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Jungfernhäutchen – Mythen und Fakten

Symbolbild für Jungfernhäutchen: Ein Teenagermädchen liegt auf einer Wiese und macht Seifenblasen

Ein bisschen ist es mit dem Jungfernhäutchen wie mit dem Einhorn: Es wird viel und gern darüber geredet, aber eigentlich existiert es gar nicht. Beim Einhorn mag das okay sein, beim Jungfernhäutchen sollte man dagegen wissen, was Mythos und was Fakt ist. Höchste Zeit also, ein paar grundsätzliche Dinge richtigzustellen.

Die Wahrheit über das Jungfernhäutchen

Mythos: Das Jungfernhäutchen ist eine dünne Haut vor der Vagina, die nur Mädchen oder Frauen haben, die noch nicht „entjungfert“ wurden.

Fakt: In Wahrheit ist das Häutchen ein dehnbares Kränzchen hinter den kleinen Schamlippen, das den Eingang der Vagina umrahmt und nicht verschließt, sonst könnte während der Menstruation das Blut auch gar nicht abfließen. Ob die Frau schon einmal Sex hatte, bei dem sie penetriert wurde, lässt sich nicht daran ablesen, ob das Kränzchen noch existiert oder nicht.

Was ist dann überhaupt der Zweck des sogenannten „Jungfernhäutchens“?

Unsere Sexualorgane entwickeln sich, während wir uns im Bauch unserer Mutter befinden. Damit kein störendes Fruchtwasser eindringen kann, ist bei weiblichen Babys der Eingang zur Vagina noch verschlossen. Und zwar mit dem Vaginalkränzchen, dessen Aussehen sich von Frau zu Frau deutlich unterscheiden kann. Kurz vor der Geburt bildet sich das Vaginalkränzchen bereits leicht zurück. Aber nicht ganz: Bis zur Pubertät wird es noch benötigt, da es die weiblichen Geschlechtsorgane vor Keimen schützt. Mit dem Einsetzen der Pubertät sorgen dann Hormone dafür, dass spezielle Milchsäurebakterien den Schutz der Geschlechtsorgane übernehmen. Das Vaginalkränzchen hat damit seine Schutzaufgabe erfüllt – das bedeutet aber nicht, dass es plötzlich verschwindet.

Und wieso blutet es dann oft beim ersten Mal und tut weh?

Das Vaginalkränzchen ist keine Folie, die beim Sex durchstoßen wird und deswegen blutet. Es kann allerdings ein wenig einreißen. Oft sind die Ursache für eine Blutung aber auch Risse in der Vaginalwand. Der Schmerz wiederum kann einfach durch das Verkrampfen der Vaginal- oder Beckenbodenmuskeln ausgelöst werden. Je entspannter der Sex, desto weniger tut es weh. So richtig entspannt wird Sex erst mit mehr Übung.

Aber wieso dann das ganze Gerede von der Entjungferung?

Lange Zeit waren Gesellschaften sehr stark von der männlichen Sichtweise geprägt, eine Frau sei so etwas wie das Eigentum des Mannes. Ihr Wert stieg und fiel mit der Frage, ob sie „unberührt“ war oder nicht. Aber woran sollte man das erkennen? Zu diesem Zweck wurde irgendwann in grauer Vorzeit das Jungfernhäutchen erfunden, das – wie wir heute ja wissen – eigentlich ein Vaginalkränzchen ist. Ein „unbeschädigtes“ Jungfernhäutchen bedeutete dem Mythos nach also Jungfräulichkeit und ein beschädigtes oder nicht vorhandenes Jungfernhäutchen das Gegenteil. In Wahrheit sagt das Vaginalkränzchen allerdings überhaupt nichts über die Jungfräulichkeit aus.

Weder ist ein unbeschädigtes Kränzchen ein Zeichen für sexuelle Enthaltsamkeit noch ist ein beschädigtes Kränzchen ein Beweis dafür, dass Geschlechtsverkehr stattgefunden hat. Das Kränzchen ist so elastisch, dass es auch durch das Eindringen des Penis und eine Penetration nicht zwingend zerstört wird. Zum Beispiel haben Wissenschaftler bei einer Untersuchung von 36 schwangeren Teenagerinnen festgestellt, dass sich das Vaginalkränzchen nur bei zwei von ihnen verändert hatte.

Du fragst dich jetzt vielleicht: Wieso hält sich der Mythos vom Jungfernhäutchen dann überhaupt so hartnäckig?

Ein Mythos funktioniert nur dann, wenn viele Menschen an ihn glauben und sich niemand traut, ihn infrage zu stellen. Auch wenn man daran zweifelt. Manchmal hält man an Mythen fest, weil die Dinge schon immer so waren. Weil sie zur Tradition gehören. Und manchmal vielleicht auch, weil es gefährlich ist, dem zu widersprechen, was alle anderen sagen. Doch wenn verlangt wird, dass man sich „züchtig“ und „anständig“ verhält und alles meidet, was das wertvolle Jungfernhäutchen gefährden könnte – Sex vor der Ehe, Selbstbefriedigung, Petting und intensiven Sport – wird aus einem Mythos ein Mittel, mit dem Macht ausgeübt wird. Macht über die Sexualität, den Körper und damit das Leben von Mädchen und Frauen. Es gibt also gute Gründe, das „Jungfernhäutchen“ dorthin zu verbannen, wo es hingehört: ins Reich der Mythen und Märchen.

Hast du weitere Fragen, Themenwünsche oder etwas anderes auf dem Herzen? Dann schreib uns: doktorsex@dak.de! Wir freuen uns, von dir zu hören.

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