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DAK-Pflegereport: Baby-Boomer-Effekte verschärfen die Personalnot in Niedersachsen deutlich

Hannover, 25. September 2024. Das Ausscheiden der Baby-Boomer-Generation verschärft die Situation der beruflichen Pflege in Niedersachsen massiv. Neben erheblichen Finanzierungslücken in der Pflegeversicherung bedroht die steigende Personalnot zunehmend die Versorgung pflegebedürftiger Menschen. Das sind Ergebnisse des aktuellen Landespflegereports der DAK-Gesundheit, für den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter der Leitung von Professor Thomas Klie vom Institut AGP Sozialforschung die Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf das Pflegesystem untersucht haben. Demnach wird die ohnehin dünne Arbeitsmarktreserve in Niedersachsen von rund 2.700 Fachkräften (2,4 Prozent) in 2025 auf lediglich rund 600 Fachkräfte (0,5 Prozent) im Jahr 2030 abschmelzen. Die Folge: Ausscheidendes Pflegepersonal kann in Niedersachsen lediglich ersetzt werden. Ein Personal- und Strukturaufbau, um den demografischen Wandel abfedern zu können, ist laut DAK-Landespflegereport nicht möglich. Demnach müssen in den nächsten zehn Jahren in Niedersachsen 22,1 Prozent vom Pflegepersonal ersetzt werden, 0,2 Prozentpunkte mehr als im Bundesdurchschnitt (21,9 Prozent).

„Wir stehen in Niedersachsen vor einer großen Herausforderung beim Personalbedarf an Pflegekräften. Trotz anderslautender Versprechen sehen wir keine Entlastung für die Pflegenden und keine Reserven für den demografischen Wandel“, sagt DAK-Landeschef Dirk Vennekold zu den Reportergebnissen. „Wir brauchen eine grundlegende Reform der Pflegeversicherung, um die Pflege mit neuen Versorgungskonzepten zukunftsfähig zu machen.“ Steigende Kosten, immer mehr Pflegebedürftige und beständig abnehmende Personalressourcen strapazierten das System. Verschärft wird die Personalproblematik durch Effekte der Baby-Boomer-Generation: Mit den nahenden Renteneintritten werde die Zahl der Pflege-Fachkräfte signifikant sinken.

Arbeitsmarktreserve schmilzt auf 0,5 Prozent
2023 gab es fast 110.000 professionell Pflegende in Niedersachsen. Rund 24.000 von ihnen erreichen in den nächsten zehn Jahren das Renteneintrittsalter – das sind 22,1 Prozent. Dieser Ersatzbedarf beschreibt dabei ausschließlich, wie groß die Lücke netto ist. Der tatsächliche Bedarf dürfte vor dem Hintergrund einer kontinuierlich wachsenden Zahl pflegebedürftiger Menschen noch weitaus größer sein. „Wir schätzen, dass in den nächsten 25 Jahren rund 2,3 Millionen Menschen bundesweit mehr als heute auf pflegerische Unterstützung angewiesen sein werden“, sagt Studienleiter Prof. Dr. Thomas Klie. Laut DAK-Landespflegereport schmilzt in Niedersachsen die Arbeitsmarktreserve in der beruflichen Pflege bis 2030 auf 0,5 Prozent ab. Für 2025 liegt die Prognose bei 900 Renteneintritten, denen circa 3.600 Berufseinsteiger gegenüberstehen – das entspricht einer Arbeitsmarktreserve von 2,4 Prozent. Diese bereits äußerst dünne Personaldecke verkleinert sich 2027 auf 1,0 Prozent: Rechnerisch steht dann lediglich noch eine Reserve von knapp 1.200 Arbeitskräften zur Verfügung. 2030 geht diese noch einmal massiv auf rund 600 Kräfte zurück, was 0,5 Prozent entspricht. „Wir haben trotz guter Ausbildungszahlen keinen Puffer gegen die berufsdemografischen Dynamiken in der Pflege“, sagt Pflegeexperte und Studienleiter Prof. Thomas Klie. „Ein Ausbau der Personalkapazitäten in der Pflege wird demografiebedingt nicht gelingen. Mithilfe von Wiedereinsteigerprogrammen, Zuwanderung und Qualifizierungsstrategien lassen sie sich bestenfalls stabil halten.“

Starke gesundheitliche Belastungen
Hinzu kommt eine überdurchschnittlich große gesundheitliche Belastung des Pflegepersonals. Vor allem Erkrankungen des Bewegungsapparates und psychische Belastungen sind ursächlich für durchschnittlich 53 Fehltage von Beschäftigten in Pflegeberufen in Niedersachsen in der Altersgruppe ab 58 Jahren. Zum Vergleich: In anderen Berufsgruppen in dieser Alterssparte sind es 33 Fehltage (2022). Auch 2023 hatte die Berufsgruppe, zu der die Altenpflege gehört, mit 7,2 Prozent in Niedersachsen einen überdurchschnittlich hohen Krankenstand. Das bedeutet, dass jeden Tag 72 Mitarbeitende von 1.000 krankgeschrieben waren (Landesschnitt über alle Berufsgruppen: 5,6 Prozent). „Die Personalsituation in der Pflege ist auch in Niedersachsen alarmierend und wird durch die Renteneintritte der Baby-Boomer vor weitere große Herausforderungen gestellt. Die Zahl der Fachkräfte sinkt rapide und hat schon jetzt regionale Engpässe zur Folge. Mittelfristig wird dieser Mangel so gravierend, dass unser Pflegesystem an seine Belastungsgrenze kommt“, sagt Dirk Vennekold, Leiter der DAK-Landesvertretung in Niedersachsen.

Sorgen um finanzielle Absicherung bei Pflegebedürftigkeit
Steigende Kosten belasten das Pflegesystem zusätzlich: Bereits für das vierte Quartal 2024 zeichnen sich laut Berechnungen im DAK-Pflegereport deutliche Finanzierungslücken ab, die voraussichtlich Beitragssatzerhöhungen noch vor der Bundestagswahl im kommenden Jahr erforderlich machen. Damit einher geht auch die Frage der finanziellen Absicherung der Menschen. Laut einer repräsentativen Umfrage vom Institut für Demoskopie Allensbach im Rahmen des DAK-Pflegereports gaben 44 Prozent der Befragten in Niedersachsen an, sich Sorgen zu machen, im Fall der Pflegebedürftigkeit nicht ausreichend finanziell abgesichert zu sein. „Die Sorgen der Menschen in Niedersachsen müssen wir ernst nehmen“, sagt Vennekold „Das von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im vergangenen Jahr abgegebene Versprechen einer zumindest kurzfristigen Stabilisierung der Pflegefinanzen bis zum Ende der laufenden Wahlperiode ist wohl nicht mehr zu halten.“ Er fordert ein Konzept, das den wachsenden Finanzbedarf aufgrund steigender Kosten in der pflegerischen Versorgung langfristig absichert. Dies sei essenziell, um das Pflegesystem zukunftsfähig zu machen.

Die DAK-Gesundheit ist mit gut 5,5 Millionen Versicherten, davon rund 530.000 in Niedersachsen, die drittgrößte Krankenkasse Deutschlands. Angebote zum Thema Pflege unter Pflege: Tipps und Leistungen (dak.de)

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(Copyright: DAK-Gesundheit/GettyImages)

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