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Schleswig-Holstein: Jedes vierte Schulkind hat psychische Probleme

Kiel, 14. Januar 2020. Fast ein Viertel aller Schulkinder in Schleswig-Holstein zeigt psychische Auffälligkeiten. Mehr als zwei Prozent aller Jungen und Mädchen zwischen zehn und 17 Jahren leiden an einer diagnostizierten Depression, 2,3 Prozent unter einer Angststörung. Das zeigt der aktuelle Kinder- und Jugendreport der DAK-Gesundheit „Ängste und Depressionen bei Schulkindern“. Hochgerechnet sind insgesamt etwa 9.500 Schulkinder in Schleswig-Holstein betroffen, Mädchen doppelt so häufig wie Jungen. Für die Versorgung depressiver Schulkinder gibt die DAK-Gesundheit im nördlichsten Bundesland im Jahr pro Kopf durchschnittlich 2.870 Euro mehr aus als für seelisch gesunde Gleichaltrige. 

Im Auftrag der DAK-Gesundheit hat die Universität Bielefeld die Gesundheits- und Versorgungssituation von Jungen und Mädchen in Schleswig-Holstein umfassend untersucht. Die repräsentative Studie mit Abrechnungsdaten aus 2016 und 2017 nimmt insbesondere die seelische Gesundheit von Jungen und Mädchen in den Fokus. „Wir wollen das Tabu brechen, das psychische Erkrankungen noch immer umgibt“, sagt Cord-Eric Lubinski, Leiter der DAK-Landesvertretung in Schleswig-Holstein. „Die betroffenen Kinder leiden oft leise, bevor sie eine passende Diagnose bekommen. Wir müssen aufmerksamer werden – ob in der Familie, in der Schule oder im Sportverein – und nachhaltig helfen.“

Ängste und Depressionen treten oft parallel auf
24 Prozent aller Jungen und Mädchen in Schleswig-Holstein im Schulalter sind von einer psychischen Erkrankung oder Verhaltensstörung betroffen. Vor allem jüngere Schulkinder fallen am häufigsten durch Entwicklungsstörungen auf, zu denen Sprach- und Sprechstörungen gehören.  Auch Verhaltensstörungen, wie etwa ADHS sind verbreitet. Seltener, aber von hoher Relevanz für die Versorgung, sind affektive Störungen, zu denen auch die Depressionen gehören. 2,3 Prozent aller DAK-versicherten Jungen und Mädchen im Alter von 10 bis 17 Jahren sind so stark betroffen, dass sie einen Arzt aufsuchen. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Depressionshäufigkeit 2017 in Schleswig-Holstein um fünf 

Prozent gestiegen. Mädchen leiden deutlich häufiger als Jungen. Mit einer diagnostizierten Angststörung kämpfen 2,3 Prozent aller Schulkinder. Hochgerechnet auf alle Kinder und Jugendlichen in Schleswig-Holstein entspricht dies etwa 9.500 mit Angststörungen oder Depressionen. Diese Störungsbilder treten oft parallel auf: Knapp jeder sechste Junge in Schleswig-Holstein mit einer diagnostizierten Depression hat parallel auch eine Angststörung. Bei den Mädchen ist es fast jedes vierte.

Depressionen und Angststörungen zählen nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu den schwerwiegendsten Leiden in der Gruppe der psychischen Erkrankungen. Depressionen sind gekennzeichnet durch Niedergeschlagenheit, Traurigkeit und Interessenverlust. Bei schweren depressiven Episoden haben die jungen Patienten Schwierigkeiten, ihre alltäglichen Aktivitäten fortzusetzen. Sie ziehen sich stark zurück, schaffen es kaum noch, in die Schule zu gehen. Bei Angststörungen ist der natürliche Angstmechanismus des Menschen aus den Fugen geraten. Die Betroffenen zeigen Reaktionen, die der jeweiligen Situation nicht angemessen sind und losgelöst von einer realen äußeren Gefährdung ablaufen.

Unterschiede zwischen Stadt und Land 
In Schleswig-Holstein lebt weit mehr als ein Drittel der DAK-versicherten Kinder in städtischen Gemeinden. Die Studie zeigt, dass Stadtkinder zwischen 15 und 17 häufiger eine diagnostizierte Depression haben, als Gleichaltrige vom Land (plus 58 Prozent). Sowohl leichte als auch mittelgradig schwere depressive Episoden werden für Stadtkinder häufiger festgestellt. In Städten existiert ein dichteres Angebotsnetz an niedergelassenen Fachärzten. So haben Stadtkinder mit Depressionen 33 % mehr Besuche bei Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten pro Jahr als Gleichaltrige aus ländlichen Gebieten.

Chronische Krankheiten steigern Risiko für Depressionen
Der Report zeigt erstmals auf Basis von Abrechnungsdaten, wie stark bestimmte Faktoren die Entwicklung eines Seelenleidens beeinflussen. So tragen Kinder mit einer chronischen körperlichen Erkrankung insbesondere im Jugendalter ein bis zu 4,5-fach erhöhtes Depressionsrisiko. Für eine Angststörung ist das Risiko bis zu 3-fach erhöht. Auch das familiäre Umfeld kann ein Faktor sein: Kinder seelisch kranker Eltern sind deutlich gefährdeter (3-fach), selbst eine depressive Störung zu entwickeln. Kinder suchtkranker Eltern sind ebenfalls signifikant häufiger betroffen (2,4-mal häufiger) als Gleichaltrige aus suchtfreien Elternhäusern. 

Depressive Jugendliche häufig mehrmals im Krankenhaus 
„Mit dem Kinder- und Jugendreport 2019 haben wir für den Norden auch belastbare Analysen zur Versorgungssituation von Kindern mit psychischen Auffälligkeiten“, erklärt Julian Witte von der Universität Bielefeld als Studienautor. Depressive Schulkinder in Schleswig-Holstein bekommen häufig auch Medikamente verschrieben. Jedes vierte Mädchen und etwa jeder sechste Junge im Alter zwischen 15 und 17 Jahren nimmt ein Antidepressivum ein. 

Höher als im Bundesdurchschnitt ist in Schleswig-Holstein auch der Anteil der Jungen und Mädchen mit einer Klinikeinweisung (plus 13 Prozent): Jedes elfte Schulkind mit einer diagnostizierten Depression wurde 2017 stationär behandelt, durchschnittlich für 44 Tage. Nach der Entlassung fehlt oft eine passende ambulante Nachsorge. In der Folge ist mehr als jedes fünfte dieser schleswig-holsteinischen Kinder zwischen zehn und 17 Jahren innerhalb von zwei Jahren mehrfach stationär in Behandlung. „Wir haben offenkundige Versorgungslücken nach der Krankenhausentlassung, die wir dringend schließen müssen“, betont Cord-Eric Lubinski. „Eine Rehospitalisierungsquote von 22 Prozent ist alarmierend!“ 


DAK-Gesundheit entwickelt neue Angebote
Die DAK-Gesundheit in Schleswig-Holstein startet das neue integrierte Versorgungsangebot „veo“, damit Betroffene nach einer Krankenhausentlassung besser aufgefangen werden. „veo“ ermöglicht depressiven Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen zwölf und 17 Jahren für drei Jahre eine vernetzte ambulante Nachsorge und Versorgung. Das Programm „veo“ ist einzigartig. Es hilft Kinder- und Jugendtherapeuten, Psychiatern sowie Haus- und Fachärzten dabei, die die ambulante Nachsorge zu optimieren. Weitere wichtige altersgruppenspezifische Beteiligte wie Beratungsstellen, Schulpsychologen und Jugendämter werden ebenfalls eingebunden. Das Ziel ist eine bessere Vernetzung und damit eine schnelle und unproblematische Hilfe für die betroffenen Kinder – ohne lange Wartezeiten und komplizierte Terminabsprachen.  

Parallel intensiviert die DAK-Gesundheit ihre Aktivitäten im Bereich Stressprävention. Gemeinsam mit der Cleven-Stiftung hat sie mit fit4future Teens ein neues Präventionsprogramm zum Thema Stressprävention für weiterführende Schulen entwickelt. Außerdem bietet sie Kindern ab zwölf Jahren individuell an, ihre seelische Stärke mit einer neuen Software zu trainieren. „DAK Smart4me“ ist kostenfrei zugänglich und passwortgeschützt auf Smartphones und allen anderen Bildschirmgeräten nutzbar. Infos dazu gibt es unter: www.dak.de/smart4me

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Sönke Krohn

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