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Dürfen Eltern vor Kindern streiten?

Symbolbild für Eltern, die streiten

Ob finanzielle Uneinigkeiten, Fahrstil, Sex- oder Erziehungsfragen: Der Streit gehört zur Partnerschaft wie die Butter aufs Brot. Doch gerade hitzige Meinungsverschiedenheiten können belastend sein – für das Paar selbst, aber auch für die Kinder. Konstruktive und faire Auseinandersetzungen der Eltern können daher gewinnbringend für die kindliche Entwicklung sein. Hier erklären wir, wie sich Streit  auf Kinder auswirkt, wie Eltern eine faire Streitkultur gelingt und was Kinder daraus lernen können.

Elterlicher Streit: So wirkt er auf Kinder

Viele Menschen sind sich nicht darüber im Klaren, wie sensibel Kinder auf Auseinandersetzungen reagieren. Denn kleine Kinder nehmen Mimik, Gestik und Stimmungen wahr, können diese jedoch anders als Erwachsene noch nicht richtig einordnen. Manch einer mag nun denken: „Wenn Kinder nicht verstehen, worum es geht, ist es doch egal, wenn sie dabei sind.“ Aber gerade weil sie noch nicht vollends erfassen können, was bei Mama und Papa gerade los ist, reagieren sie mehr auf negative Vibes. Sie sehen das familiäre Gefüge bedroht und haben das Gefühl, sich für einen Elternteil entscheiden zu müssen. Dabei lieben Kinder in der Regel Mama und Papa gleichermaßen. Was bleibt, ist emotionaler Stress, die Angst vor dem Zerfall der Familie und häufig der Gedanke, selbst schuld zu sein. Kinder benötigen für eine gesunde Entwicklung Stabilität. Und das Gefühl, sicher und geborgen zu sein, kann bei wiederholt unfair ausgefochtenen Konflikten der Eltern ins Wanken geraten.

Was sind die langfristigen Folgen von Streit vor den Kindern?

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Derartige Konflikte werden dabei nicht nur im Moment des Geschehens als verstörend empfunden, sondern können weit über die Kindheit hinaus nachwirken. Sie nagen mitunter an der emotionalen Stabilität des Kindes, ziehen Selbstvertrauenseinbußen nach sich und lassen tiefe Verletzungen in der Seele zurück. Das wiederum kann einen negativen Einfluss auf die Beziehungen und Partnerschaften in seinem Erwachsenenleben haben: Unsicherheiten, Anpassungsschwierigkeiten oder Aggressivität können zu Schwierigkeiten beim Eingehen emotionaler Bindungen und anderen Problemen führen. Das alles muss natürlich nicht eintreten, aber die Wahrscheinlichkeit steigt bei einer angstbehafteten Kindheit deutlich. Es ist für Eltern also absolut ratsam, vor den Kindern nicht die Beherrschung zu verlieren. Auseinandersetzungen gibt es in jeder Partnerschaft, aber sie sollten ohne Brüllen, Gewalt und Demütigungen ausgetragen werden. Wie ein konstruktives, faires Konfliktverhalten gelingt, erfährst du im kommenden Abschnitt.

Tipps zum konstruktiven Streiten

Bei allen lauernden Gefahren für den Nachwuchs: Auseinandersetzungen sind nicht nur völlig normal, sondern können auch wichtig für eine Beziehung sein. Schließlich hat jeder seine individuellen Bedürfnisse und Wünsche, die es auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen gilt. Im besten Fall wirkt Streit wie ein reinigendes Gewitter, bei dem Emotionen hochkochen, bislang unausgesprochene Punkte ans Tageslicht kommen und am Ende ein gefundener Kompromiss für positive Gefühle sorgt. Das gelingt in der Regel aber nur mit einer fairen Streitkultur. Wie also funktioniert „gutes“ Streiten?

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Tipps zum konstruktiven Streiten

  • Bekriege nicht dein Gegenüber, sondern streite über den Streitgegenstand
  • Zügele deine Emotionen, bleib ruhig und werde nicht zu laut
  • Beleidigungen und persönliche Angriffe sind tabu, insbesondere vor Kindern
  • Auch physische Übergriffe sind tabu
  • Streite respektvoll und lass dein Gegenüber ausreden
  • Scheue dich nicht, deine eigenen Wünsche ehrlich auszusprechen
  • Erkläre dich mit Ich-Sätzen und vermeide Du-Vorwürfe
  • Instrumentalisiere nicht dein Kind, um deine Standpunkte durchzubringen
  • Konzentriere dich auf das Ziel/die Lösung des Konflikts; weiche nicht vom Thema ab
  • Wenn Kinder den Streit mitbekommen, erkläre ihnen hinterher die Lösung und mach ihnen unmissverständlich klar, dass es nicht um sie geht
  • Strebe für wiederkehrende Streitthemen langfristige Lösungen an

Vieles davon ist vermutlich leichter gesagt als getan. Und bis man eine angemessene Streitkultur etabliert hat, ist es zuweilen ein weiter Weg. Wenn du also merkst, dass die Emotionen überkochen und einer von euch die Kontrolle verliert, bleibt immer noch die zeitlich-räumliche Unterbrechung der Debatte. Und im Zweifel natürlich die Familienberatung oder Paartherapie.

Der positive Effekt von Streit

Wie oben bereits angedeutet, kann sich so ein Elternstreit auch positiv auf die Entwicklung eines Kindes auswirken. Dabei ist es zunächst einmal gut, deinem Kind zu erklären, dass Streiten zum Leben dazugehört und Uneinigkeiten nicht bedeuten, dass die elterliche Beziehung auf der Kippe steht. Mach ihm klar: Auch wenn Mama und Papa  sich sehr nahestehen, sind sie zwei Individuen mit eigenen Wünschen und Vorstellungen. Und um möglichst viele davon unter einen Hut zu bringen, muss über Lösungen und Kompromisse debattiert werden. Solange das im respektvollen Rahmen geschieht, lernen Kinder, dass auch zwei sich wertschätzende Menschen mal aneinandergeraten, sich hinterher aber auch wieder vertragen können. Sie lernen, wie so ein Streit abläuft, wie man ihn vielleicht vermeiden und wie im Idealfall eine Lösung gefunden werden kann, mit der alle Beteiligten zufrieden sind. Ihr als Eltern übernehmt hier eine Vorbildfunktion: Ihr lebt eurem Kind vor, wie man sich als Team schwierigen Situationen stellt und sie bewältigt. Die Aussprache und anschließende Versöhnung nach einer Auseinandersetzung können letztlich die empfundene Nähe und das Vertrauen stärken und euch als Familie weiter zusammenschweißen.

Also: streitet! Aber streitet mit Bedacht und Wertschätzung. Dann steht dem Familienfrieden und einer gesunden Entwicklung eures Kindes wenig im Wege.

Autor(in)

Qualitätssicherung

Franziska Kath

Diplom-Psychologin bei der DAK-Gesundheit

Aktualisiert am:
040 325 325 555

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