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RSV-Infektion im Saarland: Sechsmal mehr Babys in Kliniken

Saarbrücken, 05. April 2023. Im Saarland mussten drastisch mehr Neugeborene und Säuglinge mit dem sogenannten RS-Virus in Kliniken behandelt werden. Unter Einjährige erkrankten in der Saison 2021/22 sechsmal so häufig schwer am Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) wie 2018/19. Hochgerechnet auf alle im Saarland lebenden Kinder mussten rund 700 Babys mit schweren Atemwegsproblemen im Krankenhaus behandelt werden. Das zeigt eine repräsentative DAK-Sonderanalyse des rheinland-pfälzischen Kinder- und Jugendreports. Als erste Krankenkasse hat die DAK-Gesundheit Krankenhausbehandlungen von Kindern und Jugendlichen im Hinblick auf RSV-Infektionen bis Ende 2022 untersucht. Mediziner beobachten erhebliche Nachholeffekte nach der Corona-Pandemie. Landeschef Günther fordert bessere Vorbereitung auf Infektionswellen.

„Unsere Analyse zeichnet ein dramatisches Bild und macht deutlich: Es gibt einen akuten Handlungsbedarf der Landespolitik“, sagt Jürgen Günther, Leiter der DAK-Landesvertretung in Saarland. „Wir müssen im Klinikbereich und im ambulanten Sektor in Zukunft besser auf Infektionswellen vorbereitet sein. Es kann nicht sein, dass vorhandene Behandlungsplätze wegen Personalmangels nicht genutzt werden können. Das müssen wir künftig unbedingt vermeiden.“, so Günther.
Sofort-Maßnahmen der Politik, wie zusätzliche Mittel für Kinderkliniken oder Behandlungen von Atemwegserkrankungen durch niedergelassene Kinderärztinnen und Kinderärzte gingen in die richtige Richtung. „Ich wünsche mir im Saarland einen Runden Tisch zur Kindergesundheit. Dort sollten Politiker, Mediziner und weitere Akteure des Gesundheitswesens eng zusammenarbeiten, damit wir noch mehr erreichen können.“

Ausfall der RSV-Welle in der Pandemie
Die DAK-Sonderanalyse macht deutlich, dass während der Hochphase der Covid-19-Pandemie 2020/2021 im Saarland nahezu keine Kinder mit RSV-Infektionen im Krankenhaus behandelt worden sind. Nach der Corona-Pandemie hat sich der Höhepunkt der RSV-Welle zeitlich nach vorne verschoben. Und es wurden merklich mehr Kinder stationär versorgt: So versechsfachte sich in der Saison 2021/22 der Anteil der saarländischen Babys, die mit RSV im Krankenhaus behandelt wurden, im Vergleich zur Saison 2018/19. Hochgerechnet mussten in der Saison 2021/22 in Saarland rund 700 Neugeborene und Säuglinge in Kliniken versorgt werden.

Atemwegserkrankungen sind ein häufiger Grund für Krankenhausbehandlungen im Kindes- und Jugendalter. So waren in der Saison 2021/22 insgesamt 58 Prozent aller Krankenhausaufenthalte von saarländischen Kindern und Jugendlichen auf Atemwegsinfekte zurückzuführen. 23 Prozent aller Kinder, die mit Atemwegserkrankungen in Kliniken versorgt wurden, waren Neugeborene und Säuglinge unter einem Jahr.

Medizin-Experten sehen erhebliche Nachholeffekte
"Die Ergebnisse zeigen genau das, was wir in den Praxen erlebt haben“, sagt Dr. Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte. RSV-Infektionen seien die Ursache typischer saisonaler Atemwegsinfektionen, die wellenförmig verlaufen. Diese Wellen seien unvorhersehbar stark ausgeprägt, was natürlich erhebliche Auswirkungen auf die Krankheitslast nicht nur in den Kliniken habe. „Die Saison 2020/21 ist wegen der Corona-Schutzmaßnahmen nahezu ausgefallen. Dieser Ausfall der Welle 2020/21 und das zeitliche Vorziehen der sehr starken Welle 2021/22 lassen den Schluss zu, dass es zu erheblichen Nachholeffekten infolge der Corona-Maßnahmen gekommen ist.“

Dies bestätigt auch Prof. Dr. med. Johannes G. Liese, Leiter des Bereichs pädiatrische Infektiologie und Immunologie am Universitätsklinikum Würzburg: „Die ausgeprägt starke Krankheitslast durch RSV-Erkrankungen im Herbst 2021 und Herbst/Winter 2022/23 hat verschiedene Gründe. In erster Linie sind hierfür die nicht-pharmazeutischen Maßnahmen während der Corona-Pandemie wie Kontaktverbote oder Schulschließungen zu nennen. Durch diese kam es im März 2020 zu einem abrupten Abbruch der RSV-Saison 2019/2020 sowie zu einem nahezu kompletten Ausfall der RSV-Saison im Herbst/Winter 2020/2021.“

Für BVKJ-Präsident Fischbach ist auffällig, dass ungewöhnlich viele Neugeborene und Säuglinge trotz erheblicher Krankheitslast nicht stationär aufgenommen werden konnten, weil kein Platz mehr in den Kliniken war. Dies habe in der ambulanten Versorgung zu einem erheblichen Betreuungs- und Versorgungsaufwand geführt, da engmaschige Kontrollen erforderlich gewesen wären. „Die Kliniken arbeiteten an ihren Kapazitätsgrenzen, was nicht zuletzt auch durch coronabedingt hohe Personalausfälle bedingt war. Das galt auch für den ambulanten Versorgungsbereich“, so Fischbach. „Wir brauchen mehr Kinderkrankenschwestern und -pfleger, die durch eine fachbezogene Ausbildung gewonnen werden müssen.“

Für die DAK-Sonderanalyse im Rahmen des saarländischen Kinder- und Jugendreports untersuchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Vandage und der Universität Bielefeld Abrechnungsdaten von über 9.700 Kindern und Jugendlichen bis 17 Jahren, die bei der DAK-Gesundheit versichert sind. Analysiert wurden die Jahre 2017 bis 2022. Damit legt die Krankenkasse erstmals aktuelle Daten zu RSV-Infektionen und Atemwegserkrankungen im Saarland vor.

Die DAK-Gesundheit ist mit 5,5 Millionen Versicherten die drittgrößte Krankenkasse Deutschlands und engagiert sich besonders für Kinder- und Jugendgesundheit. Insgesamt sind bei der Krankenkasse im Saarland rund 69.000 Menschen versichert.

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