Objekt, eine Tat oder einen anderen Teilbereich des Lebens. Manche schauen anderen gerne beim Sex zu, andere empfinden Lust dabei, sich wie das andere Geschlecht zu kleiden. Es ist okay, einen Fetisch zu haben. Wichtig ist, ihn so auszuleben, dass man niemandem schadet. Lebst du deinen Fetisch in deiner Partnerschaft aus, hol dir dafür immer eine klar formulierte Zustimmung deiner Partnerin oder deines Partners ein.

Hast du weitere Fragen, Themenwünsche oder etwas anderes auf dem Herzen? Dann schreib uns: doktorsex@dak.de! Wir freuen uns, von dir zu hören.

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