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Düsseldorf, 20. April 2022. Die Mehrheit der jungen Menschen in Nordrhein-Westfalen ist bereit und offen für die Pflege von Angehörigen. Nach einer Sonderauswertung des Pflegereports der DAK-Gesundheit gaben dies 68 Prozent der Befragten an. Mehr als ein Viertel der 16- bis 39-Jährigen ist demnach schon täglich in der Pflege ihrer nahen Verwandten aktiv. NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann spricht sich im Report für mehr Unterstützung junger Pflegender aus: „Kinder und Jugendliche, die Mitglieder ihrer Familien betreuen, stoßen oft an die Grenzen ihrer Belastungsfähigkeit. Minderjährige Pflegende sind nahezu unsichtbar in unserer Gesellschaft.“ Der Pflegereport der DAK-Gesundheit leiste einen wichtigen Beitrag, diese Gruppe in den Fokus zu rücken.
Die meisten jungen Pflegenden im Land nehmen laut DAK-Studie kaum Hilfe in Anspruch und haben sich ihr Pflegewissen selbst beigebracht. „Die jungen Menschen sind dazu bereit, Verantwortung zu übernehmen,“ sagt Klaus Overdiek, Leiter der Landesvertretung Nordrhein-Westfalen der DAK-Gesundheit. „Aber sie müssen auch die nötige Unterstützung erfahren.“ Anfang April hatte Overdiek einen „Runden Tisch Pflege“ gefordert. Anlass war eine Forsa-Studie im Auftrag der DAK-Gesundheit, wonach die Pflege das mit Abstand wichtigste gesundheitspolitische Thema in Nordrhein-Westfalen ist. Auch 86 Prozent der Befragten im NRW-Pflegereport sind der Meinung, dass die Pflege nicht den Stellenwert hat, den sie verdient.
Sorge vor Überforderung und finanzieller Belastung
37 Prozent der jüngeren Menschen in Nordrhein-Westfalen übernehmen mehrmals pro Woche Pflegeaufgaben. Der Anteil derer, die sogar täglich mehr als drei Stunden dafür aufwenden, beträgt 27 Prozent und liegt damit deutlich über dem bundesweit ermittelten Wert von 18 Prozent. Allerdings kann sich auch rund ein Drittel der befragten jungen Menschen in Nordrhein-Westfalen nicht vorstellen, Angehörige zu pflegen. Ein Großteil aus dieser Gruppe traut sich Pflegetätigkeiten nicht zu (59 Prozent), 46 Prozent befürchten seelische Belastungen. Jeder dritten befragten Person wäre die Pflege eines Angehörigen unangenehm, 29 Prozent haben Sorge vor einer zu starken finanziellen Belastung und 28 Prozent geben an, zu weit entfernt zu wohnen. Während fast alle diese Werte im Bundesschnitt ähnlich ausfielen, ist bei der finanziellen Sorge ein deutlicher Unterschied zu erkennen: Bundesweit hatten sich lediglich 22 Prozent so geäußert.
Ein entscheidender Grund für eine ablehnende Haltung sind Zweifel an der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Dies gaben 42 Prozent der jungen Befragten, die sich eine Beteiligung an der Pflege nicht vorstellen können. Nur ein kleiner Teil der jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Nordrhein-Westfalen hat die Berufstätigkeit wegen der Pflegeaufgaben in der Familie reduziert (13 Prozent) oder aufgegeben (6 Prozent), jedoch war auch knapp die Hälfte (45 Prozent) der jungen Befragten zum Zeitpunkt der Angehörigenpflege nicht berufstätig.
Positive Erfahrungen, aber wenig Beratung und Unterstützung
Trotz mancher Sorgen und Anstrengungen berichten junge Pflegende aus Nordrhein-Westfalen positiv von ihren Pflegeerfahrungen: 46 Prozent geben an, in der Pflegesituation schöne Momente erlebt zu haben. 39 Prozent berichten, sie hätten durch die Pflege eine engere Bindung zu ihren Angehörigen aufgebaut. Sorgen bereitet ihnen eine mögliche Verschlechterung des Gesundheitszustands der zu pflegenden Person (43 Prozent). Jeweils ein Viertel fühlt sich von der Pflegesituation überfordert, sieht sich zeitlich zu stark eingeschränkt oder berichtet von großem bürokratischem Aufwand. Für mehr als ein Viertel (28 Prozent) hat sich die Sicht auf die Welt verändert. Sie geben an, durch die Pflege gelernt zu haben, was im Leben wichtig sei.
Es fällt auf, dass junge Pflegende in der Mehrzahl Autodidakten sind. 64 Prozent haben sich ihr Pflegewissen selbst beigebracht, nur wenige haben sich durch Kurse (12 Prozent), Fachbücher (9 Prozent) oder Fachzeitschriften (6 Prozent) weitergebildet. Sozialminister Laumann kennt die Zahlen und sieht einen großen Bedarf an individuellen Beratungs- und Entlastungsangeboten: „Junge Pflegende nutzen häufig digitale Medien, um Informationen und Beratung zu erhalten. Darauf müssen sich die Pflegeberatungsstellen einstellen. Auch die Pflegeberaterinnen und Pflegeberater wünschen sich Fortbildungen, um die Bedürfnisse junger Pflegender zu identifizieren.“
Wichtig sei dabei, dass eine Pflegeberatung zum frühestmöglichen Zeitpunkt ansetzt, ergänzt DAK-Landeschef Overdiek. „Angebote für junge Pflegende müssen in deren Lebenswirklichkeit passen. Mit unseren digitalen Angeboten haben wir hier bereits ein gutes Angebot, das wir aber noch ausbauen wollen. Dabei sind auch die Kommunen gefragt“, sagt Overdiek. Ein Beispiel, wie die Zusammenarbeit gelingen kann, sind Regionale Pflegekompetenzzentren (ReKo): In einem gemeinsamen Projekt der DAK-Gesundheit, der Universität Osnabrück und der Gesundheitsregion EUREGIO werden in einer Modellregion in Niedersachsen Pflegebedürftige betreut. Das Projekt wird vom Innovationsfonds der Bundesregierung gefördert und könnte auch Beispiel für die Zukunft der Pflege in Nordrhein-Westfalen sein.
Pflegereport der DAK-Gesundheit erstmals für NRW
Ein Team um Professor Thomas Klie von der Evangelischen Hochschule Freiburg hat auf der Grundlage des bundesweiten Pflegereports 2021 der DAK-Gesundheit erstmals eine Sonderauswertung für NRW vorgelegt. Die bundesweiten Ergebnisse stützen sich neben qualitativen Interviews auf eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach unter 1.310 Frauen und Männer im Alter zwischen 16 und 39 Jahren, davon 273 aus Nordrhein-Westfalen.
Die Bereitschaft, Angehörige zu pflegen, entspricht demnach in Nordrhein-Westfalen genau dem Bundesschnitt. Auffällig häufig jedoch sehen junge Pflegende in Nordrhein-Westfalen eine moralische Verpflichtung, ihre Angehörigen zu Hause zu unterstützen: 57 Prozent antworten auf die Frage „Stehen Kinder in der Pflicht, die Pflege ihrer Eltern zu übernehmen?“ in Nordrhein-Westfalen mit Ja. Im bundesweiten Durchschnitt sind es nur 41 Prozent. „Wir beobachten eine Generationenverbundenheit mit einer hohen Qualität“, sagt Overdiek. Das beeindruckt auch Minister Laumann: „Diese belastbaren familiären Bindungen und das Gefühl, bei seinen Angehörigen gut versorgt zu sein, ist wie der Kitt unserer Gesellschaft.“
Die DAK-Gesundheit ist mit 5,5 Millionen Versicherten die drittgrößte Krankenkasse Deutschlands. Angebote der DAK-Gesundheit speziell für junge Pflegende stehen online unter: www.dak.de/junge-pflegende